G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

G.F. Barner 1 – Western - G.F. Barner


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Wulstlippen, packte den letzten Busch, stierte vorsichtig auf den toten Gaul, der immer deutlicher zu erkennen war.

      Den letzten Busch…, er hob ihn hoch, wollte ihn wegwerfen. In dieser Sekunde kam der Knall – ein Peitschen unter Billy Anson. Aber nicht am Pferd – drüben war es, an der anderen Seite des Talschlauches. Mit dem Peitschen war die Kugel da und traf Billy Anson mitten in den Bauch. Er knickte ein, den Busch noch in den Händen. Plötzlich war der Busch zu schwer für seine Hände. Er zog die Arme herunter. Anson knickte ein und neigte sich nach vorn.

      Flint, dachte der Berufskiller noch, Flint – im Staub weggekrochen, drüben hockt er. Ich falle, ich – ich falle, ich…

      Er schrie, als ihn der Busch nach vorn zog. Er ließ ihn jetzt los, aber es war zu spät. Billy Anson, der mehr als ein Dutzend Männer von hinten angeschossen hatte, kippte über die Kante und fiel zwanzig Schritte tief. Der Schrei gellte langgezogen durch die Nacht, der Körper überschlug sich, schrammte einmal über die Wand, wurde weggeschleudert und raste auf die zackigen Steine zu.

      Im selben Augenblick flog ein Schatten drüben hoch. Der Mann war groß. Er maß mehr als sechs Fuß. Nach dem Steckbrief sogar drei Zoll mehr.

      Weg, dachte Flint, rüber jetzt. Der andere liegt hinter der Biegung, der muß auch erst laufen. Mein Arm, verdammt…

      Es war nur ein Streifschuß, das wußte Flint. Er rannte wie ein Hase, hörte das dumpfe Dröhnen, mit dem der Mann aufschlug. Dann war er an der steilen Wand, sah die Rinne zwanzig Schritte weiter. Er lief noch schneller, kam an die schräg verlaufende Rille der Wand und begann sie hochzusteigen.

      »Billy! – Billy! – Billy!«

      Steve war nun da und stierte in die Tiefe. Billy lag unten, den Hals verdreht, die Arme ausgebreitet. Billy war mausetot wie jene, die er einmal umgebracht hatte.

      Die Angst war plötzlich in Steve Anson, nackte Furcht überfiel ihn. Er schrie nicht mehr, er warf sich herum. Er wußte nicht, wo Flint war, er wußte aber, daß Flint auch ihn erwischen konnte. Darum rannte er und flog in langen Sätzen nach rechts. Dort waren Felsen, hinter denen sie ihre Pferde abgestellt hatten. Steve Anson kam hin, warf sich auf seinen Gaul und gab dem Tier die Hacken.

      Als er hinter den Felsen herausjagte, sah er die Gestalt vierzig Schritte hinter sich auftauchen. Der Feuerstrahl raste durch die Nacht, die Kugel kam und fuhr Steve durch die Rippen. Er knickte ein, warf sich auf den Hals des Pferdes und verlor sein Gewehr.

      Festhalten, dachte Steve, festhalten, weg hier, sonst…

      Mehr dachte er nicht, denn der zweite Knall war da. Sein Pferd stieg jäh, machte einen wilden Satz und neigte sich dann blitzschnell.

      Das war alles, was Anson noch merkte, als er aufschlug. Ein Hieb ging durch seinen Körper, der Gaul krachte über ihm zusammen. Er schrie nicht mal – er lag still…

      Als er zu sich kam, begann er zu wimmern. Er spürte das Gewicht des Pferdes über seinen Beinen, den fürchterlichen Schmerz im Rücken. Mühsam drehte er den Kopf.

      »Nun, du Narr?« fragte der Mann neben ihm. »Nun – genug für heute?«

      »Flint – Flint, hol mich heraus, hol mich… Hilf mir…«

      Licht kam plötzlich und blendete ihn. Er blinzelte, stöhnte, sah ihre eigene Laterne, die an Billys Pferd gehangen hatte. Dann stierte er in das Gesicht Flints. Es war ein braungebranntes, kaltes Gesicht. Papier raschelte leise, und er begriff, daß Flint seine Taschen, an die er herankommen konnte, durchwühlt haben mußte.

      »So ist das. Mächtig interessant, Anson«, hörte er Flint knurren. »Eine Bescheinigung vom Sheriff in Carson City, eine vom Townmarshal von Elko über empfangenes Kopfgeld, ausgestellt auf Billy und Steve Anson. Kopfgeldjäger, was? Das dreckigste Gesindel, das es gibt. Welcher bist du? Steve oder Billy?«

      »Steve – Steve? Flint, hilf mir! Meine Beine… Oh, mein Gott, meine Beine… Mein Rücken!«

      Der Mann sagte nichts, der Mann stand auf, der Lichtschein verlor sich wie seine Schritte. Dann tackten Hufe los.

      »Flint!« heulte Anson in die Nacht hinein. »Flint…«

      Nur das Echo seiner Stimme kam zurück. Flint war fort. Er hatte ihn liegengelassen.

      *

      Jim Ford stierte auf den halbtoten Kopfgeldjäger hinab, würgte heftig, als er das Seil anzog und der eine Huf des Gaules wackelte.

      »Marshal!« ächzte Ford. »Festziehen, Marshal! Der hat sie beide… Was muß das für ein Kerl sein, daß er ihn liegenließ?«

      »Ich sagte dir doch, er ist eiskalt, der kennt keine Gnade, wenn es um Berufskiller wie den hier geht«, erwiderte Harris bissig. »Jetzt kann ich den Hundesohn suchen, aber ob ich ihn finde, das weiß der Teufel. Flint versteht es wie kein anderer, seine Spur zu löschen, wenn er sich verfolgt weiß. Von jetzt an kann ich raten, wohin er geritten ist. Der Strolch jagt nie im Leben nach Norden weiter. Vielleicht ist er morgen im Osten, vielleicht auch im Westen. Und wenn ich ganz und gar Pech habe, taucht er wieder im Süden auf. Die Pest, jetzt ist er gewarnt, jetzt wird er vorsichtig sein wie ein Fuchs, der Jäger und Hunde vor seinem Bau weiß.

      Er hat genug Vorrat, um sich zehn Tage zu verkriechen, wenn er sich das Essen einteilt. Der reitet nicht nach Oregon weiter, der nicht!«

      Er fluchte bissig und ritt an. Der Gaul fiel langsam auf die andere Seite. Steve Anson kam frei. Ford starrte auf Ansons gebrochene Beine. Anson würde ein Jahr lang zu tun haben, um wieder gehen zu können, aber er würde ein Krüppel bleiben, ungefährlich für andere.

      Flint war über alle Berge. Wieder mal entwischt. Aber irgendwo mußte er eines Tages auftauchen.

      *

      Ben Claydon zog jäh die Leinen an und brachte den Wagen zum Stehen. Dann griff er zu seinem Gewehr und sah sich nach seiner Tochter Anne und deren Freundin Caroll Andrews um. Vor ihnen waren Büsche. Der Alte blickte hin und fuhr wieder an.

      »Geier«, knurrte der alte Ben Claydon. »Dort kann kein Rind liegen. Zu weit von der Galloway Ranch bis hier herauf. Haltet euch fest!«

      Das war alles, was er sagte. Der Grimm steckte immer noch in ihm, seitdem Hank Galloway von Mikel geredet hatte. Mikel war der jüngste von Old Bens beiden Söhnen. Und wollte man Old Ben brüllen hören, brauchte man nur etwas über Mikel zu erzählen. Wann immer ein Mann seine ganzen Hoffnungen in einen Sohn gesetzt hatte – dieser Sohn hatte ihn enttäuscht.

      Seit vier Monaten durfte niemand auf der Claydon Ranch Mikels Namen in den Mund nehmen. Der Alte war mit seinem Sohn fertig. Und was fertig bei Ben Claydon hieß, das wußten nur die, die diesen Oldtimer kannten. Für Old Ben war Mikel gestorben. Das hatten sie alle geglaubt, bis Galloway am Vormittag gesagt hatte, daß ihm Mikel in Nampa begegnet wäre. Er hätte am Spieltisch gesessen, und…

      Weiter war Gus Galloway nicht gekommen. Old Ben war abrupt aufgestanden und hatte geschrien, er wolle keinen Ton mehr über diesen Halunken hören. Danach hatte er volle vier Stunden getobt. Selbst auf dem Wagen hatte er noch weiter gebrüllt.

      Jetzt stockerten die Wagenräder über grobe Steine. Das Geröll bedeckte den Hang bis zum Buschstreifen. Und dann…

      »Verdammt – ein Pferd!« stieß der Alte durch die Zähne. »He, ihr bleibt hier, verstanden? Das ist kein Anblick für euch Girls.«

      Er hielt an, stieg ab und nahm sein Gewehr mit. Dann feuerte er schräg gegen den Himmel, bis die letzten Geier kreischend davonschwangen.

      Old Ben blieb gegen den Wind neben dem toten Pferd stehen. Er warf einen Blick auf den linken Vorderhuf, auf die Rille am Rand der Büsche und sah danach zum Kopf des Pferdes.

      Der Mann war von Süden durch die Büsche gekommen, und es mußte noch dunkel gewesen sein, als er jene Bodenrille erreicht hatte.

      »Dad – liegt jemand in den Büschen?«

      »No, Tochter«, knarrte der Alte mißmutig. »Er ist nur hineingeflogen. Sieht aus, als hätte


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