G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

G.F. Barner 1 – Western - G.F. Barner


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den Blockkasten gefeuert, den Posaunenkasten aufgesperrt und hineingesehen, das wußte er längst. Was sie in ihm getan hatten, wußte er nicht, aber nun sah er es.

      Der schöne Leinenüberzug lag neben der Posaune achtlos zusammengeknüllt im Kasten. Das Messing glänzte Jericho entgegen, und er griff ganz ruhig zu, nahm die Posaune hoch. Der Ärger meldete sich wieder in ihm, als er über die Ventile blickte und jenes verbeulte sehen mußte. Da hatte er sich so viel Arbeit gemacht, aus Hickoryholz einen Rundstab gedreht und den versucht in das Ventil zu treiben, um es auszubeulen, rund zu gestalten, die Delle herauszubekommen. Umsonst, vergebens die Mühe. So ein Knick in einem Messingrohr, den bekam nur ein Instrumentenmacher heraus.

      Einen Moment fragte sich Jericho, ob der Instrumentenmacher Herb Wagner in Tucson jemals seine Posaune reparieren würde. Vielleicht sah Herb weder die Posaune noch ihn, Jericho, jemals wieder.

      Nun gut, dann sterbe ich mit meiner Posaune, dachte Jericho. Ich werde noch einen letzten Ton herausbringen und tot sein. Und dann wird meine alte, gute Mary Maloney, meine Haushälterin in Jerome, ein paar Tränen vergießen. Nur ein paar oder mehr? Und meine kleine, hübsche Miß Lehrerin wird vielleicht eines Tages mein Tagebuch in der Hand halten und meine Gedanken über sie und mich lesen. Und dann wird sie wohl auch heulen und vielleicht eine alte Jungfer werden, weil sie keinen besseren Mann als mich bekommen wird. Yes, Sir, ich bin der beste Mann der Welt, den eine Frau jemals bekommen kann, denn ich werde dieser Frau immer treu sein, solange sie mich nicht betrügt. Wieviel Prozent aller Frauen mögen eigentlich ihre Männer betrügen? Man ist als Mann doch wirklich arm dran. Unsereins geht arbeiten und die Frau geht unser Geld ausgeben. Und dann trifft sie jemand, der ihr sagt, daß sie die Schönste ist und schon…

      »Verflucht«, sagte Jericho, denn das war ein abscheulicher Gedanke.

      »Was hast du denn?« fragte James Edson auch sofort.

      »Nichts weiter«, sagte Jericho mürrisch. »Das Ventil – sieh dir das Ventil an, Mann!«

      »Ja, schön verbeult, ich hab’s schon vorgestern gesehen«, antwortete Edson. »Ah, hat Abe deshalb etwa keinen Ton herausbekommen können?«

      »Deshalb nicht«, klärte ihn Jericho kopfschüttelnd auf. »Wenn jemand, der ein Blasinstrument besitzt, etwas auf sich und sein Instrument hält, dann stopft er vorn in den Trichter ein Tuch hinein. Du weißt nicht, warum, nehme ich an, oder?«

      »No, weiß ich wirklich nicht«, gab Edson zu. »Warum das Tuch?«

      »Weil doch dein Atem beim Blasen Feuchtigkeit in das Instrument bringt. Es gibt auch Leute, die richtig spucken, wenn sie blasen. Ich spucke nicht! Es ist nur so, daß sich der feuchte Atem sammelt und auf die Dauer, wenn er ewig drinnbleibt, Belag auf die Ventile oder die Messingstimmen bringt – je nachdem, welches Instrument man hat. Steckt man ein Tuch in den Schalltrichter, saugt das sozusagen alle Feuchtigkeit auf. Feuchtigkeit zieht sich immer dorthin, wo sie am leichtesten aufgenommen wird – von ganz allein, verstehst du?«

      »Teufel auch, was man alles wissen muß«, staunte Edson. »Aha, das ist das Tuch?«

      Jericho fischte es aus dem Trichter und hielt es ihm hin.

      »Das ist es«, bestätigte er. »Wer jedoch ganz gewissenhaft ist, der steckt noch ein weicheres vorher hinein und formt es zu einem Ball. Deshalb hat dein Freund Abe auch keinen Ton herausgebracht, klar?«

      »Daher«, grinste Edson. »Dem taten vielleicht die Backen weh.«

      Jericho lachte – Edson blickte ihn verwirrt an.

      »Warum lachst du, Mann?«

      »Wegen der Backen, Edson.«

      »Ja«, sagte Edson grienend und treuherzig. »Die hat er sich dauernd gerieben.«

      Jericho lachte noch ein wenig mehr. Er stellte sich vor, wie Abe sich die Backen hinterwärts gerieben hatte. Nun ja, Edson wußte einiges nicht. Er wartete grinsend, bis Jericho mit geschulterter Posaune vor ihm stand. Dann marschierten sie los – Jericho voran, Edson hinterdrein.

      Jake Higgins stand nicht mehr am Blockhaus, dessen Tür er wieder geschlossen hatte. Er lehnte schon drüben am Steinhaus im Schatten neben der Küchentür.

      So ist das, dachte Jericho und sah ganz harmlos zur Blockhüttentür, der rothaarige Abe steckt also unter dem Boden der Hütte. Da steckst du sehr gut, Freundchen, da wirst du auch bleiben. Wenn du das, was ich vermute, dort unten bei dir hast, dann wagst du alles, aber eins nicht: auch nur einen Schuß abzugeben. Es würde nach dem einen Schuß vielleicht nichts mehr von dir vorhanden sein, Abe, nicht mal die roten Haare, die bestimmt nicht, Freundchen. Wenn ich es schaffe, bekommst du die Falltür auf die Haare. Dann sind sie platt, hihi!

      Jericho grinste Higgins an. Er freute sich anscheinend, daß er endlich blasen konnte. Danach blieb er stehen und war etwa auf der Höhe jener schönen, alten Sitzbank, die einmal irgendein Bandit vor die Blockhütte gebaut hatte.

      »Was ist, willst du nicht hereinkommen?« fragte Higgins verwundert.

      »Wenn du willst«, erwiderte Jericho achselzuckend. »Wo hat denn euer Jingle Pepper immer seine Trompete geblasen, Jake?«

      Jake Higgins war bestimmt nicht dumm, er dachte nach und sagte dann – es überraschte Jericho gar nicht: »Das meinst du? Eine Posaune macht noch mehr Lärm als eine Trompete, wie? Es wäre zu laut für Mike, meinst du?«

      »Das meine ich«, erwiderte Jericho. »Außerdem hört es sich viel besser von draußen an, noch besser allerdings aus weiter Ferne. Die Schlucht müßte ein schönes Echo haben, und eigentlich sollte ich dort hinten hingehen und von der Biegung aus blasen.«

      Es war ein Versuchsschuß Jerichos, aber er saß voll im Schwarzen.

      »Da hinten? Du spinnst wohl!« sagte Higgins. »Bleib du nur da drüben, das ist weit genug entfernt. Du denkst doch wohl nicht, du könntest um die Biegung verschwinden, was?«

      »Waaas?« wunderte sich Jericho. »Wohin sollte ich denn… Mensch, du hast Ideen!«

      »Weil ich die immer gehabt habe, lebe ich noch«, spottete Higgins. »Und führe uns nicht in Versuchung! Merke dir das, Graves.«

      »Und erlöse uns von dem Übel«, sagte Jericho trocken und sah so flehend zum Himmel, daß Higgins und Edson laut auflachten. Selbst der humorlose Schmuddelkoch Hank lachte in der Küche. Und auch aus dem Hüttenkeller klang es dumpf herauf. »Na, dann setze dich mal – spielt sich besser, wenn man sitzt, Jake.«

      »Hähähä, das ist ein Vogel!« ächzte Edson, sich die Tränen aus den Augen wischend, wobei er sich beinahe seinen Coltlauf ins linke Nasenloch steckte. Darüber erschrak er derart, daß er den Colt ins Holster stieß. »Mensch, Jake, wenn der nicht Townmarshal wäre, könnte er direkt zu uns passen.«

      »Das könnte er«, nickte Higgins und winkte ihm. »Komm her und sieh ihm zu. Ich gehe zu Mike und will sehen, wie ihm unser schönes Lied gefällt. Streng dich an, Jericho!«

      »Darauf kannst du dich verlassen«, versprach Jericho. »Ich werde mir seltene Mühe für euch geben.«

      Er saß schon, die Posaune auf den Knien, Trichter noch schräg gehalten, weil er die Tücher herausnehmen mußte. Er legte sie rechts neben sich auf die Bank, stellte dann die Posaune aufrecht und blies einmal hinein.

      Der erste tiefe Ton hallte durch den Canyon, fing sich an der jenseitigen Wand und kam zurück.

      Im gleichen Augenblick hörte Jake Higgins, der an Mikes Bett trat, nebenan jemand entsetzlich stöhnen. Es war ein Laut, wie ihn kein Sterbender besser von sich geben konnte.

      »Oaaach!«

      Bis zu dieser Sekunde hatte Eddie, der Giftpilz – schwitzend in Erwartung kommender grausiger Dinge, auf seiner Pritsche gelegen und gelauscht. Dabei hatte er sich irgendwo massiert, weil er dort immer noch greuliche Schmerzen hatte.

      Kaum vernahm Eddie den ersten Ton der Posaune, vergaß er seine Schmerzen. Er stöhnte entsetzlich, riß sich die Decke über den Kopf, schloß die Augen und bohrte sich beide kleine Finger


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