Zeit für Märchen. Hansi Hinterseer

Zeit für Märchen - Hansi Hinterseer


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Stanglwirt in Going bewiesen hat. Ob beim gemeinsamen Spiel auf dem Kinderbauernhof, im Umgang mit den Tieren oder beim Pritscheln am Brunnen. Diese Momente und Emotionen mit seiner Kamera einzufangen, ist Gerald großartig gelungen.

      Jetzt bleibt mir nur noch, euch und Ihnen, liebe Leser, recht viel Spaß beim Lesen und Vorlesen zu wünschen! Wie gerne wäre ich dabei, um die glänzenden Augen der Kinder zu sehen, die in das Reich der Fantasie, die Welt der Feen und Elfen, der Zauberer und Trolle eintauchen, wenn sie beim Vorlesen dieser Märchensammlung ihre Reise in die Märchenwelt antreten dürfen.

      Eine wunderschöne, märchenhafte Zeit wünscht euch/Ihnen

       Euer/Ihr Hansi Hinterseer

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      Wald- und Bergmärchen

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       Berge sind der Ort für das Märchen, die Fantasie.

      Christoph Ransmayr

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       Die Natur ist die große Ruhe gegenüber unserer Beweglichkeit. Darum wird sie der Mensch immer mehr lieben, je feiner und beweglicher er werden wird.

      Christian Morgenstern

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      Es ist tatsächlich kein Zufall, dass ein »Märchenwald« seit vielen Generationen als Sinnbild für einen Schauplatz magischer Begegnungen und Abenteuer gilt. Die großen Wälder unseres Kontinents, die oftmals dicht, dunkel und undurchdringlich erscheinen, bieten tatsächlich die perfekte Kulisse für Waldzwerge, Waldfrauen und -männer, Moosweibchen und Nörgelen – das sind die in den Tiroler Wäldern lebenden Verwandten unserer Zwerge.

      Natürlich entstehen in den oft schroffen und unheimlichen Gegenden, wie sie gerade in einem Land wie Österreich, das zum Großteil aus Bergen besteht, zu finden sind, wunderbare Sagen und Mythen. Berggeister und Trolle, Almgeister und Mandln – diese sagenumwobenen Figuren werden im Volksmund oft für unerklärbare Naturphänomene verantwortlich gemacht. Durch sie kann man das Unerklärliche personifizieren, was für die einfachen Menschen das Verstehen vielfach leichter macht.

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       Die Traumhochzeit

      Es war einmal vor langer Zeit, als die Berge noch von mächtigen Riesen und Trollen beherrscht wurden und in den Tiefen der Wälder die Zwerge und Elfen ihren Schabernack trieben. Die Menschen lebten damals noch in bescheidenen Hütten und bereiteten sich am offenen Feuer ihre kargen Mahlzeiten. Ein paar auserwählte Edelleute hatten das Privileg von gemauerten Häusern, vergorenen Getränken und der Zerstreuung durch fahrende Musikanten und Geschichtenerzähler.

      An einem solcher seltenen Abende, als der Lehnsherr einer Burg an den schroffen Hängen der Tiroler Alpen ein paar Gäste zu einem Abend mit dem damals beliebtesten Gaukler und Erzähler lud, hatte der kleine Peter das Glück, als Küchenjunge durch eine Türritze die wohl schönste Geschichte über die Wälder und Berge zu hören. Und die lautete wie folgt:

      Es war einmal vor langer Zeit in einem verwunschenen tiefen Wald, dort lebte der Elfenkönig Gunter mit seinen elf Elfentöchtern: Elsa, Ela, Erika, Elina, Esther, Elvira, Elektra, Edeltraud, Edelgund, Evita und Emma. Wie man sich unschwer vorstellen kann, gab es durch die elf bezaubernden Elfenprinzessinnen ein mächtig geschäftiges Treiben im Waldschloss des Elfenkönigs. Die Zofen kamen kaum nach mit dem Kämmen und Waschen, dem Schmücken und Sticken, dem Zuhören und Verstehen der unzähligen Wünsche und Anweisungen ihrer elf Herrinnen. Das ging über einige Jahre gut, doch als die älteste der elf Elfentöchter, Elsa, ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag feierte, reichte es dem sonst so geduldigen königlichen Vater. »Wann bringt ihr mir denn endlich einen Bräutigam an den Hof, der euch in sein Zuhause mitnimmt? Ich und mein Hofstaat benötigen einfach wieder mehr Zeit, um im Elfenreich nach dem Rechten zu sehen.«

      Der Haus- und Hofmarschall, der alte graue Elf Griesbart, hatte die fantastische Idee, einen großen Frühlingsball auf der Herzlichtung im Elfenwald auszurichten. Voller Begeisterung machten sich die elf Elfenprinzessinnen ans Werk und durchstöberten alle Ecken des Reiches nach hübschen Kostbarkeiten, um sich an diesem Abend von ihrer schönsten Seite zu zeigen. Die fleißigen Arbeitsbienchen, die seit jeher am Hofe des Elfenkönigs ihren Dienst taten, flogen aus und verteilten Einladungen zum Ball im ganzen Land. Natürlich wurden auch Gäste von außerhalb des Landes geladen, und so trug es sich zu, dass eine der glitzernden Einladungskarten auch vor dem felsigen Eingangstor zum schroffen Kristallschloss des Herzogs der Bergtrolle, Baltasar, landete. Baltasar hatte elf Söhne, nämlich Thomas, Tim, Theo, Tristan, Toni, Till, Timo, Thorsten, Tarek, Tasso und Thor. In den Hallen seines Kristallschlosses ging täglich irgendein Teil zu Bruch, weil seine ungestümen Söhne mit ihrer Kraft kaum haushalten konnten und aus Langeweile ständig irgendwelche Kämpfe ausfochten. Das Interesse an anderen Dingen als Schwertern und Bögen, Pferden und Schilden war noch nicht erweckt. Da kam die Einladung des Elfenkönigs wie gerufen und der Trollherzog Baltasar rief seine elf Stammhalter zu sich. »Auf, Burschen! Reitet geschwind zum Bergsee, wascht euch Hals und Ohren gründlich und zieht eure saubersten Hemden an! Wir fahren in den Wald ins Reich der bezaubernden Elfen.« Die jungen Trolle waren anfangs alles andere als begeistert, denn ihr müsst wissen, sich zu waschen gehört nicht gerade zu den Lieblingsbeschäftigungen von Bergtrollen. Auf der anderen Seite bereitete den elf Temperamentsbündeln die Aussicht, die schroffen Berge einmal zu verlassen und vielleicht zu den zauberhaften Klängen der Elfenharfen zu tanzen, echte Freude.

      Der Tag des Balles war gekommen. Der Trollherzog und seine elf Söhne ritten auf ihren glänzend gestriegelten Bergponys von den Berggipfeln in den tiefen Elfenwald Richtung Herzlichtung. Dort hatte der Elfenstaat ein wundervolles Fest vorbereitet. Die Glühwürmchen erhellten den lauen Frühlingsabend, bunte Girlanden aus Blüten schmückten jeden Winkel, und die Hofköche der Elfen hatten die köstlichsten Leckerbissen aus den Schätzen des Waldes zubereitet. Da gab es Pilzsuppe und Honigkuchen, Tauchampagner und Beerensaft, Propoliskonfekt und Nussparfait. Die Gäste des Balles schmausten und genossen. Allerdings nur so viel, dass sie alle noch leichtfüßig genug zum Tanzen waren. Denn schließlich wartete ja jedermann und jedefrau auf den Höhepunkt des Abends: die Polonaise der elf Elfenprinzessinnen mit den elf Trollherzögen. Die beiden gekrönten Väter Gunter und Baltasar waren so gut wie sicher, dass sie ihren Nachwuchs jeweils in gute Hände bekommen würden. Ob nun Thomas mit Ester oder Till mit Edeltraut zusammenkam, das war den leidgeprüften Vätern fast schon egal. Sie sahen in ihren Träumen schon elf glückliche Bergwaldpaare und die daraus resultierenden, zumindest zweiundzwanzig niedlichen Trollelfenenkel. Was für ein zauberhafter Gedanke! Die magische Zukunft ihrer Spezies schien gesichert.

      Doch diesmal endete nicht alles wie im Märchen. Die elf Elfentöchter amüsierten sich zwar an diesem Frühlingsabend prächtig, und auch die nicht ganz tanzsicheren Trolljungherzöge hatten ihren Spaß – an mehr dachten die jungen magischen Wesen jedoch ganz und gar nicht.

      Und so kam, was kommen sollte: Aus den elf Elfenprinzessinnen wurden erfolgreiche, kluge Herrinnen des Waldes, die sich um jedes Lebewesen in ihrem Reich kümmerten. Manche von ihnen fanden auch reizende Elfenmänner und einige wurden mit den Familien ihrer Schwestern alt und glücklich. Die elf Bergtrollherzöge verließen zum Teil den väterlichen Bergpalast und sammelten wertvolle Erfahrungen unter anderen Berggipfeln. Sie sorgten sich um die Lebewesen, die im, am und unter dem Berg


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