Martin Luther King. Klaus Dieter Härtel
Klaus Dieter Härtel
Martin Luther King
„Ich habe einen Traum“
5., überarbeitete Auflage 2019
© 1968 Brunnen Verlag GmbH, Gießen
Fotos: Mauritius Images
Umschlaggestaltung: Daniela Sprenger
Herstellung: CPI – Ebner und Spiegel, Ulm
ISBN Buch 978-3-7655-4346-3
ISBN E-Book 978-3-7655-7538-9
Inhalt
Bestandsaufnahme eines menschlichen Problems
Nachwort I (zur 3. Auflage 2009)
Nachwort II (zur 5. Auflage 2019)
Vorwort von Andreas Malessa
Erzählende Reportagen über wichtige Personen und Ereignisse der Geschichte haben den kalten Fakten der Lexika voraus, dass sie Gefühle wecken. Dass sie Emotionen auslösen durch Bilder, Geräusche, Stimmen und Stimmungen. Die stelle ich mir beim Lesen zwar nur vor – aber sind sie deshalb weniger „wahr“ als die Bild- und Tondokumente in Archiven, Datenbanken und Museen?
Klaus Dieter Härtel bleibt eng an der Realität und führt doch weit in die Imagination. Gut so. Verdichtet und unaufgeregt, aber bewegend und anrührend erzählt er die Geschichte des Bürgerrechtsaktivisten und Friedensnobelpreisträgers Martin Luther King. Legt die geistlichen Wurzeln frei, findet die Kraftquellen und Antriebsfedern, betrachtet die Erfolge und Niederlagen des berühmten Baptistenpastors und Märtyrers.
Mehr als fünfzig Jahre nach seiner Ermordung ist Kings Appell der Gewaltlosigkeit, der sozialen Gerechtigkeit und des Friedens zeitlos aktuell. Leider.
Oder jetzt erst recht: Menschen nach Religion, Herkunftskultur, Bildungsstand und Besitz zu sortieren; die einen zu hofieren und die andern zu diskriminieren; vage Sorgen in konkreten Hass umzuwandeln – das kommt heutzutage auf den leisen Sohlen politischer Vernunft daher oder tarnt sich gar als christliche Verantwortung. Es ist aber im Kern faschistoid. „Es ist Sünde“, würde Jesus sagen.
Martin Luther King für seine klare Jesus-Nachfolge bewundern – das sollten wir nur dann, wenn wir uns seinen Traum zu eigen machen.
Höchste Zeit also, an ihn und seine Vision zu erinnern.
Andreas Malessa
Texter des Musicals „MARTIN LUTHER KING.
Ein Traum verändert die Welt“
Bestandsaufnahme eines menschlichen Problems
Irgendeine Fernsehsendung im Jahre 1966:
Ein Schwarzer in den USA möchte den Gottesdienst einer Kirche besuchen, die bisher den Weißen vorbehalten war. Zwei weiße Kirchendiener weisen ihn ab.
Der Schwarze fragt: „Was hätte Christus an Ihrer Stelle getan? Hätte er mich abgewiesen?“
Und: „Ihr schickt weiße Missionare nach Afrika. Aber wir Schwarzen dürfen eure ‚weißen Kirchen‘ nicht besuchen.“
Resigniert geht er weg. Weiße Polizisten stehen dabei, um „Ruhe und Ordnung“ zu schützen, und greifen auch nicht ein, als der Schwarze als Kommunist beschimpft wird.
Nach einem internationalen Zeltlager im Jahre 1965 verabschieden ein paar Engländer eine deutsche Gruppe in Victoria Station in London. Dabei entwickelt sich zwischen einem Deutschen und einem Engländer folgendes Gespräch:
„Wir haben uns doch vierzehn Tage lang gut verstanden.“
„Ja, das haben wir.“
„Ich kann nicht begreifen, dass unsere Völker in den letzten fünfzig Jahren zweimal gegeneinander Krieg geführt haben.“ Schweigen. Dann der Engländer: „Wenn ich mir vorstelle, dass wir beide zwanzig Jahre älter wären, dann hätten wir vor zwanzig Jahren aufeinander schießen müssen …“
Und etwas leiser: „Das ist doch Wahnsinn.“
Der sowjetische Schriftsteller Jewgenij Jewtuschenko hat in einem Gedicht geschrieben: „All diese Grenzen – sie machen mich verrückt.“
Dieses Buch berichtet von einem Mann, der in seinem Leben für andere gegen Grenzen angegangen ist: gegen die Grenzen des Hasses und der Vorurteile, der Besserwisserei, des Fanatismus und des Rassenwahns. Dr. Martin Luther King war kein verträumter, gefühlsbetonter Weltverbesserer, sondern ein realistischer, nüchterner Christ, der mit dem Prinzip der Gewaltlosigkeit seine Gegner nicht in den Staub zwingen wollte, sondern sich für ein friedliches und sinnvolles Miteinander von Farbigen und Weißen einsetzte. Was in den letzten Jahren in den USA zwischen Weißen und Farbigen geschah und was in nächster Zeit geschehen wird, ist nicht nur ein amerikanisches, sondern ein zutiefst menschliches Problem.
Martin Luther King schreibt in seinem Buch „Freiheit“:
„Der Anhänger des gewaltlosen Widerstandes ist mit dem, der sich in sein Schicksal ergibt, einer Meinung, dass man nicht tätlich gegen seinen Gegner vorgehen soll. Andererseits ist er aber auch mit dem, der für Gewalt ist, einig, dass man dem Bösen Widerstand leisten muss. Er vermeidet die Widerstandslosigkeit des Ersteren und den gewaltsamen Widerstand des Letzteren. Wer gewaltlosen Widerstand leistet, braucht sich weder als Einzelperson noch als Gruppe irgendwelchem Unrecht zu beugen; er braucht aber auch nicht zur Gewalt zu greifen, um sich Recht zu verschaffen. Die Anhänger des gewaltlosen Widerstandes können ihre Botschaft in den folgenden einfachen Sätzen zusammenfassen: Wir