Aufgewühlt. Jona Mondlicht

Aufgewühlt - Jona Mondlicht


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sollte ich besser schweigen.

      Ein gewaltiger Hieb traf meinen Hintern und stieß meine Oberschenkel gegen die Tischkante. Ich schrie überrascht auf und öffnete weit die Augen. Dass ich mich leicht aufgerichtet hatte, nahm ich erst wahr, als Brunos Hand mich zwischen den Schulterblättern kräftig wieder nach unten drückte. Ich suchte erschrocken nach einer Erklärung für den Schmerz, der mich breit und kühl getroffen hatte. Das war nicht Brunos Handfläche. Es fühlte sich an wie ein Brett.

      »Schick! So gefällt es mir«, meinte Bruno hinter mir süffisant. »Und dir, Lia? Gefällt dir das auch? Besser als dein Halsband?«

      Ein zweiter Hieb traf mich nicht weniger heftig als der vorherige. Was immer Bruno in der Hand hielt, es war hart. Ich unterdrückte einen erneuten Schrei und atmete tief ein. Schob mich mühevoll wenige Zentimeter weiter auf den Tisch. Nein, es gefiel mir nicht. Denn ich wusste noch immer nicht, wie ich meine Enttäuschung über das Halsband nicht zu seiner werden lassen sollte. Und Bruno würde nicht auf eine Erklärung verzichten. Ich konnte nicht ewig schweigen.

      Der nächste Schlag traf mich so kräftig, dass ich instinktiv auszuweichen versuchte und meinen Körper zur Seite drückte. Sofort wurde ich korrigiert. Bruno zog mich unmissverständlich zurück auf meine Position.

      Mit einer Hand griff er gezielt zwischen meine Schenkel. Ich zuckte ebenso schnell zusammen, wie ich aufkeuchte. Seine Finger öffneten mich zügig, tauchten widerstandslos in die Tiefe. Erkundeten den Pegelstand meiner Empfindungen. Berührten dort den Quellpunkt meiner empfindlichsten Wärme. Und glitten dann auf meiner Nässe wieder hinaus. Wie sehr ich es liebte, das über mich ergehen lassen zu müssen.

      »Es gefällt dir also«, kommentierte Bruno mit rauer Stimme und wischte seine Hand auf meinem Rücken ab. Welche Demütigung. Und welcher Genuss. »Siehst du«, fuhr er fort, »wir finden unsere Antworten auch dann, wenn du nicht mit mir sprechen willst.«

      Ich verzog den Mund. Ärgerte mich über die eigenständige Ehrlichkeit meiner Körperreaktion. Es gab Momente, in denen ich meine Leidenschaft als Verhängnis empfand. Kämpfe mit Bruno waren ihretwegen stets unfair. Denn er hatte den Vorteil, Empfindungen ablesen zu können. Nicht nur in meinen Augen und aus meinem Geruch. Sondern auch zwischen meinen Schenkeln. Es blieb ihm nichts verborgen. Taktieren war ausgeschlossen.

      Der nächste Schlag war heftiger als alle zuvor. Breitflächig biss er zu, schlug flammend in die Haut und hinterließ einen Großbrand. Brunos anschließend aufgelegte Hand konnte ihn nicht niedrig halten. Im Gegenteil.

      Ich atmete schnell ein und aus. Versuchte, meine Schmerzen auszuhecheln. Ich wusste, dass Bruno sich nun die Gründe holen würde, aus denen mir das Halsband nicht gefiel. Sicher. Aber er sollte wissen, wie sehr ich darum gerungen hatte. Wie ausdauernd ich sie gehütet hatte. Wie lange ich ihn vor einer Enttäuschung bewahren wollte. Ich schob meine Hände nach vorn, ertastete die Tischkante und krallte mich an ihr fest. Er konnte ruhig sehen, dass ich auf den nächsten Hieb wartete. Bereit war für einen Kampf, obgleich ich ihn sicher verlieren würde.

      »Nun gut«, hörte ich Bruno hinter mir sagen und spürte, dass er seine Hand von meiner Haut nahm. »Meine hübsche Lia will also kämpfen.«

      Nein, dachte ich. Sie will, dass du kämpfst. Ich zog das Kinn auf die Brust, biss mir auf die Lippen, schloss die Augen. Und lächelte.

      Bruno setzte einen Schlag nach dem anderen. Gleichmäßig wie ein Uhrwerk. Jede Breitseite ließ meinen Körper auf der Tischplatte nach vorn schnellen, und noch bevor ich mich wieder zurückgeschoben hatte, schlug eine weitere ein. Ich versuchte, gleichmäßig zu atmen und mich abzulenken, aber es gelang mir stets nur wenige Sekunden. Schnell wurde der beißende Schmerz auf dem Hintern so groß, dass seine züngelnden Flammen meine Konzentration versengten. Ich drückte meine Finger von unten gegen die Tischkante, immer fester, aber ich tat es, ohne darüber nachzudenken. Ich dachte überhaupt nicht mehr nach. Stellte mich den Bissen der Glut auf meinem Hintern, suchte keine Flucht mehr und auch keine Möglichkeit, es zu beenden. Schlag für Schlag nahm ich, hörte mein Blut in den Ohren tosen wie eine rasende Feuersbrunst und schnappte nur dann nach Luft, wenn mein Unterbewusstsein schrie, es würde ersticken.

      Es war wie ein Rausch. Der Schmerz verschwand nicht, aber er wechselte die Farbe. Wurde erst verführerisch. Machte dann süchtig. Ich schob mich ihm schließlich verlangend entgegen, gierte nach mehr. Härter sollte er mich treffen, andauernder, unaufhörlich. Ich wollte unter ihm explodieren.

      »Stopp«, rief Bruno plötzlich hinter mir, als ich zu stöhnen begann. Aber es flog an mir vorbei und kehrte erst zurück, als ich gewahr wurde, dass die Schläge aufgehört hatten. Ich atmete flach und schnell. Bewegte meinen Körper noch immer im Takt, schob mich leicht nach vorn, drängte nach hinten. Mein erster Gedanke war der Wunsch, dass Bruno mich nehmen würde. So, wie ich war. Jetzt sofort. Ungestüm, den Takt fortsetzend und neue Brandspuren legend. War er etwa nicht erregt? Es wäre doch sein gutes Recht, über seine Beute herzufallen und sie gewaltsam in Besitz zu nehmen. Es gab kein willigeres Opfer als mich. Ich hob den glühenden Hintern und drückte meinen Rücken nach unten. Das musste ihm doch gefallen …

      Aber es geschah nichts. Ich ballte die Hände zu Fäusten. Es fiel mir leichter, den wieder ins Bewusstsein zurückkehrenden Schmerz zu beherrschen als dessen plötzliches Ende. Ich bemerkte, dass Bruno um den Tisch ging. Als ich seinen schweren Atem hörte, lächelte ich gequält, obwohl ich Tränen in den Augen hatte. Also doch. Ich hatte unerwartet gewonnen, glaubte ich. Hatte mein Schweigen besser im Griff gehalten als er seine Lust. Ich war stolz. Triumphierte.

      »Was ist das, Lia?« Brunos Stimme klang wie nach einer Nacht mit zu viel Cognac. Vibrierend. »Schau her.«

      Neben mir schlug dumpf polternd ein Gegenstand auf die Tischplatte und blieb liegen. Als ich meinen Kopf anhob, lag vor mir der große Weltatlas, den ich in einem Antiquariat aufgespürt und seit vielen Jahren im Bücherregal stehen hatte. Eine Ausgabe mit schwerem, stark beschädigtem Leineneinband. Schön sah das Buch nicht mehr aus. Aber mir gefiel es, weil es wunderbare alte Karten enthielt und das vergilbte Papier nach Abenteuern roch. Das also war es, was breitflächig auf meinem Hintern eingeschlagen war und mich noch immer atemlos machte. Bruno hatte nur neben sich in den Bücherschrank gegriffen. Darauf hätte ich kommen können.

      »Was siehst du?« Bruno stützte sich auf dem Tisch ab und beobachtete mich.

      »Meinen Atlas«, antwortete ich keuchend und wusste nicht recht, was er meinte. Ich sah noch einmal auf das Buch und vergewisserte mich.

      »Natürlich«, quittierte er. »Aber an was wirst du ab heute denken, wenn du ihn siehst?« Bruno strich zärtlich mit der Hand über den Einband, als sei er noch warm.

      Ich verstand und war überrascht darüber. Geglaubt hatte ich, keines klaren Gedankens fähig zu sein. Doch ich dachte an die Schläge auf meinen Hintern und daran, dass dieses Erlebnis fortan mit dem Atlas verknüpft sein würde. Ganz gleich, wann und zu welchem Zweck ich das Buch künftig aus dem Regal ziehen würde. Nicht mehr nur nach vergilbtem Papier würde es riechen. Ich nickte.

      Bruno genügte das als Antwort. Er griff mir in den Nacken und öffnete die Schließe des Halsbandes so ruckartig, dass ich kurz würgte. Dann zog er es einfach so von meinem Hals und legte es auf dem kupferfarbenen Einband des Buches ab.

      »Und was siehst du hier?« Bruno wies mit dem Zeigefinger auf den Riemen.

      »Mein Halsband«, sagte ich wahrheitsgemäß und bemerkte erst im Anschluss, dass ich es »mein« genannt hatte. Denn ich hatte es getragen, während ich mich den Schlägen entgegengestellt und für Bruno gelitten hatte. Und ich war stolz darauf, bestanden zu haben. All das, während es um meinen Hals lag.

      »An was denkst du ab heute, wenn du es siehst?« Bruno fuhr mit der Fingerspitze auf der Kante des Leders entlang. »Weißt du, Lia, es kommt nicht immer darauf an, wie eine Sache aussieht. Entscheidend ist, welche Erinnerungen und Gefühle in ihr wohnen. Diesen schlichten Lederriemen finde ich unvergleichbar schön, wenn er den Schweiß aufgesaugt hat, den ich dir abgerungen habe. Wenn er dich gehalten hat, während du für mich gelitten oder stolz vor mir gesessen hast. Ich finde das viel wunderbarer und wichtiger


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