Funkelsee – Das goldene Fohlen (Band 3). Ina Krabbe

Funkelsee – Das goldene Fohlen (Band 3) - Ina Krabbe


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      Originalcopyright © 2018 Südpol Verlag, Grevenbroich

      Autor: Ina Krabbe

      Illustrationen: Ina Krabbe

      E-Book Umsetzung: Leon H. Böckmann, Bergheim

      ISBN: 978-3-943086-85-0

      Alle Rechte vorbehalten.

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      1. Kapitel

      Etwas stupste Malu in den Rücken.

      »Ich beeil mich ja schon, wie kann man nur so ungeduldig sein«, murmelte das Mädchen, während es Heu in die Netze verteilte. Aber das dunkelbraune Pferd hinter ihm hatte keine Lust zu warten. Papilopulus bohrte sein weiches Maul in Malus Jackentasche und hangelte mit seiner langen Zunge die letzten Leckerchen heraus. Sanft schob sie den großen Pferdekopf zurück und strich über seine grau werdenden Stirnhaare. Die dunklen Augen blickten Malu er­­wartungsvoll an.

      »Aber wirklich nur noch eins.« Sie fasste in ihre Jacke, um noch einen der bröseligen Leckerbissen hervorzuholen. »Bah! Was ist das?« An ihrer Hand klebte nur sabbeliger Matsch. »Pferdesabber mit Krümel, lecker! Da hast du dich wohl schon selbst bedient, was Papi?«

      Der Wallach schnaubte leise. Malu musste lachen und drückte ihr Gesicht in das weiche Fell, das immer so unvergleichlich schön roch. Ein warmes Gefühl zog durch ihren Bauch. Ach, sie liebte dieses Pferd einfach! Was hatte sie für ein Glück, sie konnte es manchmal gar nicht fassen und hoffte, dass Papilopulus noch lange bei ihr bleiben würde.

      Ja, er war grauer geworden im letzten halben Jahr und seine Augen müder. Reiten konnte sie nicht mehr auf ihm, aber das machte nichts. Sie spazierten einfach zusammen durch den Schlosspark und am See entlang.

      Und seit vergangenem Herbst hatte Papilopulus auch mächtig Abwechslung auf seiner Pferdewiese. Malu blickte über seinen Rücken auf die Pferde, die im Offenstall dösten. Neben Rocco und Alibaba lebten jetzt auch die beiden Isländer Ping und Pong (die dämlichen Namen hatte ihr Bruder Edgar ausgesucht) und die Ponys Zimt und Vanille (die beiden Namen waren natürlich von ihr!) auf Schloss Funkelfeld, seit sie und Edgar ihren ehemaligen Besitzer, Ruben Stumpe, vor seiner skrupellosen und geldgierigen Tochter gerettet hatten. Die hatte nämlich vorgehabt, ihren Vater entmündigen zu lassen und ins Altersheim zu verfrachten.

      Dann gab es noch Schneechen, ihre wunderschöne ein­äugige Schimmelstute, die sie zuerst für ein Geisterpferd gehalten hatte. Malu musste grinsen, als sie daran dachte. Stumpe hatte ihr das Pferd nach der Rettungsaktion geschenkt, sozusagen als kleines Dankeschön. Dabei war sie eher ein großes Dankeschön, Schneechen war nämlich riesig. Und sie war das wundervollste Reitpferd, das Malu sich wünschen konnte – nach Papilopulus selbstverständlich, aber der befand sich ja jetzt im Ruhestand.

      So war es ganz schön voll geworden auf der Wiese vor Schloss Funkelfeld, eine richtige Pferdeherde zog über die Weiden. Edgar und Malu hatten mit Hilfe ihrer Großtante Gesine den Offenstall um ein paar Stellplätze erweitern müssen. Und in ein paar Tagen würde es noch einen kleinen Bewohner mehr geben. Ein freudiger Schauer lief über Malus Arme, als sie daran dachte. Die Geburt von Alibabas Fohlen stand unmittelbar bevor! Darauf freute Malu sich schon seit Monaten.

      Die Pintostute Alibaba hatte Edgar schon gehört, bevor sie erfahren hatte, dass er ihr Bruder ist und zu ihnen nach Schloss Funkelfeld gezogen war. Das war tatsächlich alles erst letzten Sommer passiert, aber Malu kam es wie eine Ewigkeit vor. In dem Sommer hatte sie nicht nur einen Bruder gewonnen, sondern Edgar hatte auch erfahren, dass er der Erbe von Schloss Funkelfeld war und – das Wichtigste überhaupt – Malu hatte Papilopulus vor der fiesen Lenka (die inzwischen leider! im Pförtnerhäuschen des Schlosses lebte) gerettet und ihn am Ende behalten dürfen.

      Malu seufzte, was hatte sie doch für ein aufregendes Leben! Na ja, jedenfalls gehabt! Denn das letzte halbe Jahr war ziemlich ruhig verlaufen. Vielleicht bis auf die Reitstunden, die sie Jaron gegeben hatte. Sie grinste, der Arme hatte sich wirklich bemüht, aber man konnte ihm ansehen, wie unwohl er sich auf dem Pferderücken fühlte. Irgendwann hatte er dann das Handtuch geschmissen und Malu musste einsehen, dass es mit den gemeinsamen Ausritten unter blühenden Bäumen nichts werden würde (von diesem geheimen Traum hatte sie Jaron aber natürlich nichts gesagt!).

      Sie warf einen Blick auf ihr Handy. Gleich acht. Sie musste sich beeilen und noch die Wasserbottiche auf der Wie­­se säubern. Meistens erledigte Edgar das, der war ein ziemlicher Frühaufsteher. Aber heute hatte Malu erst zur zweiten Stunde Unterricht und deswegen hatte sie die morgendliche Arbeit bei den Pferden übernommen.

      Sie klopfte Papilopulus liebevoll aufs Hinterteil und eine kleine Staubwolke stieg auf. »Da ist wohl mal wieder Putzen fällig«, lachte sie. »Bis nachher, Papi.«

      Dann stapfte sie durch das hohe, morgenfeuchte Gras zu Schneechen hinüber, die etwas müde die ersten Gras­halme rupfte. Inzwischen hatte Malu sich an den Anblick der leeren Augenhöhle gewöhnt und auch daran, dass sie sich ihr möglichst nur von rechts näherte, wo die Schimmelstute noch etwas sehen konnte.

      »Morgen, Süße«, flüsterte Malu. »Leckerchen sind leider aus, die hat dein Kollege alle weggemampft.« Schneechen schien das nicht weiter zu stören, sie schüttelte kurz den Kopf, sodass die Mähnenhaare Malu im Gesicht kitzelten und widmete sich dann wieder ihrem Frühstück.

      Schnell fischte Malu Grashalme und Äste aus dem Wasserbottich. Wechseln würde sie das Wasser erst heute Nachmittag. Auf dem Rückweg zum Zaun machte sie noch einen kurzen Abstecher zu Alibaba, die sich im Offenstall schon über das Heu hergemacht hatte. Ihr Bauch war kugelrund und stand nach beiden Seiten weit ab. Malu legte ihre Hand auf das seidige Fell der Pintostute. Sie musste nicht lange warten, da konnte sie die kleinen Hufe spüren, die sich im Bauch der Mutter bewegten. Oder war es der Kopf? Es war einfach ein Wunder! Dort in Alibaba, abgeschirmt von der Welt, wuchs ein neues Leben heran. Und in ein paar Tagen schon würde das Fohlen auf die Welt kommen. Sie freute sich unglaublich darauf!

      »Malu!« Die Stimme ihrer Mutter schallte über den Schloss­­platz.

      Malu blickte auf. Rebecca Baumgarten stand am Zaun, ihre dunklen Locken hatte sie mit einem Band zurückgebunden. Hinter ihr ragte das zweistöckige Hauptgebäude von Schloss Funkelfeld auf, von dem allerdings gerade nicht viel zu sehen war. Es war rundum eingehüllt von einem Baugerüst, auf dem schon zwei Arbeiter herumturnten. Seit die Kredite für die Renovierungsarbeiten am Schloss bewilligt worden waren, war das Gebäude die reinste Baustelle. Ihre Mutter und Gesine hatten beschlossen, Funkelfeld zu einem Reiterhotel umzubauen. Dann würde es bald vorbei sein mit dem geruhsamen Leben am Funkelsee (war es ja eigentlich jetzt schon) und das marode Schloss, so wie Malu es kennengelernt hatte, würde es nicht mehr geben. Sie wusste noch nicht, wie sie das finden sollte.

      Jetzt winkte Rebecca ungeduldig in ihre Richtung. »Malu, beeil dich! Die Schule fängt in einer halben Stunde an.«

      »Komme schon.« Die Schule würde ja wohl auch einen Moment ohne sie zurechtkommen, dachte sie. Aber das sagte sie natürlich nicht laut. In zwei Tagen fingen ohnehin die Osterferien an und dann war erst mal Schluss mit Schule. Alibabas Fohlen würde auf die Welt kommen, sie würde mit Papi die herrlichsten Spaziergänge machen und mit Schneechen über die Wiesen galoppieren!

      Als Malu vor ihrer Mutter stand, zupfte diese wortlos ein paar Strohhalme aus den braunen Locken ihrer Tochter. »Du, hör mal«, begann sie dann und räusperte sich. »Wenn du und Edgar, also, wenn ihr nachher aus der Schule zurück seid, dann muss ich mal mit euch reden.«

      Malu sah ihre Mutter erstaunt an. »Was ist denn passiert?« Rebecca sah müde aus. Sie war in letzter Zeit ziemlich angespannt gewesen. Malu hatte gedacht, dass es an dem Stress mit den Renovierungsarbeiten


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