Elfenzeit 4: Eislava. Verena Themsen

Elfenzeit 4: Eislava - Verena Themsen


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Sessel und packte sie. Ehe sie reagieren konnte riss er sie grob hoch und zog sie in seinen Würgegriff. Ihr Aufschrei erstickte in einem Gurgeln.

      »Wenn du ihn nicht aufhältst, bringe ich dich um«, zischte David.

      Befriedigt stellte er fest, dass Birtes Schrei den Draugr innehalten ließ. Langsam drehte der Untote sich um und heftete das rote Glühen seiner Augen auf David.

      Der Elf drückte kurz fester zu. »Also?«

      Birte kicherte. »Wenn du mich tötest, wird er erst recht über euch herfallen«, sagte sie. »Dann kann ihn nichts mehr aufhalten. Du solltest dir das gut überlegen.«

      »Ich habe aber auch keinerlei Grund, dich am Leben zu lassen, wenn du nicht tust, was ich sage«, erwiderte David. »Und ich hätte gute Lust, mich dafür zu rächen, dass du mich in diese Falle gelockt hast.«

      Der Draugr hatte sich auf die Glastür zu in Bewegung gesetzt. Offensichtlich betrachtete er nun David als die Hauptgefahr und hatte die anderen beiden vergessen. Der Alte hockte neben Rian und versuchte, sie zu sich zu bringen.

      Mein Dolch, dachte David. Er ist im Mantel. Ich muss an ihn herankommen. Er gehört zu den Waffen, mit denen man auch Untote verletzen kann. Fieberhaft überlegte er, wie er an den Mantel gelangen konnte. Den alten Mann konnte er nicht schicken, der würde den Dolch nicht berühren können. Elfenwaffen wehrten sich gegen Sterbliche, außer, sie wurden für diese geschaffen. Rian war bewusstlos. Er musste selbst an die Garderobe gelangen.

      Mit Birte fest im Griff bewegte sich David rückwärts um den umgestürzten Sessel herum, immer den Körper der Frau zwischen sich und dem Draugr. Das Wesen zögerte, doch da es keinen anderen Befehl bekam, folgte es ihnen. David bewegte sich in einem Bogen hinter der Couch herum, Richtung Tür. Er wollte den Draugr ausmanövrieren, doch die sich schlaff hängenlassende Birte behinderte ihn so sehr, dass er sich trotz Zögern nicht schneller bewegen konnte als der Untote.

      »Greif ihn dir, Ole!«, kreischte die Frau plötzlich. »Kümmer dich nicht um mich! Reiß ihn in Stücke!«

      David war versucht, ihr in diesem Moment mit einem schnellen Griff das dürre Genick zu brechen. Doch tot nutzte sie ihm weniger als lebendig, und so entschied er sich für das nächstbeste. Als der Draugr sich mit ausgestreckten Armen nach vorn stürzte, stieß er Birte in dessen Arme. Gleichzeitig packte er die Whiskyflasche und schleuderte sie auf den Draugr. Bei dem Aufprall an seinem Schädel öffnete sie sich, und der Inhalt ergoss sich über den Untoten. David hechtete gleichzeitig auf die Tür zu. Der Draugr stieß die kreischende Birte zur Seite. Der Prinz erreichte endlich seinen Mantel, riss den Dolch an sich und kehrte ins Zimmer zurück. Erleichtert sah er, dass Rian sich aufrichtete, wenngleich mit benommenem Blick. Er sprang an dem zupackenden Draugr vorbei und war mit zwei weiteren langen Sätzen auf der Terrasse, neben seiner Schwester. Der alte Mann suchte im Halbdunkel draußen nach seiner Axt.

      Der Draugr streckte die Hände aus. Am Rand der Terrasse lösten sich Steine aus der Pflasterung und rasten auf die Elfen zu. Mit Schwung warfen sie sich beide jeweils zur Seite und rollten sich weg, während die Steine mit dumpfem Knall an der Hauswand auftrafen und die Scheiben der Glastüren durchschlugen. Noch am Boden kauernd sah David sich nach weiteren Geschossen um, doch es schien eine Atempause zu geben, während der Draugr durch die Türöffnung auf die Terrasse trat.

      Erneut hob der Untote die Hände, und dieses Mal erhoben sich zusätzlich zu den Steinen und den Plastiktrümmern die Glasscherben. Alles sammelte sich in einem Wirbel um den Draugr, bis er ihn mit einer Handbewegung auf David steuerte. Doch dieses Mal war der Elf vorbereitet, er schwang seine Klinge in einem schnellen Wirbel vor sich, bis man nur noch einen schimmernden Kreis sehen konnte. Mit einem Wort der Macht gab er dem Klingenschild Gestalt und schickte ihn gegen den Wirbel.

      Die Geschosse wurden entweder zurückgeworfen oder zersprangen in harmlose kleine Stücke. Scherben wurden auf den Leib des Toten geschleudert, ohne weiteren Schaden anzurichten, als dass seine whiskygetränkte Kleidung zerfetzt wurde. Der Mund des Unwesens öffnete sich zu einem stummen Schrei aus verwesten Stimmbändern, und die Augen fingen an, heller zu brennen.

      Der Draugr trat in den Klingenschild, die Magie flackerte und löste sich dann auf. Er wollte einen weiteren Schritt gehen, doch eine dünne Ranke fiel zwischen seine Beine und schlug Wurzeln. Rians Werk! Die Ranke schlang sich um ihn und der Draugr kam ins Taumeln. Doch dann verging die Ranke in einem roten Aufflammen, glitzernde Asche blieb zurück. Aus dem Augenwinkel sah David, dass Rian erneut etwas warf – ein helles Geflecht, kaum sichtbar, das direkt vor dem Fuß des Draugr landete. Er trat darauf, und seine Augen verloren an Helligkeit.

      Er müsste jetzt dem verschlungenen Pfad folgen, in den Rian ihr Haar gewoben hatte, bis zu seinem Ende, ohne zu erkennen, dass er sich in einem unsichtbaren Labyrinth befand. Das funktionierte bei den meisten Wesen. Für den Draugr aber war es vermutlich nur eine kurze Ablenkung, die David nicht ungenutzt verstreichen lassen würde. Immerhin hielt Birte sich aus dem Kampf heraus, sie vertraute wohl voll und ganz auf ihren untoten Helfer. Der Menschenmann kam gerade zurück, seine Pfeife glühte wie ein Punkt in der Dunkelheit auf, und Tabakdunst wehte ihm voraus. Der Kerl hatte die Ruhe weg, nicht zu fassen! Doch umso leichter für den Prinzen, sich auf den Kampf zu konzentrieren.

      David hob seine grünlich pulsierende Klinge und stürmte vorwärts. Nur am Rande registrierte er, dass an ihm vorbei etwas auf den Toten zugeflogen kam, etwas Dunkles, Gebogenes, aus dem es rötlich leuchtete. Dann, im gleichen Moment, in dem Davids Schwert gegen den Hals des Untoten sauste, traf dieses Geschoss und verstreute glühenden Tabak über die Schulter des Draugr. Mit einem leisen Puff entzündete sich der Whisky.

      Innerhalb von Sekunden war der Draugr von Flammen eingehüllt. Gleichzeitig biss Davids magische Klinge in den ausgetrockneten und von Verwesung zerfressenen Körper und trennte ohne spürbaren Widerstand Haut, Sehnen und Halswirbel durch. Noch während der Draugr die Hände hob, um auf die Flammen zu schlagen, flog sein Kopf als feurige Kugel durch die Luft, prallte auf der Terrasse auf und rollte noch einige Meter weiter bis zum Rand. Der Körper geriet aus dem Gleichgewicht und taumelte wie eine brennende Fackel hinterher.

      Die Flammen zerfraßen den brüchigen Stoff der Kleidung, doch der eigentliche Körper darunter schien noch nicht in Mitleidenschaft gezogen. Das Feuer wurde weniger, statt sich immer weiter zu entzünden.

      David fiel in einem Aufblitzen das wild pendelnde Amulett ins Auge, das noch immer um den Halsstumpf hing. Er duckte sich unter den wirbelnden Armen hindurch und riss die Kette mit einem kurzen Dolchstoß herunter. In einem weiten Bogen flog das Schmuckstück durch die Luft und fiel dann klingend zu Boden. Im selben Moment flammte das Feuer wieder auf und fraß sich zischend in den ausgetrockneten Kadaver. Zwei Schritte taumelte der Körper noch, dann stolperte er über den brennenden Kopf und stürzte.

      Der Menschenmann kam mit der Axt herbei und schob mit der Scheide den Kopf zum Gesäß des Toten. »Nur um sicher zu sein«, sagte er. »Wer weiß schon, welche Details bei diesen Dingen wichtig sind und welche nicht.«

      Eine Weile blieben sie alle drei stehen. Erst als das Feuer ausgebrannt und von dem Wesen nichts mehr als weiße Asche übrig war, die von Wind und Regen verstreut würde, machten sie sich daran, das Haus zu untersuchen. Von Birte war keine Spur mehr zu finden, und von ihren Gemälden tropfte in langen Schlieren die Farbe.

      »Vielen Dank noch einmal, Mats.« David reichte dem Weißhaarigen die Hand. Mats hatte die Zwillinge zum Bootssteg begleitet.

      Der schlug kräftig ein. »Das war doch selbstverständlich. Der Draugr musste weg, so oder so. Und die Polizei um Hilfe zu bitten hätte wohl nicht viel gebracht.«

      Rian lachte leise. »Wohl eher nicht, da hast du Recht.«

      David klopfte Mats auf die Schulter. »Du hast wirklich viel Mut bewiesen. Mehr als man erwarten konnte. Und jede Menge Einfallsreichtum.«

      Mats sah auf und lächelte etwas wehmütig. »Ja, aber meine beste Pfeife ist dahin. Sie war ein altes Erbstück. Ich hoffe, ich finde noch mal so eine.«

      »Ich wünschte, ich könnte eine Pfeife für dich zu besorgen, in der der Tabak niemals zu Ende geht«, sagte Rian. »Aber


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