Nibelar - Die Gruft. Christine Troy

Nibelar - Die Gruft - Christine Troy


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      Saruna lächelte. „Na dann, lass es dir schmecken.“ Sie nahm ihren Rucksack und erhob sich.

      „Wir verstauen noch eben unsere Sachen in den Zimmern und gehen dann auf den Markt“, erklärte der Alchemist. „Ich kann nicht genau sagen, wie lange wir weg sein werden, ein bis zwei Stunden vielleicht. Treffen wir uns danach wieder hier, in der Schankstube?“ Die Zwerge nickten. „Gut, dann also bis später.“

      *

      Kapitel 6

      Strassen und Gassen

      „Silbergarn, Perlenseide, nur die feinsten Waren aus dem Süden Miratans!“

      „Knusprige Getreidelaibe, frisch aus dem Ofen des Hofbäckers! Tretet näher, kauft, solange der Vorrat reicht!“

      „Fische ... frische Fische! Direkt aus dem Harz-See! Darf ich Euch einen wunderbaren Felshecht anbieten?“ Ein schnauzbärtiger Verkäufer beugte sich über seinen Stand und reichte Saruna einen glupschäugigen Fisch, dessen Schuppen silbern in der späten Nachmittagssonne schimmerten.

      „Nein, danke“, winkte die Elfe ab.

      „Ihr wisst ja nicht, was Euch entgeht, seht Euch nur mal diese Kiemen an. Rosa wie ein Babypopo.“

      Saruna schüttelte freundlich lächelnd den Kopf. „Nein, wirklich nicht, danke.“ Der Bärtige zuckte die Schultern und wandte sich seiner nächsten Kundschaft zu, einer alten Dame, die allem Anschein nach mehr Gefallen an seinen Waren fand und Umsatz versprach.

      Saruna sah sich nach Gweldon um. Der Markt war gut besucht und sie wusste, wenn sie ihren Bruder hier verlöre, würde sie ihn nicht so schnell wiederfinden. Ihr Blick glitt über die bunten Verkaufsstände, die zu beiden Seiten der Straße in Reih und Glied aufgebaut waren. Endlich entdeckte sie den Alchemisten, er stand am Verkaufstisch einer hochschwangeren Frau und schien sich für deren Kräuter zu interessieren. Saruna schlängelte sich durch die Menge zu ihm durch.

      „Das wäre dann alles?“, erkundigte sich die Marktfrau gerade.

      „Fast, eine Handvoll Maulalgen bräuchte ich noch, dann hätte ich alles.“

      „Sehr gern.“ Die Schwangere wickelte eine Handvoll getrockneter Algenblätter in ein Papier und reichte es dem Elfen mit zwei anderen etwas größeren Paketen. „Das macht dann fünfundzwanzig Kupferlinge.“

      „Hier, bitte.“ Gweldon reichte der Frau ein glitzerndes Geldstück.

      „Das ist ein ganzer Silbersichel“, staunte die rundliche Frau. „Ich weiß nicht, ob ich so viel Wechselgeld ...“

      „Das ist schon in Ordnung, behaltet den Rest.“

      Die Augen der Frau weiteten sich freudig. „Das ist sehr großzügig, vielen Dank.“

      „Nichts zu danken und alles Gute.“ Gweldon deutete auf ihren kugelrunden Bauch, was der Frau eine verlegene Röte ins Gesicht trieb.

      „Danke, mein Herr.“

      „Also, was brauchst du als Nächstes?“ Saruna hängte sich bei ihrem Bruder ein und schlenderte mit ihm die Marktstraße entlang.

      „Mal überlegen ... die Kräuter habe ich jetzt, zwei, drei Reagenzflaschen wären noch gut und dann brauche ich noch die eine oder andere Essenz. Ach ja, da fällt mir ein, du könntest mir noch ein halbes Dutzend Salzsteine vom Gerber holen. Da unten ist er, siehst du.“

      Saruna folgte dem Blick ihres Bruders. „Wo?“

      „Dort, hinter der Blumenhändlerin.“

      „Stimmt, jetzt sehe ich ihn. Na gut, dann hole ich die Salzsteine und wo sollen wir uns anschließend wiedertreffen?“

      „Am Brunnen.“

      „Der im Zentrum?“

      „Genau, der große mit der Wasser speienden Fischstatue.“

      „Gut, dann bis gleich.“

      Während Gweldon in einer der Gassen verschwand, machte sich Saruna auf zum Gerber. Auf halber Strecke stellte sich ihr eine Verkäuferin in den Weg, die mit einem rosafarbenen Tuch vor ihrem Gesicht herumwedelte. „Sieh nur, mein schönes Kind.“ Die Stimme der Frau klang ungesund krächzend, was Saruna vermuten ließ, dass sie ihre Ware bereits den ganzen Tag über lauthals zum Verkauf angeboten hatte. „Der Stoff würde ganz ausgezeichnet zu deinem dunklen Haar passen“, pries die Miranerin ihre Ware weiter an.

      „Tut mir leid, aber ich brauche keinen Stoff.“

      „Aber das ist nicht irgendein Stoff, das ist Seide, echte Steinblüten-Seide aus Ildria, solch eine edle Ware findest du auf dem ganzen Markt kein zweites Mal. Fühl nur, wie samtig ...“

      „Wirklich, ich brauche nichts“, erklärte Saruna höflich und ließ die Verkäuferin mit einem etwas angesäuerten Gesichtsausdruck zurück.

      Minuten später erreichte sie den Stand des Gerbers. Obwohl hier ein unangenehm stechender Duft in der Luft lag, drängten sich die Leute um die Felle und Salze des kleinen Mannes mit den faltigen, von der Arbeit gezeichneten Händen. Während Saruna geduldig wartete, bis sie an der Reihe war, strich ihr Blick hoffnungsvoll über die Anwesenden und ihre Umgebung. Aus irgendeinem Grund, sie konnte sich selbst nicht erklären, warum, hatte sie das Gefühl, dass Zemeas ganz in ihrer Nähe war. Ihr Herz pochte heftig in der Brust, gewiss würde der Jäger jeden Moment um die Ecke biegen. Doch Zemeas kam nicht, und während Saruna noch voller Erwartung auf Zehenspitzen über die Köpfe der Menge hinwegspähte, sprach sie eine raue Stimme an.

      „Was kann ich für die junge Dame tun?“ Es war der Gerber. Halb versteckt hinter einem Haufen Felle betrachtete er Saruna interessiert aus seinen wässrig grauen Augen.

      „Oh“, erschrak die Elfe, als der Mann sie aus ihren Gedanken riss. „Ich bräuchte ein halbes Dutzend Salzsteine.“

      „Rotsalzsteine aus Liem oder Iramonische Gebirgssteine?“

      „Gute Frage, ich denke, ich nehme jeweils drei Stück.“

      „Sehr gern.“ Der Gerber nahm drei zitronengroße, rötlich schimmernde Salzsteine von einem Haufen und packte sie zusammen mit drei etwas größeren gräulichen Steinen in mehrere Schichten Papier. „Darf es sonst noch was sein?“, erkundigte er sich.

      „Nein, das wäre alles.“

      „Sehr wohl. Dann hätten wir einen Silbersichel und sechsundachtzig Kupferlinge.“

      Sarunas Augen weiteten sich überrascht. „Wie bitte? Seit wann sind denn Salzsteine so teuer?“

      „Seit die Händler aus Liem beschlossen haben, uns ihre Waren nur mehr einmal pro Monat zu liefern.“

      „Warum denn das? Ist ihnen die Anreise zu lang?“

      „Keineswegs. Es ist nur, sie halten sich zurzeit äußerst ungern in Nibelar auf. Die Händler behaupten, dass es zu gefährlich wäre, da sich hier immer mehr fremdartige Wesen herumtreiben würden. Aber das ist natürlich vollkommener Unsinn. Meiner Meinung nach versuchen die Herrn aus Liem nur, künstlich den Preis hochzuhalten.“

      „Das mit den fremdartigen Wesen ist nicht nur so dahergeredet“, mischte sich ein junger Mann ein.

      „Ach so?“ Saruna gab sich unwissend. „Dann glaubt Ihr den Worten der Händler?“

      Der junge Mann nickte voller Überzeugung, doch der alte Gerber hob eine Braue und schnalzte abfällig mit der Zunge. „Quatsch, alles nur Weibergewäsch, wenn Ihr mich fragt. Ich habe zumindest noch nie so ein fremdartiges Wesen gesehen.“

      „Dann, vermute ich mal, ist das der Grund dafür, dass ihr seit Neuestem Wachen am Eingangstor positioniert habt?“

      „Ja, alles nur wegen der Händler. Wie Ihr Euch vorstellen könnt,


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