Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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ist es denn eigentlich passiert?«

      »Das weiß ich auch nicht, schlaf jetzt, Danny. Vielleicht braucht Papi mich noch.«

      »Aber warum ist der Mann weggelaufen, Mami? Warum hat er sich nicht um Nico gekümmert?«

      »Er hat versagt, er hat immer versagt«, murmelte Fee, aber Danny war glücklicherweise schon eingeschlafen und hörte das nicht mehr.

      *

      Als das Telefon läutete, sprang Holger auf, aber Sandra war noch schneller als er. »Warum bringst du Nico nicht«, stammelte sie, als sie Ulrichs Stimme vernommen hatte.

      »Ich wollte es nicht, Sandra, bitte glaube mir. Ich konnte das nicht voraussehen. Nico ist in der Klinik. Ich werde nie mehr kommen, bestimmt nicht mehr. Ich verspreche es dir. Aber es war nicht meine Schuld, das mußt du mir glauben.«

      »Sag doch endlich, was geschehen ist«, flehte sie.

      »Die Stange hat ihn getroffen. Es war die Stange.« Und da sank Sandra ohnmächtig in sich zusammen.

      Holger nahm den Hörer auf. »Sagen Sie, was geschehen ist, Harrer«, stieß er hervor. »Sagen Sie es sofort.« Er kniete neben Sandra nieder, während er lauschte, doch gleichzeitig schlug der Gong an und Annedore lief zur Tür. Dr. Norden stützte die zitternde Frau.

      »Nico«, schluchzte sie auf. »Es ist was mit Nico, und Sandra ist ohnmächtig geworden.«

      »Ich weiß, Frau Diehl«, sagte Dr. Norden tröstend. »Nico wird gut versorgt. Er kommt schon wieder in Ordnung. Wer hat Sie benachrichtigt?«

      Holger legte gerade den Hörer auf. Er war kreidebleich. »Er weiß nicht mal, wo Nico ist«, sagte er tonlos.

      »Ich weiß es, Dr. Arnim«, sagte Daniel. »Bewahren Sie jetzt die Ruhe.«

      Sandra schlug die Augen schon wieder auf. »Nico, mein Kind«, weinte sie auf.

      »Nico lebt und wird bestens versorgt, Frau Diehl«, sagte Daniel. »Ich bringe Sie zu ihm, wenn Sie sich beruhigt haben. Zufällig war ich dort.«

      »Sie, Dr. Norden?« flüsterte Sandra.

      »Eigentlich wurde nur eine Kinderklinik eingeweiht, und wir wollten einen Tag am See genießen«, sagte er, »und dann kam das Gewitter. Es gibt wirklich merkwürdige Zufälle.«

      »Er sei nicht schuld, hat Ulrich immer wieder gesagt«, flüsterte Sandra. »Aber er wird nie mehr kommen, hat er gesagt. Nie mehr! Ich will zu meinem Kind.«

      Die beiden Männer halfen ihr auf die Beine, tauschten einen langen, verständnisinnigen Blick.

      »Ich fahre auch mit«, sagte Annedore Diehl.

      »Aber sicher, Frau Diehl«, sagte Daniel, »die Seeberg-Klinik ist auf alles eingerichtet.« Und er brachte tatsächlich ein aufmunterndes Lä­cheln zustande.

      »Und Ihre Frau wartet mal wieder«, sagte Annedore leise.

      *

      Die Gewissensbisse, die Ulrich Harrer jetzt plagten, nützten Nico augenblicklich zwar gar nichts, aber immerhin bewirkten sie doch, daß Ulrich zur Einsicht kam. Als er langsam wieder klare Gedanken fassen konnte, vermeinte er, Nicos Stimme zu hören, all diese Worte, mit denen der Junge seine Ablehnung und seinen Widerstand gegen ihn ausdrücken wollte.

      Er wurde sich auch bewußt, welche Motive ihn bewegt hatten, indem er die Begegnung mit dem Kind suchte. Er wollte sich bei Sandra in Erinnerung bringen, er wollte ihr klarmachen, daß ein Ulrich Harrer sich nicht einfach aus der Erinnerung streichen ließ.

      Er wollte ihr Selbstbewußtsein erschüttern, das seine männliche Eitelkeit so tief verletzt hatte. Ja, er wollte sie an ihrer empfindlichsten Stelle treffen.

      Felsenfest war er davon überzeugt gewesen, Nico mit großzügigen Geschenken und Versprechungen an sich ziehen zu können, da er selbst ja so bestechlich war.

      Zwei Tiefschläge hatte er jüngst hinnehmen müssen. Die Verachtung, mit der der kranke Vater ihn strafte, die eisige Ablehnung, mit der er von Sandra abgefertigt worden war, und nun war das geschehen, was er wirklich nicht gewollt hatte. Der Junge war körperlich verletzt worden. An seine kindliche Seele hatte Ulrich nicht gedacht, aber der Gedanke, daß Nico sterben könnte, versetzte ihn in Panik.

      Wie sollte er nur beweisen, daß er Nico nicht absichtlich verletzt hatte. Entsetzliche Furcht erfüllte ihn, daß Sandra ihn jetzt mit tödlichem Haß verfolgen, ihn vernichten könnte. Nico muß leben, dachte er, er muß sagen, wie es wirklich war. Etwas anderes konnte er nicht denken.

      Indessen saßen Sandra, Annedore und Holger am Bett des Kindes und lauschten aufmerksam auf die leisen Atemzüge.

      Dr. Seeberg hatte ihnen nicht gesagt, welches Glück im Unglück das Kind noch gehabt hatte. Er war froh, sie mit zuversichtlichen Worten trösten zu können, daß die Lebensgefahr gebannt sei.

      Als Nico nun aus der Tiefe der Bewußtlosigkeit emportauchte, war es ihm ganz seltsam zumute. Die, die um ihn bangten, wußten das natürlich nicht, aber sie bemerkten, wie sich das kleine bleiche Gesicht belebte, wie die Lider zuckten und die Lippen sich leicht öffneten.

      »Nico, mein Liebling, wir sind bei dir«, sagte Sandra zärtlich.

      »Mami«, murmelte Nico, und ein kleines Lächeln legte sich um seinen Mund.

      Sandra atmete auf. Annedore wischte sich schnell ein paar Tränen aus den Augenwinkeln, und Holger legte seine Hände fest und beruhigend um San-dras Schultern.

      Wichtig wäre es, daß der Junge sich bald erinnern könne, hatte Dr. Seeberg gesagt. Nun, Nico konnte sich schnell erinnern. Er schlug die Augen auf, blickte um sich.

      »Ist er fort?« fragte er flüsternd.

      »Nur wir sind bei dir, Nico«, erwiderte Sandra.

      »Aber ich bin nicht zu Hause.«

      »Du wirst bald wieder daheim sein, mein Liebling«, sagte Sandra.

      »Er kann nicht mal segeln, er kann nur fragen«, sagte Nico, »so was blödes.«

      Und damit zauberte er ein Lächeln auf Sandras Gesicht. Nicos Hand fuhr zum Kopf empor, fühlte dort den Verband. »Tut gar nicht weh, jetzt nicht mehr. Ich gehe nie wieder mit ihm mit.«

      »Das brauchst du auch nicht, Nico«, sagte Sandra.

      Sein Blick belebte sich. »Ömchen, Holger«, freudig klang es, aber dann seufzte er müde. »Nie wieder segeln«, flüsterte er, und dann schlief er wieder ein.

      *

      Daniel Norden konnte seiner Frau die beruhigende Nachricht bringen, daß Nico den Schock überwunden hatte.

      »Ich habe mich dauernd gefragt, was wohl geschehen wäre, wenn wir nicht zufällig dort gewesen wären«, sagte Fee sinnend. »Was hätte er wohl mit dem Kind gemacht?«

      »Darüber wollen wir jetzt lieber nicht nachdenken, Liebes«, erwiderte Daniel.

      »Und dann einfach davonlaufen«, meinte sie empört.

      »Das Schuldbewußtsein, Fee, immerhin ist es gut, wenn er welches fühlte. So dramatisch dieser Tag auch verlaufen ist, er wird jetzt nicht mehr ihre Kreise stören. Vielleicht sollte es so sein.«

      »Und wenn es schlimm ausgegangen wäre?«

      »Psst, kein Wenn und Wäre, mein Schatz. Der Schrecken war groß genug auch für Harrer. Er muß ganz hübsch geschockt sein, nach seinem wirren Anruf zu schließen.«

      »Er hat angerufen?« staunte Fee.

      »Ja, und er hat immer nur beteuert, daß er nicht schuld sei. Ich denke, Sandra Diehl wird nun auch erreichen, daß er einer Adoption zustimmt.«

      »Dann wird sie also Dr. Arnim heiraten?«

      »Nun, das nehme ich doch stark an«, lächelte Daniel.

      »Bettina und Nico, zwei Kinderschicksale«, sagte Fee sinnend,


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