Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
sagte Barbara. »Weißt du, Bernd, zu unserer Zeit war alles so anders. Da redeten die Eltern mit und hinein. Gut, nein, gut war das nicht immer. Ich hatte Glück. Ernst entsprach so ganz den Wünschen meiner Eltern, und zwischen uns war auch echte Liebe. Es stimmte alles, aber so war es nicht bei allen. Kaum waren wir verlobt, mußte er an die Front. Er war ja zehn Jahre älter als ich. Aber davon willst du ja nichts hören, nichts vom Krieg und von all dem Warten.«
»Doch, jetzt möchte ich davon hören, Mama«, sagte Bernd.
Ihr Blick irrte zum Fenster hinaus.
»Ich war neunzehn, als wir kriegsgetraut wurden, und wenige Monate später war alles zu Ende. Ich hatte wieder Glück, weil Ernst bald aus der Gefangenschaft kam. Dann mußte er sein Studium noch vollenden. Gut ging es uns damals allen nicht, aber meine Eltern hatten ja noch das Gut von den Großeltern, und da ging es uns bald doch besser als anderen. Und als du dann geboren wurdest, da sah die Zukunft schon besser aus.«
Sie versank in Schweigen, und Bernd sagte: »Du hast dich gut gehalten, Mama. Dir sieht man die Jahre nicht an. Ich habe noch gar nicht darüber nachgedacht, daß du auf die sechzig zugehst.«
»Für ein Kompliment bin ich noch immer empfänglich, Bernd«, sagte sie mit einem Lächeln, das sie noch jünger erscheinen ließ. »Es wäre noch schön gewesen, wenn mein Ernstel länger bei uns hätte bleiben können.«
»Eva war achtzehn, als ihr Vater starb«, sagte Bernd.
»Ist sie das einzige Kind?« fragte Barbara.
»Ja. Sie hatte allerdings noch einen Bruder. Er starb leider an einer an sich harmlosen Blinddarmoperation durch eine falsche Anästhesie.«
»Das ist ja schrecklich«, sagte Barbara mitfühlend. »Da hat die Mutter ja auch allerhand mitgemacht. Erzähl mir ein wenig mehr von ihr. Eigentlich hättest du ja schon früher etwas sagen können.« Sie verhielt sich äußerst diplomatisch. Sie war ja auch immer bemüht gewesen, zwischen sich und ihrem Sohn keine Differenzen aufkommen zu lassen. Und sie war auch eine intelligente Frau, die nicht gleich eine Barriere aufrichten wollte. Dazu war dann noch immer Zeit, wenn ihr das Mädchen wirklich nicht gefiel, meinte sie.
Bernd konnte sich über seine Mutter wirklich nicht beklagen. Er hatte die Annehmlichkeiten ihrer Fürsorge genossen. Sie lebten in einer sehr schönen, geräumigen Wohnung. Sie lief ihm nicht auf Schritt und Tritt nach, wenn er ihr zu verstehen gab, daß er allein sein wollte. An diesem Abend blieben sie noch lange beisammen. Er erzählte von Eva, er geriet ins Schwärmen, und seine Mutter merkte, wieviel ihm dieses Mädchen bedeutete.
»Es würde mich sehr freuen, wenn du sie bald mit heimbringen würdest«, sagte sie
»Gleich morgen, Mama, wenn es dir recht ist«, erwiderte Bernd.
»Dann werde ich mir etwas Besonderes für das Abendessen ausdenken, aber wir kaufen ja sowieso gemeinsam ein«, erwiderte sie.
Auch Annelie überlegte, was sie dem zukünftigen Schwiegersohn vorsetzen könnten.
»Für den Abend disponiere bitte nicht, Mutti«, sagte Eva, »und zum Kaffee backen wir Waffeln. Das geht schnell, und Bernd mag sie gern.«
»Ich backe morgen früh noch einen Apfelkuchen, der hat ihm so gut geschmeckt, als er das erste Mal bei uns war«, sagte Annelie. »Habt ihr schon darüber gesprochen, wo ihr wohnen wollt, wenn ihr verheiratet seid?«
»Nein, Mutti, das findet sich schon.«
»Wenn Cilly und ihr Mann ausziehen, könnte ich ja die kleinere Wohnung nehmen, und ihr könntet die hier bekommen«, sagte Annelie.
»Zerbrich dir darüber noch nicht den Kopf, Mutti. Wir wollen das alles in Ruhe überdenken. Keinesfalls soll seine Mutter sich auf den Schlips getreten fühlen.«
»Ich meine nur, wenn das Baby da ist und du wirklich wieder arbeiten willst, dann könnte ich es ja beaufsichtigen, Evi. Wir haben neben dem Geschäft doch den hübschen Raum.«
»Das schlag dir mal aus dem Kopf. Du hast so genug um die Ohren, und wenn Cilly nicht mehr da ist, wird es für dich noch mehr Arbeit geben.«
Annelie wandte sich ab. »Du meinst, daß Bernds Mutter mehr Zeit hätte?« fragte sie leise.
Du lieber Himmel, geht es jetzt schon los, dachte Eva bestürzt.
»Laß das Baby erst mal da sein«, sagte sie. »Ich glaube, daß Bernd diesbezüglich ganz eigene Vorstellungen hat. Und außerdem hatten wir beschlossen, unseren Müttem noch gar nichts zu sagen. Also verrat dich bitte nicht.«
»Du hast ja nichts gesagt. Ich habe es ja selbst gemerkt!«
»Na schön, aber dennoch. Es hat Zeit, Mutti. Gib Bernd bitte nicht das Gefühl, daß du es als selbstverständlich betrachtest, daß er mich unter den gegebenen Umständen heiraten muß.«
»Muß er doch nicht«, sagte Annelie triumphierend. »Wir würden auch ohne Vater zurande kommen.«
Eva seufzte tief auf. »Und gerade mit solchen Gedanken würdest du ihn geradezu beleidigen«, sagte sie.
*
Am nächsten Morgen stand Annelie schon um halb sieben Uhr in der Küche und bereitete den Apfelkuchen zu. Als Eva verschlafen aus ihrem Bett kroch, duftete es in der Wohnung schon verführerisch.
»Du kannst es doch nicht lassen«, sagte sie kopfschüttelnd.
»Ich bin nun mal Frühaufsteherin, das gewöhnt man sich nicht ab«, erwiderte Annelie fröhlich.
»Bist ein Schatz, Mutti«, sagte Eva zärtlich.
Für ein gemeinsames Frühstück hatten sie auch noch Zeit. Da war Eva dann auch putzmunter, nachdem sie geduscht hatte.
»Du suchst dir nachher gleich die Pflegeserie für junge Mütter heraus, Evi«, sagte Annelie. »Vor allem die Beine mußt du pflegen, damit du keine Krampfadern bekommst.«
»Dazu haben wir nicht die geringste Veranlagung«, erwiderte Eva lachend.
»Vorsicht ist immer besser als Nachsicht. Jetzt bin ich aber wirklich froh, daß ich alle Babyartikel hereingenommen habe, obgleich das nicht gerade ein gutes Geschäft ist, weil die jungen Eltern meistens im Großmarkt kaufen. Und ich frage mich manchmal wirklich, wie es da noch billiger abgegeben werden kann.«
»Weil es in viel größeren Mengen eingekauft wird, liebste Mutti«, meinte Eva nachsichtig. »Da kann man anders kalkulieren. Dein zukünftiger Schwiegersohn ist auf diesem Gebiet Fachmann. So, ich mache mich jetzt über die Buchführung her.«
»Wenn ihr vielleicht ein Haus kaufen oder bauen wollt, Evi, für dich ist schon ein Konto vorhanden«, sagte Annelie.
»Hör doch jetzt mal damit auf, Mutti. Präsentiere Bernd bloß nicht eine Mitgift. Diesbezüglich ist er nämlich sehr empfindlich.«
»Ich bin nun mal so erzogen«, sagte Annelie. »Meine Aussteuer habe ich auch mitbekommen.«
»Ist ja alles gut und schön, aber heutzutage ist das nicht mehr die Voraussetzung«, sagte Eva.
Aber auch bei den Schönbergs wurden solche Themen nicht außer acht gelassen.
»Hast du dir schon Gedanken gemacht, wo ihr wohnen werdet, Bernd?« fragte Barbara Schönberg.
»Wir werden schon was finden.«
»Einfach ist das nicht. Schau mal in die Zeitung, wie teuer die Wohnungen sind. Aber ganz mittellos wird Eva ja wohl nicht sein, wenn die Mutter ein Geschäft hat.«
»Müssen wir darüber reden, Mama? Zerbrich dir bitte nicht meinen Kopf.«
»Ich meine es ja nur gut, mein Junge. Du kennst ja meinen Standpunkt. Alt und jung unter einem Dach tut nicht gut.«
»Das käme auch gar nicht in Frage.«
»Nun, für die erste Zeit hätte ich ja nichts dagegen, Bernd, aber wenn dann erst mal Kinder da sind, würde es doch zu eng werden. Natürlich würde