Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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beleuchtet ist, haben wir vielleicht etwas in diesem Raum zu erledigen.«

      »Es sind Dutzende von den Dingern«, sagte Krona schaudernd. »Ich weiß nicht, was du da erledigen willst.«

      »Zum Beispiel an den goldenen Schlüssel gelangen, den das eine auf dem Rücken trägt«, schlug Fenrir nach einem Blick in den Raum vor. »Und Dutzende sind es nicht. Ein Dutzend vielleicht.«

      »Goldener Schlüssel«, schnaubte Krona. »Du spinnst wohl.« Sie warf ebenfalls einen Blick in den Raum, der mittlerweile angefüllt war von den riesigen Krabbeltieren. Eines davon trug einen Schlüssel auf dem Rücken, er war groß, etwa so lang wie eine Menschenhand, und schimmerte matt. »Ich nehm’s zurück«, sagte sie. »Mandor hat schon zu Lebzeiten einen seltsamen Humor gehabt.«

      Pintel warf einen vorsichtigen Blick in den Raum.

      »Warum kommen sie nicht raus?«

      »Wahrscheinlich warten sie darauf, dass wir rein kommen«, vermutete Krona. »Die müssen ganz schön hungrig sein, mit nichts als Holz und Dreck zum Fressen.«

      »Es gibt Lebewesen, die nahezu unbegrenzt ohne Nahrung auskommen«, sagte Fenrir. »Sie fallen in eine Art Starre, man könnte sie dann für tot halten.«

      »Und wie kommen wir jetzt an den blöden Schlüssel? Ich habe keine große Lust, da rein zu gehen, Starre hin oder her.«

      »Lasst mich das mal machen«, sagte Pintel.

      »Vergiss es«, sagte Krona. »Die frühstücken dich.«

      »Wer hat gesagt, dass ich da rein gehe? Ich räuchere sie aus. Das ist viel einfacher. Ihr müsst nur Abstand zu dieser Tür halten und wirklich dicht an der Wand bleiben.«

      »Wozu?«, fragte Fenrir.

      »Um nicht gebraten zu werden«, erklärte Pintel.

      »Klingt beruhigend«, knurrte Fenrir und presste sich einige Schritte weiter flach gegen die Wand. »Gut so?«

      »Ja«, sagte Pintel. »Krona daneben. Und Jerina, wenn ich bitten darf.«

      Jerina gehorchte wortlos.

      »Rührt euch nicht«, warnte Pintel, dann bezog er vor der Türöffnung Stellung. Einige Worte, eine ausholende Geste, dann schnellten seine Hände mit gespreizten Fingern nach vorne. Ein blendend heller, rot glühender Feuerball war plötzlich entstanden, den er in den Nebenraum schleuderte. Fast gleichzeitig warf Pintel sich zur Seite, rollte geschickt ab und kugelte auf dem harten Steinboden einige Schritte bis vor Fenrirs Füße, der ihn packte und an die Wand zerrte, gerade als ein betäubender, dumpfer Knall durch die Höhle peitschte. Der Fels ächzte, und eine gewaltige Flammenzunge schoss aus der Türöffnung an die gegenüberliegende Wand, teilte sich dort und züngelte in beide Richtungen die Wand entlang, bevor sie verlosch.

      Für einen Augenblick hatte sich unerträgliche Hitze auf Kronas Gesicht gelegt, ein einziger Atemzug schien ihre Lungen versengt zu haben. Sie hustete und atmete tief die feuchte Luft, die rasch wieder abkühlte. »Meridias nackter Arsch«, keuchte sie. »Was war das?«

      »Feuerball«, erklärte Pintel und wischte sich Tränen von den Wangen. »Es ist eigentlich streng verboten, ihn in geschlossenen Räumen zu werfen. Aber ich dachte, wir können die Sache auf diese Art abkürzen.«

      Jerina, die am nächsten zur Tür gestanden war, schien die Explosion gut überstanden zu haben. Sie hatte aufgehört zu zittern, und eine gesunde Farbe war in ihre Wangen zurückgekehrt. Sie wirkte geradezu erholt, als sie sich von der Wand abstieß und die wenigen Schritte zu der Türöffnung zurücklegte, aus der dicker, stinkender Rauch quoll.

      »Scheiße«, sagte Krona. »Ich hoffe, du hast mit dem Ausräuchern nicht auch uns im Sinn gehabt, Pintel. Jerina! Warte! Was tust du, verdammt?«

      »Sie geht in den Raum rein.« Pintel hustete. »Es stinkt wirklich.«

      »Das feuchte Holz verbrennt«, sagte Fenrir und hielt sich den Ärmel vor die Nase. »Und die Insekten natürlich.«

      »An den Rauch hab ich nicht gedacht«, gab Pintel kleinlaut zu.

      »Sie kann da drin binnen weniger Augenblicke das Bewusstsein verlieren«, sagte Fenrir, »und ersticken, ohne dass sie es merkt. Stört uns das?«

      »Ja«, sagte Pintel und tauchte mit einem Satz in die dicken Rauschschwaden, die sich den Gang entlang verteilten. Krona hatte noch nicht entschieden, wie sie die Situation, die ihr ganz eindeutig entglitten war, unter ihre Kontrolle bringen sollte, als Pintel schon wieder auftauchte, Jerina im Schlepptau, die in der Hand einen großen, mit schwarzen Rußflecken verunzierten Schlüssel hielt. Der kleine Zauberer hustete so sehr, dass er kaum gehen konnte. Kurzerhand hob Krona ihn von den Füßen, schulterte ihn und trug ihn die Treppe hinauf. Die anderen folgten. Fenrir nahm die Laterne, die Jerina vorhin noch in Gang gebracht hatte. Das schwankende Licht glänzte auf den feuchten Wänden, als sie die Treppe hinauf hasteten, auf der Flucht vor dem Rauch, und nach etwa zwei Dutzend Stufen an einer Tür anlangten. Krona schenkte der goldenen Schrift auf ihr keine Beachtung. Sie stellte Pintel wieder auf die Beine, schob die Tür vorsichtig einen Spalt breit auf und riskierte einen Blick, bevor sie die Tür gänzlich öffnete. Ein weiterer dunkler Gang führte vor ihnen in den Berg.

      »Wartet«, sagte Pintel, noch heiser vom Husten, dann las er von der Tür:

      »Die Ebene des Glücks betretet ihr.

      Nicht die reine Stärke zählt ab hier.

      Doch seid ihr pfiffig und gewandt

      Liegt der Erfolg in eurer Hand!

      M.M.«

      Pintel warf einen kurzen Blick in die Runde. »Ein Glück, dass Onkel Mandor besser rechnen konnte als reimen«, sagte er grinsend. »Er hätte es sonst nicht sehr weit gebracht mit seinem Imperium.«

      »Lasst uns diese Tür schließen«, sagte Fenrir und schob die anderen vorwärts, »damit wir den Rauch los sind.«

      Hinter der Tür erinnerte sich Krona an etwas.

      »Zeig mal diesen Schlüssel«, sagte sie zu Jerina. »Ich frage mich, was wir damit sperren sollen.« Als Jerina zögerte, nahm sie ihr den Schlüssel kurzerhand weg und ließ ihn gleich darauf mit einem Aufschrei fallen.

      »Er ist heiß«, keuchte sie und hielt sich die verbrannte Hand. Fenrir sah zwischen Krona und dem Schlüssel hin und her, der matt schimmernd auf dem Boden lag, dann packte er Jerina und zerrte ihre Hand nach vorne. Die Haut war weiß und glatt und unversehrt.

      »Wie hast du das gemacht«, knurrte er sie an, seine gelben Augen leuchteten gefährlich im Schein der Laterne.

      »Ich weiß nicht«, erwiderte sie unwirsch und versuchte, sich aus Fenrirs unerbittlichem Griff zu befreien. »Ich hab nicht drüber nachgedacht.«

      »Du warst mir von Anfang an nicht geheuer«, sagte Fenrir. »Es steckt mehr hinter dieser harmlosen Maske. Du verbirgst etwas.«

      Jerina gab ihre Versuche, sich zu wehren, auf.

      »Du sprichst Worte, die auf dich selbst zutreffen, Waldläufer. Ich an deiner Stelle wäre vorsichtig.«

      Zu Kronas Erstaunen ließ Fenrir Jerinas Handgelenk los, drehte sich um und ging den Gang hinunter.

      »Momentchen«, sagte Krona. »Stop. Alle. Fenrir, warte.« Sie sah von einem zum anderen.

      »Es sind hier gerade ein paar Sachen passiert, für die ich keine Erklärung habe. Aber wir stecken mittendrin. Es ist weder Zeit noch Ort, um sich anzufeinden. Wer also den Auftrag abbrechen möchte, soll das jetzt tun und zurückgehen.«

      »Das wird kaum möglich sein«, meldete sich Pintel zu Wort. »Der Rückweg ist versperrt. Ich hab’s versucht, während das Wasser stieg, um uns einen Fluchtweg bereitzuhalten. Ich wollte diese Tür öffnen, aber sie rührte sich nicht, und es erschien eine Schrift, Vorwärts immer, rückwärts nimmer oder so. Ich glaube, wir müssen das bis zum Ende durchstehen. Etwas Ähnliches hat Onkel Mandor ja auch gesagt, wenn ich mich recht erinnere.«


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