Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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gebückt auf der Spur entlang. »Wanderer und Reiter waren nicht gemeinsam unterwegs. Die Hufspuren zeigen hier eiliges Traben an. Der Schritt des Wanderers ist gleichmäßig. Geringe Schrittlänge übrigens. Könnte ein Zwerg gewesen sein. Welche der Spuren nun älter ist, lässt sich nicht bestimmen. Sie müssen einander dicht auf den Fersen gewesen sein. Der Troll allerdings hatte zu den beiden anderen einige Tage Abstand.«

      »Aha.« Krona starrte auf den Waldboden, auf dem sie rein gar nichts sah. »Wie alt sind die jüngsten Spuren?«

      »Einen Tag höchstens.« Fenrir richtete sich auf. »Wir sollten uns vorsehen.«

      »Sie führen nicht in unsere Richtung«, sagte Krona. »Vorsicht ja, aber bitte keine Panik. Lasst uns noch ein gutes Stück zurücklegen, bevor wir rasten. Der Troll ist längst weg, sagtest du, und die anderen sind zwei. Mit denen werde ich allein fertig, wenn es sein soll.«

      »Gut zu hören«, sagte Jerina, klang aber nicht sonderlich beruhigt.

      Sie setzten ihren Weg fort, allerdings nicht lange. Kaum eine halbe Stunde später hielt Fenrir erneut inne. Diesmal untersuchte er nicht den Boden, sondern hielt das Gesicht in den Wind.

      »Wartet hier auf mich«, sagte er, setzte sich in Trab und rannte leichtfüßig zwischen den Bäumen davon.

      »Was soll das?«, rief Krona ihm ungehalten hinterher, aber er hörte es nicht oder wollte es nicht hören. Sie sah sich zu ihren beiden verbleibenden Begleitern um. Pintel ließ sich gerade mitsamt seinem Gepäck zu Boden plumpsen. Sein blasses Gesicht war vor Anstrengung gerötet, er sah aus, als könne er die Rast gebrauchen. Jerina war immer noch unruhig und sah sich in alle Richtungen um.

      »Hast du schon mal gegen einen Troll gekämpft?«, fragte sie Krona.

      »Nein. Und ich habe es auch nicht vor.«

      »Und was machen wir, wenn es nötig wird?«

      Krona nahm ihren Rucksack ab und lockerte die schmerzenden Schultern. »Gewinnen oder sterben, vermute ich«, sagte sie gleichmütig, bereute die Bemerkung aber sofort, als sie Jerinas gehetzten Gesichtsausdruck bemerkte.

      »Es wird nicht nötig werden«, versuchte sie die junge Frau zu beruhigen. »Fenrir wird unseren Weg so wählen, dass wir ausreichend Abstand zwischen uns und den Troll bringen. Und vergiss nicht, die Spur ist Tage alt. Er ist längst nicht mehr hier.«

      »Ich hoffe sehr, dass du recht behältst«, seufzte Jerina. »Ich hatte vor, dieses Erbe lebendig anzutreten.«

      »Wo du gerade davon sprichst«, sagte Krona. »Nimm’s mir nicht übel, aber du scheinst über den Verlust deines Onkels nicht allzu betrübt zu sein. Alles, wovon du sprichst, ist das Erbe, oder trügt mich dieser Eindruck?«

      »Wie darf ich diese Frage verstehen?« Jerinas Stimme klang mit einem Mal angespannt. Pintel stützte sich auf seinen Rucksack und sah interessiert von einer zur anderen.

      »So, wie ich sie gestellt habe«, sagte Krona. »Oder ist irgendetwas unklar?«

      »Mein Onkel hat mich immer korrekt behandelt«, sagte Jerina sehr reserviert. »Ich lebte bei ihm, seit meine Eltern am Fieber starben. Aber er war mir gegenüber nie etwas anderes als korrekt, wenn du verstehst.«

      »Ja«, sagte Krona und versuchte, diese Aussage mit dem herzlichen, gefühlvollen Mandor Markholt in Einklang zu bringen, den sie in Erinnerung hatte. »Dennoch hat er dir sein gesamtes Vermögen hinterlassen.«

      »Ich bin die letzte Markholt. Viele in meiner Familie sind kinderlos geblieben.«

      Fenrirs Rückkehr ersparte es Krona, sich eine passende Antwort zu überlegen.

      »Es gibt etwas zu sehen«, berichtete er. »Einen Kampfplatz, keine drei Steinwürfe von hier.« Er wies in die Richtung, aus der er gekommen war.

      Kurz darauf standen sie alle am Fuß eines hohen, vereinzelten Felsens, den Fenrir als Adlerfelsen bezeichnete, und starrten auf die zertrampelten Reste eines Lagerfeuers, niedergetretenen Waldboden und fünf von Fliegen umschwirrte Schratleichen.

      »Auch das noch«, sagte Krona. »Schrate!«

      »Ich nehme an, dass unsere beiden Wanderer hier gelagert haben«, sagte Fenrir. »Es sind dieselben Stiefelabdrücke. Und dieser eine«, er wies auf einen der Schrate, der mit dem Gesicht im Waldboden lag, »ist durch etwas umgekommen, das mir wie Zauberei aussieht.«

      Pintel ging hinüber und beugte sich über die Leiche, wobei er angewidert das Gesicht verzog.

      »Du hast recht«, sagte er. »Eine arkane Entladung, würde ich sagen. Kein besonders kunstfertiger Zauber, aber effizient. Puh – wie die stinken!« Er machte einen großen Schritt rückwärts.

      »Schrate, ein Troll, irgendwelche Wanderer, die über Zauberkräfte verfügen«, zählte Krona zusammen. »Könnte eine spannende Nacht werden.«

      »Keine Sorge«, sagte Pintel und brachte sich außer Reichweite des Gestanks. »Da lasse ich mir schon was einfallen.«

      »Ich mache mir keine Sorgen«, knurrte Krona.

      »Umso besser«, sagte Pintel unbeschwert. »Dann muss ich mir ja auch keine machen.«

      Sie nahmen ihre Wanderung wieder auf. Krona ließ Jerina voran und hielt Pintel am Zipfel seiner Kapuze bei sich.

      »Ist es eigentlich üblich bei den Reinlassern, sich so gut mit Zauberei auszukennen?«

      Pintel machte ein unschuldiges Gesicht. »Wieso? Was meinst du?«

      »Ich bin nicht dämlich, Pintel. Du hattest eine echte Vorstellung von dem, was da mit den Schraten passiert ist. Das fällt nicht mehr unter Allgemeinbildung.«

      Pintel fasste nach oben, um seine Kapuze aus ihrem Griff zu entwinden.

      »Ein Freund von mir ist ein Zauberer. Er hat die Academia Arcana besucht und mir so einiges erzählt. Ich fand ... Zauberei ... schon immer spannend ... hrrrrf... würde es dir etwas ausmachen, mich loszulassen? Es atmet sich so schlecht, wenn jemand an deiner Kapuze zieht.«

      Krona ließ die Kapuze los, und Pintel schnappte übertrieben nach Luft und richtete seine Kleidung.

      »Was ist los?«, rief Jerina aus einiger Entfernung. »Noch etwas gefunden?«

      »Ich bin nicht sicher«, rief Krona zurück, ohne den Blick von Pintel zu nehmen. »Wir gehen erst mal weiter.«

      Hangaufwärts stießen sie auf einen zweiten Kampfplatz. Auch hier lagen Schrate, vier übelriechende Leichen, zwei davon durch Zauberei gefällt.

      »Es ist eine Verschmutzung«, sagte Fenrir abfällig. »Kein Tier wird sie fressen wollen. Sie werden liegen, bis die Maden ihr Fleisch von den Knochen genagt haben und das Wetter ihre Gebeine zu Staub gemacht hat. Es wird Jahre dauern.«

      »Mahlzeit«, sagte Pintel. »Und wo wir gerade beim Thema sind: Es wird bald dunkel, und ich bin fast verhungert. Wie wäre es mit einem Lagerplatz?«

      »Lasst uns gehen, bis ich ihren Gestank nicht mehr in der Nase habe«, schlug Fenrir vor. »Dann können wir lagern.«

      Als die Dunkelheit hereinbrach, hatten sie felsiges Gelände erreicht, das guten Schutz bot. In einer überdachten Felsnische schlugen sie ihr Lager auf.

      »Ich brauche sofort ein Feuer«, verlangte Jerina, die blass und erschöpft aussah. »Ich bin völlig durchgefroren.«

      »Tatsächlich?«, sagte Pintel. »Komisch. So kalt war es doch gar nicht.«

      »Wir werden keines machen«, sagte Krona. »Das Risiko ist viel zu hoch. Ich will schlafen, nicht ungebetenen Besuch empfangen.«

      »Aber ich brauche ein Feuer«, wiederholte Jerina beharrlich.

      »Ich sagte dir, es würde kein Spaziergang werden! Du wirst ohne auskommen müssen.«

      »Vielleicht auch nicht« warf Pintel ein. »Ich hätte nämlich auch gerne eines.«

      »Ich sagte doch eben


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