Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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Den gibt’s nämlich gar nicht.«

      »Überraschung.«

      Pintel lächelte schief.

      »Ich war selber auf der Academia. Ich bin Träger des dritten Arkanen Gradienten. Ich könnte darauf bestehen, dass man mich ehrwürdiger Zaubermeister Pintel Luffelheim nennt.«

      »Du bist ein Zauberer?«, sagte Fenrir erstaunt.

      »Aber kein sehr mächtiger«, maulte Jerina.

      »Und wie willst du das beurteilen?«

      Jerina warf Fenrir einen giftigen Blick zu.

      »Ist nur so ein Eindruck.«

      »Warum hast du es nicht von Anfang an gesagt?«, fragte Krona. »Wenn ich ein Zauberer wäre und einen Auftrag bekommen wollte, würde ich es doch nicht verheimlichen.«

      »Ich wollte nicht als Angeber daherkommen«, sagte Pintel bescheiden. »Wo ich doch schon so viele andere Sachen kann.«

      »Ach so. Ja, klar.«

      »Bekomme ich jetzt mein Feuer?«, fauchte Jerina.

      »Nein, verdammt! Ich will schlafen, nicht Schrate aufschlitzen!«

      »Ich könnte unseren Platz tarnen, wenn ihr wollt«, sagte Pintel. »Niemand wird uns finden, und wenn wir den halben Wald anzünden.«

      »Wie soll das gehen?«, fragte Fenrir.

      »Willst du die wissenschaftliche Erklärung oder die allgemein verständliche?«, fragte Pintel zurück.

      »Die verständliche, bitte.«

      »Ich mache Nebel.«

      »Das ist alles?«, fragte Krona.

      »Es ist eine ganze Menge«, widersprach Pintel. »Es ist ein besonderer Nebel. Man verläuft sich darin und wird von unserem Lager weggeführt. In diesem Nebel würde man sich vor der eigenen Haustür verlaufen. Es ist eine Mischung aus Materiemanipulation und psychischer Desorientierung. Der Nebel fungiert als Trägersubstanz für die arkanen Wellen, die im Gehirn des Empfängers den Orientierungssinn stören und seinen Weg so manipulieren, dass er nicht mal in die Nähe des Erzeugers, also mir, kommt. Kombiniert mit einer leicht psychotropen Wirkweise kann man ...«

      »Danke«, sagte Krona. »Es reicht. Mach den Nebel.«

      »In Ordnung«, sagte Pintel friedfertig.

      Zwischen Misstrauen und Interesse verfolgte Krona, wie Pintel tief Luft holte und die Schultern straffte. Dann begann er, leise zu singen. Die Sprache kam Krona entfernt bekannt vor: Es musste Orda sein, die alte Sprache der Wissenschaft und Zauberei. Gleichzeitig vollführten seine dünnen kleinen Hände eine Reihe von Bewegungen, als würde er Luftströme einfangen und sie zu einem Teppich verweben. Eine kühle Berührung legte sich auf Kronas Gesicht. Sie zuckte zurück. Sie hatte nicht bemerkt, wie der Nebel aufgekommen war, aber er wirbelte um die kleine Gestalt des Zauberers herum, zog lange Streifen und ballte sich zu dicken Wolken zusammen. Schließlich beendete Pintel seinen Singsang und wedelte mit den Händen, als wolle er Hühner verscheuchen. Der Nebel wich zurück und bildete einen dicken, undurchdringlichen Kreis um das Lager. Pintel steckte die Hände in die Hosentaschen und grinste.

      »Schließlich wollen wir hier nicht übers Feuer stolpern.«

      »Beeindruckend«, sagte Krona aufrichtig.

      »Danke schön«, strahlte Pintel. »Er wird sich im Umkreis von einigen Stunden im Wald ausbreiten. Wir sind hier so sicher wie daheim in unserem Wohnzimmer.«

      »Es ist eine Weile her, dass ich ein Wohnzimmer hatte«, erklärte Krona und streckte sich vorsichtig. Der lange Tagesmarsch steckte ihr in den Knochen. »Aber ich erinnere mich.«

      Im engsten Umkreis des Felsens, um nicht der Wirkung des Nebels zu erliegen, suchten sie Brennholz zusammen und verbrachten dann längere Zeit mit dem Versuch, ein Feuer zu entfachen, doch das Holz war feucht und wollte nicht brennen. Fenrir, der sich noch an der Holzsuche beteiligt hatte, stand nun einige Schritte abseits und starrte hinaus in den Wald, sein Blick hatte beinahe etwas Sehnsüchtiges. Jerina saß gegen den Felsen gelehnt und hatte ihren Mantel eng um sich gewickelt.

      »Was hast du eigentlich vorher gemacht?«, fragte Pintel, während er und Krona versuchten, ein zögerndes Flämmchen am Leben zu halten. »Vor dieser Aufgabe, meine ich.«

      Schlagartig bereute Krona ihre fahrlässige Bemerkung über Wohnzimmer.

      »Ich war auf Reisen«, erwiderte sie ungenau. »Ich bin erst kürzlich zurückgekommen.«

      »Und wo warst du?«, fragte Pintel.

      »Auf den Südlichen Inseln.« Sie hatte mittlerweile Pintels Hartnäckigkeit kennengelernt, die er an den Tag legte, wenn er sich für etwas interessierte.

      »Tatsächlich?«, sagte Pintel. »Wie spannend! Ich wäre auch beinahe einmal dort hingekommen. Ein Kollege von mir hat Forschung auf dem Gebiet der Teleportation betrieben und einige bemerkenswerte Ergebnisse erzielt, aber als ich sah, in welchem Zustand die Kuh war, die er aus ihrem Stall auf die Weide teleportiert hatte, wollte ich lieber doch nicht. Sie war mitten im Zaun materialisiert. Es war kein schöner Anblick.« Er verzog das Gesicht. Krona fluchte leise, das Flämmchen war erloschen.

      »Wie ist es nun dort?«, fragte Pintel, während sie einen neuen Versuch unternahmen.

      »Es könnte schön sein, wenn nicht Krieg wäre. Es ist nicht so viel anders als hier. Nur besser. Wärmer. Es fällt kein Schnee im Winter, und die Sommernächte sind mild. Es wachsen andere Dinge dort, Früchte und Ähnliches, es gibt viel davon, weil die Böden fruchtbar sind.«

      »Klingt wie das Paradies.«

      »Es ist das Paradies. Deshalb will jeder es haben, und deshalb ist Krieg dort. Von Zentallo aus versuchen sie, die Inseln zu unterwerfen. Sie nennen es nur anders. Sie sagen, sie bringen die Zivilisation. Straßen und solche Dinge.«

      »Hatten die denn vorher keine Straßen?«

      »Natürlich hatten sie welche.« Krona rieb Feuerstein und Eisen heftig gegeneinander. »Die kamen ganz gut klar, denke ich, auch ohne König und Staatsstraßen. Deshalb haben sie sich ja um Hilfe an uns gewandt. Sie hatten wenig Lust, zentallinische Kronkolonie zu werden, aber konnten gegen ihre Armeen wenig ausrichten.«

      »Und du hast dich an diesem Feldzug beteiligt«, ergänzte Pintel. »Um die Südlichen Inseln vor den Eindringlingen zu beschützen.«

      »Ja.«

      »Komisch. Von solchen Sachen hört man gar nichts, so als Normalbürger.«

      »Es ist weit weg. Die Seereise hat über vier Wochen gedauert.«

      »Und?«, fragte Pintel erwartungsvoll. »Wart ihr erfolgreich?«

      »Ich bin nicht bis zum Schluss geblieben«, erklärte Krona und wünschte sich, er würde aufhören zu fragen.

      »Warum nicht?«, fragte Pintel. Krona seufzte.

      »Ich war mir gegen Ende nicht mehr sicher, ob wir die Inseln wirklich befreien sollen, oder ob der König sie nicht nur für sich haben wollte – und den Zentallinern nebenbei eins auswischen. Eine abrantinische Kronkolonie im Süden, das könnte ihm gefallen, unserem König.«

      »Dann gehört dein Schwert also doch nicht jedem«, kam Fenrirs Stimme von hinten. Er hatte sich dem Gespräch zugewandt, ohne seinen Posten zu verlassen.

      »Hab ich dich nach deiner Meinung gefragt?«, fauchte sie. »Ich lasse mich nur nicht gern verarschen, das ist alles.«

      »Wie lange warst du dort?«, fragte Pintel und ignorierte die aufkeimende Missstimmung.

      »Fast drei Jahre.«

      »Lange Zeit.«

      »Ja.«

      Es folgte keine weitere Frage. Krona atmete auf.

      »Langsam verliere


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