Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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ich fühle mich sehr geehrt - glaube ich - trotzdem lehne ich ab.«

      »Bist du sicher?«, fragte sie mit diesem tiefen Schnurren in der Stimme, das selten seine Wirkung verfehlte, trat von hinten an ihn heran und rieb sich sachte an seinem Rücken. Sein langes Haar war weich und roch nach Wald. Er machte einen fluchtartigen Schritt nach vorne. Sie ließ ihn und verbiss sich ein Grinsen. Das hier war besser, als ein Ja es jemals hätte sein können.

      »Der Nebel«, erinnerte sie ihn. »Du solltest besser nicht hineingeraten.«

      »Ich weiß«, sagte er, der allmählich seine Sicherheit zurückgewann. »Und ja, ich bin sicher.«

      »Besser, Geschäftliches und Privates getrennt zu halten, was?«

      »Nicht unbedingt. Es ist nur ... nun ja, ich glaube, ich kann einfach nicht mit Frauen, die fluchen und ins Feuer spucken.«

      Sie lachte leise.

      »Du hast keine Ahnung, was dir entgeht.«

      »Eine Menge, da bin ich sicher.«

      »Was ’n hier los?«, kam Pintels verschlafene Stimme vom Lagerfeuer. »Wem entgeht was?«

      »Nichts«, sagte sie laut. »Schlaf weiter, Pintel.«

      »Geht schlecht, bei der Lautstärke«, maulte er.

      »Ist gut. Wir sind schon still. Komm«, sagte sie zu Fenrir. »Wir legen uns schlafen. Jeder auf die eigene Matte, versteht sich.«

      Im Vertrauen auf Pintels Nebel verzichteten sie auf eine Wacheinteilung und verbrachten eine ungestörte Nacht.

      Am Nachmittag des übernächsten Tages waren sie am Ziel, und Krona dankte allen Göttern dafür. So sehr sie Pintels und Fenrirs Gesellschaft zu schätzen gelernt hatte, so sehr war ihr Jerina in den letzten Tagen auf die Nerven gegangen. Die junge Frau verbreitete ein immer größeres Maß an Unruhe und Eile. Sie tat, als könne sie diese Reise nicht schnell genug hinter sich bringen, und gleichzeitig schien sie sich über ihre Grenzen hinaus zu beanspruchen. Die Anstrengung wollte gar nicht mehr aus ihrem blassen Gesicht weichen, und je erschöpfter sie war, desto weniger gab sie sich Mühe, höflich zu bleiben. Krona war mehrmals kurz davor gewesen, ihr Manieren beizubringen, und nur der Gedanke an ihre Bezahlung und manchmal Fenrirs bremsende Hand hatten sie zurückgehalten.

      Die letzten Stunden waren sie mit der Karte in der Hand gegangen.

      »Wir müssen nah dran sein«, sagte Pintel, der es im Gehen fertigbrachte, sich auf die Zehenspitzen zu stellen und einen Blick auf die Karte zu werfen, die Jerina trug. »Gibt’s hier Felsen? Der Eingang liegt in einem Felsspalt, oder so lese ich das jedenfalls.«

      »Drüben, wenn ich mich recht erinnere.« Fenrir zeigte quer zum Hang in südliche Richtung. »Eine größere Felsgruppe, nicht weit von hier. Es würde lohnen, sie zu untersuchen.«

      Eine kurze Wegstrecke später standen sie vor einer Felswand von etwa doppelter Mannshöhe, die sich von Nord nach Süd durchs Gelände zog. Auf ihrem Rücken setzte sich der dichte Wald fort, und er reichte bis direkt an ihren Fuß heran. Die Wand selbst war dicht mit pelzigem Moos bewachsen. Farne ragten wie Federbüsche aus schmalen Felsspalten, und die glatten, dunklen Blätter eines dichten Efeuvorhanges glänzten in der schräg stehenden Sonne.

      »Dann lasst uns mal suchen«, sagte Krona. »Pintel und ich hier entlang, Fenrir und Jerina in die andere Richtung. Seht zu, dass wir in Rufweite bleiben.«

      »Jawoll, Hauptmann!« Pintel salutierte grinsend. Fenrir warf Krona einen langen, schweigenden Blick zu, setzte sich dann in Bewegung und zog Jerina mit sich. Der jungen Frau hätte eine Pause gut getan, sie schien kurz vor dem Zusammenbruch, folgte Fenrir aber ohne zu zögern.

      Es war kein leichtes Vorankommen auf dem felsigen, abschüssigen Boden. Baumwurzeln krallten sich in den Fels und gaben wirksame Stolperfallen ab, und der Nadelwald war mancherorts so dicht an die Felswand herangerückt, dass ihnen nichts übrig blieb, als sich durch das stachelige Gesträuch zu kämpfen. Krona, die voranging, bemühte sich, gleichzeitig auf ihren Weg zu achten und dabei die Felswand im Auge zu behalten. Von hinten drang Pintels atemloses Geplapper zu ihr.

      »Ist das spannend! Was werden wir wohl vorfinden? Ich frage mich, ob es ein verzaubertes Labyrinth sein wird. Weißt du, es ist etwas völlig anderes, die Zauberei in der Theorie zu studieren, oder ihr von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten! Die Zauberei ist eine präzise Wissenschaft, aber ein Quäntchen Unberechenbarkeit ist immer in ihr. Ich habe das nämlich lange studiert! Es gibt da die Rosenbergsche Unschärferelation, die besagt, dass die arkanen Kräfte gelegentlich ein wenig anders reagieren als berechnet. Natürlich ist es eigentlich viel komplizierter. Manchmal ist nur die Farbe anders, das heißt, wenn es sich um einen Zauber handelt, der mit Farben zu tun hat, manchmal wirken sie sich etwas schwächer oder stärker aus als geplant, und manchmal passieren völlig unvorhergesehene Dinge, das ist glücklicherweise selten, sonst gäbe es keine alten Zauberer, aber so Sachen wie das mit der Kuh gehören beinahe schon zum Alltag eines Zauberers ...«

      Krona hörte kaum hin. Für sie verband sich Pintels Wortschwall mit den Geräuschen des Waldes zu einer Geräuschkulisse, die sie entspannt über sich hinweg streichen ließ. Sie wurde erst hellhörig, als Pintel verstummte.

      Sie drehte sich um. Pintel war verschwunden. Sie ging einige Schritte zurück.

      »Pintel?«, rief sie. Keine Antwort.

      Sie schluckte plötzliche Nervosität, strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn und sah sich um. Was hatte er erzählt, von Zauberei, die manchmal nicht funktionierte? Hatte er sich versehentlich in Luft aufgelöst? Sie schüttelte den Kopf. Dumme Kuh. Es ist wahrscheinlicher, dass er einfach den Hang hinunter gepurzelt ist. Sie beugte sich vor, um hangabwärts etwas erkennen zu können, und hätte beinahe selbst das Gleichgewicht verloren, als seine Stimme plötzlich hinter ihr erklang.

      »Ich hab’s gefunden«, verkündete er strahlend und hielt einen dichten Vorhang von Efeu beiseite.

      »Mach das nicht noch mal«, sagte sie und versuchte, ihr galoppierendes Herz zu beruhigen.

      »Kann ich gar nicht«, erklärte er. »Ich meine, jetzt, wo ich’ s einmal gefunden habe, werde ich’ s nicht noch einmal finden, weil ich es ja nicht mehr suchen muss. Es gibt zwar Dinge, die man mehrmals finden kann, wenn man sie immer wieder verliert – Geldbeutel und Ähnliches – obwohl andererseits die Wahrscheinlichkeit äußerst gering ist, dass man einen verlorenen Geldbeutel wieder findet ...«

      »Pintel!«

      »Höhleneingänge jedenfalls würde ich nicht dazu zählen«, schloss Pintel rasch.

      Krona spähte unter den Efeuvorhang. Tatsächlich befand sich dort, im Schatten kaum sichtbar, ein schmaler Spalt, der in den Hang hinein führte.

      »Das soll ’s sein? Sieht mir nicht aus, als würde es sonderlich tief rein gehen.«

      »Tut es auch nicht«, bestätigte Pintel.

      »Also was ist dann damit?«

      »Es geht nicht tief rein, weil es nach ein paar Schritten an einer Tür endet«, erklärte Pintel.

      »Du Spaßvogel! Sag das doch gleich.«

      »Für meine Verhältnisse war das gleich.«

      »Holen wir die anderen«, sagte Krona seufzend.

      Kurz darauf standen sie vollzählig vor dem Spalt und schauten hinein.

      »Ich könnte vorangehen und die Tür öffnen«, erbot sich Pintel eifrig. »Ich brauche nur ein bisschen Licht. Ich kriege jedes Schloss auf. Na, fast jedes.«

      »Nicht nötig«, sagte Jerina. »Der Hauptmann hat doch diesen Schlüssel.«

      »Oh«, sagte Pintel enttäuscht.

      »Worauf warten wir?«, drängte Jerina. »Lasst uns gehen!«

      Krona warf der jungen Frau einen Seitenblick zu. Jerina war eindeutig vom Schatzfieber gepackt, auf ihren blassen Wangen leuchteten


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