Makellos. Aline Cara Luna Meixner

Makellos - Aline Cara Luna Meixner


Скачать книгу
Casting

      Der Kunde hat eine genaue Vorstellung seines Wunschmodels und trifft bei den Agenturen eine Vorauswahl und lädt nur eine handverlesene Gruppe ein. Wie groß diese Gruppe ist, kann sehr unterschiedlich sein, manchmal sind es nur 10 Mädchen, manchmal auch 100.

      Halb-Totale

      Die Hälfte von Total. Ergo die Hälfte des Körpers.

      New Face

      New Faces sind Nachwuchsmodelle, die sich noch im Aufbau ihres Portfolios befinden und nur wenig Erfahrung haben.

      Petit

      Gartenzwerge. Also alles unter 170 cm. Eine relativ neue Strömung aus den USA, wo Designer und Marketing-Abteilungen inzwischen verblüffenderweise erkannt haben, dass es auch Frauen unter 175 cm gibt.

      Scout

      Jene tapferen Individuen, die ausziehen, um die neuen Models von morgen zu finden. Tapfer, weil es als erwachsener Mann bestimmt auch schon einmal schräg aussehen kann, eine 13-Jährige mit ihren Freundinnen in der Fußgänger-Zone anzusprechen, sie zu fragen, wie alt sie ist und wie groß, um ihr dann eine Telefonnummer zu geben, bei der sie anrufen soll. Scouts suchen natürlich nicht nur in Deutschland, sondern auch in den entlegensten Ecken Sibiriens oder Brasiliens nach der nächsten Christy Turlington.

      Exklusivvertrag

      Ding Ding Ding Jackpot! Kunden, die ein Exklusivrecht auf die Bewerbung einer Produktgruppe platzieren, lassen sich das oft richtig was kosten. Üblich ist dieses Vorgehen bei Kosmetikprodukten oder bei Models mit einem gewissen Bekanntheitsgrad.

      Beauty-Shooting

      Jobs oder Shootings für Kosmetik- oder Haarprodukte.

      Mood Board

      Oder auch Story Board. Eine Ansammlung von Bildern, die Visagisten, Fotografen und Model eine Idee geben sollen, welche Stimmung kreiert werden soll.

      Editorial

      Eine Bildstrecke für ein Magazin.

      Casting Brief

      Der Anforderungskatalog des Kundens an die Models. Aufgelistet werden oftmals die gewünschte Ethnie, Haarfarbe, Altersgruppe oder besondere Fähig-keiten.

Image

      — Zweites Kapitel —

      Wie Alles Begann

      Im Gegensatz zu Millionen junger Mädchen in ganz Deutschland hatte ich nie den Wunsch, Model zu werden. Ich hatte als Teenager mit meiner Mutter Germany’s Next Top Model gesehen, konnte mich aber mit den kreischenden und zickenden angehenden Pseudomodels nie so richtig identifizieren. Für mich war ein Model jemand wie Naomi Campbell oder Christy Turlington. Zeitlose Schönheiten, raubkatzenartig und unerreichbar. Nicht Heidi aus Bergisch Gladbach, die eine 16-Jährige dazu zwingt, sich einen toten Oktopus auf den Kopf zu setzen. Für alle ganz Verstrahlten: Dieses Szenario und das gesamte TV-Produkt sind ebenso realitätsnah wie die Street Credibility von Pietro Lombardi.

      Aber genau wie alle diese jungen Frauen hatte ich eine naive und völlig unrealistische Vorstellung von dem Beruf des Models. Ich stellte mir natürlich die Shootings in tropischen Inselparadiesen vor und das Jet-Set Leben mit Partys berühmter Persönlichkeiten, umschwärmt von Bewunderern und unter ständigem Termindruck im Dreieck New York, London, Paris. So ist es auch. Minus der Partys, plus ein paar Stalkern und minus der Illusion, Termindruck sei etwas Negatives. Im Gegenteil, haufenweise Models arbeiten nicht. Das heißt nicht, dass sie nicht auch zu Castings und Go & See’s gehen und Castingvideos aufnehmen als hinge ihr Leben daran. Das tut es manchmal vielleicht sogar. Aber sie bekommen im Endeffekt zu wenig Buchungen, um ihr Leben vom Modeln bestreiten zu können. Der Wettbewerb ist einfach zu groß und die etablierten Mädchen setzen natürlich alles daran, ihre Stammkunden zu halten. Eine meiner ersten Model-Freundinnen war eine Brasilianerin, die bereits über dreißig war und seit Anfang zwanzig für Otto und Lascana gearbeitet hat. Circa 150 Tage im Jahr, bei einem Tagessatz von 3000 Euro plus Buyout. Sie besitzt zwei Eigentumswohnungen in der Hafencity in Hamburg und dank regelmäßiger Buyout Zahlungen ist sie eine gemachte Frau. Das ist der Idealfall, wir sprechen hier nicht von den oberen 10 %, sondern eher von den oberen 3 %.

      Ich wusste nicht, dass Model nicht gleich Model ist. Geht euch vielleicht genauso, deswegen eine kleine Einführung in die wichtigsten Gattungen der Spezies Model. Grob kann man weibliche Models in zwei Kategorien aufteilen. Fashion und Commercial Models. Fashion Models sind jene Mädchen, die die großen Fashionweeks in Mailand, Paris, London oder New York laufen. Und die Kampagnen für die berühmten Modehäuser wie Prada, Miu Miu oder Loro Piana shooten. Vogue, Harper’s Bazaar, Elle oder die Cosmopolitan wählen diese Mädchen für ihre Editorials aus. Diese Models sind eigentlich alle über 177 cm und müssen immer noch und völlig ungeachtet zahlreicher Versuche ärztliche Kontrollen einzuführen, extrem dünn sein. Wünschenswert ist ein Hüftumfang unter 90 cm. Was bei einer Frau von 180 cm eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist. Der Job eines Fashion Models ist bei Weitem glamouröser als der eines kommerziellen Mädchens. After-Show-Partys und der Moment der Anbetung des Fußvolkes, wenn man bei Viktor & Rolf über den Laufsteg schreitet, sind bestimmt verführerisch. Aber auch ungleich härter. Für Magazin Editorials für Fashion Publikationen werden im Allgemeinen keine Gagen gezahlt, da sie die Reputation des Models und die der Agentur steigern. Soweit die Argumentation. Auch für die Shows wird selbst bei großen Labels nur wenige hundert Euro gezahlt. Und es ist nicht damit getan, aufzutauchen und nach einigen Minuten Hüften schwingen zur nächsten Show zu eilen. Meist gibt es ein Casting, ein Call-Back, ein Fitting, einen Durchlauf mit den Choreografen und dann die eigentliche Show. Diese Termine sind meist mit stundenlangem Warten verbunden und verlangen den Models und ihren Bookern eine extrem gute Terminkoordination ab, da im besten Fall die Models bis zu 6 Shows am Tag laufen. Und ab dem Zeitpunkt, an dem die Castings für die Pariser Shows beginnen, während die Fashion Week in Mailand noch läuft, bricht das völlige Chaos aus. Für etablierte oder berühmte Models natürlich alles ganz anders, aber wir sprechen ja nicht über die Fashion Royalty. Sollte es dann aber zum großen Durchbruch kommen und eine internationale Kampagne für ein Modehaus winken, gehen die Gagen schnell in astronomische Höhen. Der Pool für Fashion Models ist also klein. Aber tief.

      Für die kommerziellen Models gelten andere Regeln. War früher auch hier die Körpergröße ein entscheidender Faktor, haben sich durch das neu gewonnene mediale weibliche Selbstbewusstsein Freiheiten gebildet. In Maßen. Freiheit in Maßen klingt zwar so sinnvoll wie schwanger in Maßen, aber wie erfolgreich ein Mädchen mit 165 cm ist oder eines mit sehr großen Brüsten oder einem anderen auffälligen optischen Merkmal, ist immer noch stark vom lokalen Markt abhängig. Und vom Willen des Mädchens. In Miami oder LA sind kleinere Models schon lange nicht mehr ungewöhnlich, vermutlich auch, weil die Designer den Markt für Petit Moden schon früher entdeckt haben. In Mailand oder Paris haben kleinere Exemplare auch gute Chancen. Allerdings nur, wenn sie im klassischen Sinne sehr hübsch sind. Und sehr, sehr dünn. Die Logik dahinter scheint zu sein, dass kleinere Models noch dünner sein müssen, um die mangelnde Größe zu kompensieren. In Deutschland hingegen gibt es nach wie vor nur zwei Typen. Hanseatische Happy Blondine oder rassige Happy Dunkelhaarige. Beide sind mindestens 174 cm. Nicht zu dünn, weil der deutsche Markt lobenswerterweise gesund aussehende Mädchen bevorzugt. Aber Hauptsache nicht zu auffällig. Überall sollten kommerzielle Mädchen ein wenig weniger exotisch sein als ihre Fashion Kolleginnen. Approachable nennt sich das in Fachkreisen. Ich teile die kommerziellen Mädchen dabei gerne noch in zwei Kategorien: Die Happy Commercial Girls und die Sexy Commercial Girls. Die Happy Girls verkaufen Waschmittel mit einer so großen Leichtigkeit, dass man selbst Lust bekommt, den neuesten Weichspüler-Shit singend durch die Wohnung zu bugsieren. Die Sexy Girls sind, nun ja, halt sexy. Und arbeiten oft im Bereich Unterwäsche und Swimwear. Der Markt für kommerzielle Mädchen ist größer. Neben den klassischen Mode-Retailern wie Otto oder Bonprix sind die wichtigsten Arbeitgeber im E-Commerce zu finden. Shootings für Online Shops wie Zalando oder


Скачать книгу