"George Grosz freigesprochen". Moritz Goldstein
Das Geheimnis des Steuerausschusses
Goebbels – Theater vor Gericht
Der Schutz des Angeklagten
Wer ist schuld an Wessels Tod?
Der richtige und der falsche Arzt
Die Großstadt der kleinen Leute
Inquit in der Lessing-Hochschule
George Grosz wieder vor Gericht
S.A.-Dienst geht vor Verlagsdienst.
Die Stennes-Revolte beim Arbeitsgericht
Hitlers Bekenntnis
Vier Bücher angewandter Justiz
35 Sorgenkinder der Gesellschaft.
Die Atmosphäre von Scheuen
Widersprüche im Helldorf-Prozeß
Zauberlehrling am Kurfürstendamm.
Die Urteilsbegründung im Helldorf-Prozeß
Beleidigungsklage des Reichspressechefs
Die Stempelbrüder von Felseneck
Die Niederlage der Funkstunde
Hetze gegen den Polizeivizepräsidenten
Wels’ Kampf gegen seine Beleidiger
„... da sagt Marlene Dietrich nein.“ Der Gerichtsberichtserstatter Moritz Goldstein (1880–1977)
Ausgewählte Literatur zu Leben und Werk
Manfred Voigts VORWORT
In ruhigen Zeiten kommt ein durchschnittlicher Bürger eigentlich nicht vor Gericht. In unruhigen Zeiten ist das anders, die sozialen ebenso wie die poli tischen Bewegungen und Brüche bringen es mit sich, daß im Gerichtssaal ein fast vollständiger Querschnitt der Gesellschaft vor den Richter tritt. So war es in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren: Der Existenzkampf breiter Schichten war durchzogen von kleinen und großen Straftaten, die Möglichkeiten eines steilen Aufstieges ermunterten zu Betrügereien, die politischen Auseinandersetzungen, oft handgreiflich ausgetragen, trafen oft genug Unbeteiligte. Die Berichte über Gerichtsverhandlungen konnten in diesen Jahren den Zustand der Gesellschaft in seiner extremen Zerrissenheit und Unruhe besser darstellen als eine soziologische Untersuchung – wenn sie so scharf beobachtend und zugleich mitfühlend waren wie die Gerichtsreportagen von Moritz Goldstein.
Moritz Goldstein war Jude, er war assimiliert, groß geworden im Kaiserreich Wilhelms II. Das war die Zeit, in der die Uniform, der Talar oder die Richterrobe noch Bedeutung hatten und soziale Distanz und obrigkeitliche Macht symbolisierten. Der Gehrock als Zeichen besonderer Würde und Verantwortung wurde noch von Konrad Adenauer getragen. Goldstein kritisierte 1931 in einem Artikel den „Uniformgeist“. Der demokratischen Weimarer Republik stand Goldstein zunächst kritisch bis abwartend gegen über, sein Begriff der hohen Kultur konnte sich mit den neu aufkommenden kulturellen Tendenzen nur langsam arrangieren. Moritz Goldstein war Jude, 1912 erschien sein aufsehenerregender Aufsatz „Deutsch-jüdischer Parnaß“, in dem er die Juden aufforderte, ihre eigene Kultur zu schaffen. „Warum gibt es so viele jüdische Journalisten?“ – fragte er dort.
Ein Journalist ist ein Spiegel: die Bilder des Tages auffangen und zurückwerfen, das ist seines Wesens. Ist es jüdisch, nur Spiegel zu sein, statt selbst zu schaffen? Ihr behauptet es, viele glauben es. Ich aber sage: nein! Sondern wer nichts war als ein Spiegel, anschmiegsam, gewandt, wer sich abzufinden, vorliebzunehmen wußte, der kam in unsrer jüdisch-halben Situation obenauf. So mußte man sein, um sich in einer Umgebung