Heißes Blut. Un-su Kim

Heißes Blut - Un-su Kim


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hat einen Mercedes. Was machst du also mit einem Espero?«

      »So schlecht ist er nicht.«

      »Ach was, der ist scheiße.«

      Yangdong wischte sich einen Aschekrümel vom Ärmel. »Gib mir mal eine Zigarette.«

      Huisu gehorchte.

      Yangdong zündete sie an und blies eine lange Rauchfahne in den Raum. »Weißt du, die Leute in Guam ärgern sich über Vater Son. Er hat alles und zieht beim geringsten Risiko den Schwanz ein. Aber die Abgaben, die will er natürlich haben. Guam gehört ihm aber nicht, das Meer, die Wellen, der Strand da draußen, jedes Sandkorn, das alles gehört ihm nicht. Es reicht, die Sons haben genug profitiert. Soll das etwa noch Generationen so weitergehen? Halten die sich für Kim Il-sung oder Kim Jong-il, oder was? Und damit ist auch eigentlich alles gesagt. Wenn wir endlich für das viele Blut, das wir vergossen haben, belohnt werden wollen, müssen wir einen Kader aus jungen Leuten bilden, viel Geld verdienen und stolz und reich leben. Dann können wir das Mallijang mit links übernehmen, den Alten zermalmen und seine Reste zusammenkehren.«

      Huisus Gesichtszüge verhärteten sich. Yangdong, der die Veränderung sah, hielt inne.

      »Sie wissen doch, dass ich Sie mag, Großer Bruder Yangdong?«

      »Ja, das weiß ich.«

      »Gut, dann werde ich so tun, als hätte dieses Gespräch niemals stattgefunden.«

      Huisu stand auf.

      Mit betretener Miene sagte Yangdong: »Huisu, wenn du nicht zeitgleich mit Vater Son im Grab landen willst, rate ich dir, die richtige Entscheidung zu treffen. Der Alte erwartet nichts mehr. Und es heißt doch, man soll sich nicht einem Menschen anschließen, der nichts mehr vom Leben erwartet, oder? Weißt du, warum mein Leben, in meinem Alter, so erbärmlich ist? Weil ich in meiner Jugend an Vater Son geraten bin.«

      Wütend drückte Yangdong seine Zigarette im Aschenbecher aus. Ohne die geringste Notiz davon zu nehmen, machte Huisu eine tiefe Verbeugung und verließ das Büro. In einer Ecke der Lagerhalle scherzte Danka gerade mit der Sekretärin mit dem festen Hintern. Huisu öffnete die Beifahrertür des Wagens und setzte sich hinein. Sofort kam Danka angelaufen und klemmte sich hinters Steuer. Anstatt loszufahren, nahm er Huisus Gesicht unter die Lupe, um vielleicht einen Hinweis auf den erfolgreichen Verlauf des Gesprächs darin zu entdecken.

      »Was soll das?«, fragte Huisu.

      »Wie bitte?«

      »Los, wir fahren zurück.«

      Danka ließ den Motor an, und der Wagen setzte sich in Bewegung. Huisu blickte schweigend aus dem Fenster. Es war Nachmittag und die Küstenstraße unten am Berghang kaum befahren.

      »Ist es gut gelaufen mit Großem Bruder Yangdong?«, fragte Danka, auf Huisus Reaktion lauernd.

      Huisu schwieg. Dann sagte er, ohne den Blick vom Fenster abzuwenden: »Pass auf, wie du dich verhältst, Danka. So verblödet ist Vater Son nicht. Wenn du den Reden von Großem Bruder Yangdong zu offen beipflichtest, läufst du Gefahr, aufs Kreuz gelegt zu werden und nicht mehr so lange zu leben, wie du leben solltest.«

      Danka blickte starr geradeaus; er sagte kein Wort. Vielleicht lag es nur an der Sonne, doch sein Gesicht schien sich leicht gerötet zu haben.

      ALKOHOL MITTEN AM TAG

      An einem Tisch auf der Terrasse des Mallijang saßen Vater Son und Dodari. April war dafür die ideale Jahreszeit: Die von den Japanern gepflanzten Kirschbäume standen in voller Blüte, und ihre zarten Blütenblätter wirbelten schon mit dem Wind davon. In der angenehm warmen Sonne konnte man das schöne Meer von Guam genießen, das zwischen den Bäumen durchschimmerte. Diese wunderbare Zeit vor dem überreifen Frühling und dem kämpferischen Sommer war jedes Mal viel zu kurz.

      Huisu kam auf die Terrasse. Vater Son trank gerade seinen Ginsengtee, während Dodari wie jeden Nachmittag Wodka schlürfte. Er hatte schon die halbe Flasche intus, und sein Gesicht war gerötet. Es war nicht der Billigwodka, mit dem Yangdong den Markt von Busan überschwemmte, sondern eine der Flaschen, die Huisu in endlosen Verhandlungen den Russen am Hafen von Gamcheon hatte abluchsen können. Selbst in Russland war diese Marke sehr beliebt, mehr als ein paar Flaschen waren nicht drin gewesen. Und nun kippte dieser Drecksack Dodari, der keinen Tropfen Schweiß dafür vergossen hatte, das kostbare Gesöff mitten am Nachmittag in aller Seelenruhe in sich hinein.

      Vater Son hatte früher eine kleine Schwester namens Son Sumi gehabt. Sie war groß gewachsen, schmal und so zart, als könnte jeder Windhauch sie wie trockenes Laub davontragen. Vater Son hatte sie über alles geliebt, zumal sie damals seine letzte noch lebende Verwandte war. Seit ihr gemeinsamer Vater in jungen Jahren in Gwangbok-dong von dem amerikanischen Soldaten erstochen worden war, hatte sich Vater Son um seine kleine Schwester gekümmert wie um eine Tochter. Sie hatte dann einen gewissen Chae geheiratet, einen Typen, der fünfzehn Jahre älter war als sie und ein leidenschaftlicher Tänzer. Aber eben auch ein krummer Hund, ein flatterhafter Kerl und Betrüger, der permanent in irgendwelche Skandale verwickelt war. In nüchternem Zustand trug er seine Frau auf Händen, doch kaum hatte er getrunken, fing er an, sie zu schlagen. Das tat er bei allen Frauen, mit denen er verkehrte, und trotzdem waren manche unsterblich in ihn verliebt, so eben auch seine Ehefrau Son Sumi. Den Männern von Guam war es ein Rätsel.

      Unter normalen Bedingungen hätten Son Sumi und Chae gar nicht heiraten können. Vater Son hätte ein übles Subjekt wie ihn als Ehemann für seine einzige Schwester niemals akzeptiert. Aber Chae hatte Son Sumi, bevor er um ihre Hand anhielt, sicherheitshalber ein Kind gemacht. Und dieses Kind war Dodari. Dodari war der Grund, warum Vater Son nicht anders konnte, als dieser Ehe zuzustimmen. Son Sumi war immer zerbrechlich und anfällig gewesen, doch nach der Entbindung hatte sich ihr Zustand noch verschlechtert: Ihr Körper produzierte nicht einmal Milch. In einer verregneten Nacht lief Son Sumi dann vor den Schlägen ihres betrunkenen Mannes aus dem Haus. Sie holte sich eine Lungenentzündung, und als sie daran starb, waren ihre Handgelenke und ihre Brust noch übersät mit blauen Flecken.

      Einen Monat nach Son Sumis Beerdigung verschwand Chae. Manche sagten, er sei vor Vater Sons Zorn nach Japan geflohen, andere meinten, er habe auf den Philippinen eine Tanzschule eröffnet. Aber das waren nur Gerüchte. Huisu glaubte, dass Vater Son damals seinen ersten nicht geschäftlich motivierten Mord in Auftrag gegeben hatte.

      Huisu nahm an Vater Sons Tisch Platz.

      »Was soll ich Ihnen bringen, Großer Bruder?«, fragte Mau, der ihm wie ein Schatten gefolgt war, und schaute dabei auf die Wodkaflasche.

      »Alkohol mitten am Nachmittag? Für wie abgehalftert hältst du mich? Bring mir einen Kaffee. Aber einen starken.«

      Mit dem Wodkaglas in der Hand starrte Dodari ihn böse an.

      »Wie weit bist du mit Chef Og?«, fragte Vater Son.

      »Ich habe ihn auf die Kastanieninsel gebracht. Der hier …«, Huisu deutete mit dem Kinn auf Dodari, »… hat ihn dermaßen demoliert, dass es mindestens einen Monat dauern wird, bis man die Spuren nicht mehr sieht.«

      »Wer ist außer Daeseong noch auf der Insel?«

      »Sein älterer Bruder Daeyeong.«

      »Lassen sie immer noch Leichen verschwinden, diese beiden Bluthunde? Früher haben sie sie zerkleinert und damit ihre Heilbutte gefüttert.«

      »Auf Anfrage würden sie nicht Nein sagen. Aber so etwas ist heutzutage nicht mehr üblich.«

      »Stimmt. Heutzutage ist es üblich, jemandem auf offener Straße ein Messer in den Leib zu rammen und dann abzuhauen«, nickte Vater Son traurig. »Hoffentlich muss Chef Og bei diesen Brüdern nicht allzu viel einstecken.«

      »Ein bisschen mit den Zähnen klappern wird er schon«, grinste Huisu.

      »Ihr wollt ihn also hübsch am Leben lassen und warten, bis die blauen Flecken weg sind? Wenn wir einen Marionettenchef verschonen, der einen unserer Läden an Yongkang abgetreten hat, wie sollen die Leute dann noch die Ordnung respektieren?«,


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