Red Dirt Heart: Sengende Erde. N.R. Walker

Red Dirt Heart: Sengende Erde - N.R. Walker


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sehen die Rinder aus?«

      Meine Frage verwirrte ihn. »Ähm, gut. Sie sehen wirklich gut aus.«

      »Wir erwarten bald eine Zwei-zu-eins-Abkalbung«, sagte ich ihm. »Ziemlich gute Zahlen für diese Gegend, stimmt's?«

      Er nickte, offensichtlich noch immer unsicher, worauf ich mit diesen Fragen hinauswollte. »Ja, besser als bei den meisten.«

      »Und mein Team hier«, sagte ich und sah zurück zum Hof, »jeder von ihnen könnte diese Farm leiten, wenn es sein müsste. Und das haben sie. Ich vertraue ihnen und sie vertrauen mir.«

      Er blinzelte. »Und?«

      »Ich wollte nur etwas klarstellen«, sagte ich einfach. »Egal, ob diese Gerüchte stimmen oder nicht, es macht keinen verfickten Unterschied, wie ich diese Farm leite.«

      Sein Mundwinkel zuckte, als würde er ein Lächeln unterdrücken. Er schwieg einen Moment. »Erinnerst du dich an das letzte Mal, als ich mit meinem Dad hier war? Ich war ungefähr sechzehn. Du warst, ich weiß nicht, wahrscheinlich zehn.«

      In dem Alter war es ein Dutzend Mal vorgekommen. »Ja?«

      »Dein Dad hat meinem Dad erzählt, dass ein Farmer Wasser aus seinem Bohrloch verloren hat und du hast gesagt, dass es keinen Sinn ergibt. Du meintest, dass das Wasser wahrscheinlich eher zu salzig ist und die Rinder einfach mehr trinken.«

      Ich lachte. Ich hatte vergessen, dass ich das gesagt hatte. »Ja.«

      »Das werde ich nie vergessen«, sagte er. »Als wir von hier weg die Straße runtergefahren sind, hat mein Dad gesagt: Dieser junge Charlie ist nicht dumm. Er wird einer der besten Farmer hier draußen werden, wenn man ihm die Chance gibt.«

      »Das hat er gesagt?«

      Scott nickte. »Jap. So wahr ich hier stehe. Und weißt du was?«

      »Was?«

      »Du hattest recht. Dad hat den Kerl angerufen und ihm gesagt, dass er die PH-Werte testen soll.«

      Ich prustete. »Wenn es um die Landwirtschaft geht, habe ich normalerweise recht.« Dann fügte ich hinzu: »Na ja, das sollte kein Eigenlob sein. Ich wollte nur, dass du siehst, dass nichts anders ist, ob die Gerüchte nun stimmen oder nicht. Das ist alles.«

      Scott blickte über die Weide, als würde es die Sache leichter machen, wenn er mich nicht ansah. »Dann stimmten die Gerüchte?«

      »Dass ich schwul bin?«, fragte ich. »Oder dass ich dem alten Jack Melville gesagt habe, er soll sich seine veraltete Ansicht über die Landwirtschaft dahin schieben, wo die Sonne nicht scheint? Oder dass ich Jason Fisher wiederholt ins Gesicht geschlagen habe?« Ich zuckte mit den Schultern. »Eigentlich stellt sich die Frage nicht. Alles stimmt.«

      Dieses Mal lachte Scott. »Du hast dich nicht verändert.«

      Ich lächelte. »Nope.«

      Wir unterhielten uns noch eine Weile über die Arbeit und kurze Zeit später hörten wir den Pick-up kommen. Ma hatte für unsere Gäste ein Mittagessen aus unserem eigenen Fleisch vorbereitet, das sie auf verschiedene Arten zubereitet hatte: gepökelt, gebraten, gehackt und in Scheiben, zusammen mit einer großen Auswahl an Würzsoßen und warmem, frisch gebackenem Brot. Sie musste vollkommen fertig sein, weil sie den ganzen Vormittag über gekocht hatte.

      Blake und Travis lächelten, als sie ankamen, genau, wie ich es gehofft hatte. Es war lustig, zu sehen, wie sich Neulinge an unseren Tisch setzten und aßen. Ja, wir waren Kollegen, ähnelten aber sehr viel mehr einer Familie. Es fing leise und zögerlich an, aber als die Platten in der Mitte leer waren, gab es die üblichen Gespräche und das Lachen. Ganz zu schweigen davon, dass das Handelsmagazin mit meiner hässlichen Visage auf dem Cover noch immer die Pointe einiger Witze war.

      Kurz bevor wir fertig waren, erschien Nara in der Tür. Sie zuckte zusammen und entschuldigte sich. »Tut mir leid, Mr. Sutton. Ich dachte, Sie wären fertig. Ich kann wiederkommen.«

      Ich wusste, dass es etwas Wichtiges sein musste, wenn sie uns unterbrach. »Was ist los, Nara?«

      Verlegen trat sie ein, einen jammernden Nugget und eine noch immer volle Flasche in der Hand. »Er will nicht trinken. Ich hab es versucht und Ma auch. Er hat seine morgendliche Fütterung nicht bekommen und jetzt diese…«

      Alle Blicke richteten sich auf mich und ein paar Leute versuchten, ihr Lächeln zu unterdrücken. Billy grinste einfach halb, wie er es immer tat. Ich seufzte laut und lang gezogen. »Gib ihn her.«

      Sobald der kleine Scheißer in meinen Armen war, schmiegte er sich an mich und in dem Moment, in dem ich ihm die Flasche ans Maul hielt, trank er, als würde er verhungern. Ich schüttelte den Kopf. Jemand lachte. »Das ist nicht lustig«, sagte ich, aber alle anderen am Tisch schienen der Meinung zu sein.

      Ich sah Scott an. »Du willst nicht zufällig einen Wombat mit zurücknehmen?«

      Scott lachte einfach nur, aber der Tierarzt in ihm war sofort an dem kleinen, glücklichen Tierchen in meinen Armen interessiert. »Wombats sind hier draußen nicht sehr verbreitet«, sagte er. »Wie hast du ihn bekommen?«

      Travis antwortete. »Hab eine tote Mutter an der Straße gefunden.« Scott nickte. Leider war das nicht überraschend. Dann sagte Travis: »Er ist völlig in Charlie vernarrt. Seit wir aus Kakadu wieder da sind, scheint er der Einzige zu sein, von dem er sich füttern lässt. Er schläft auch unter seinem Arm.«

      »Zerkratzt mir den Brustkorb«, fügte ich hinzu. »Ich bekomme mit Sicherheit Narben.«

      Scott lachte. »Er scheint zu glauben, dass du seine neue Mutter bist.« Er musterte den kleinen Kerl eine Weile. »Er sieht aus, als wäre er etwa ein Jahr alt. Bis zum zweiten Lebensjahr wird er von dir abhängig sein. Im Verlauf des nächsten Jahres kannst du ihm Gras, Getreide und Spezialpellets anbieten, um ihn zu entwöhnen.«

      »Ein Jahr?«, sagte ich wahrscheinlich lauter, als ich es hätte tun sollen. Es erschreckte Nugget. »Ja, du«, sagte ich und sah hinunter auf das beleidigte Wombatbaby. »Schau mich nicht so an. Du bist nicht derjenige, der alle drei Stunden aufstehen muss, um dich zu füttern.«

      Ich sah zurück zu dem etwas verträumten Tierarzt und hielt ihm das Babywombat entgegen. »Du bist Tierarzt. Du nimmst ihn.«

      Er hob die Hände, als würde ich auf ihn schießen wollen. »Ich habe drei Kinder, die ihn lieben würden«, sagte er und sein Blick wurde weich, als er sie erwähnte. Dann seufzte er. »Aber meine Frau würde mich umbringen, wenn ich noch ein Tier mit nach Hause bringe.«

      Ich sah Travis an und sagte: »Ich weiß ganz genau, was du meinst.« Er lachte und wusste, dass ich wahrscheinlich dasselbe über ihn sagen würde, sollte er noch weiteres Getier anschleppen.

      Aber dann seufzte Scott. »Ich kann ihn bei einer Wildtierstation abgeben, oder vielleicht nimmt ihn eine der Tierpflegerinnen«, sagte er. »Wenn du das wirklich willst.«

      Ich sah hinunter auf den kleinen Kerl in meinen Armen, der in eine Wollmütze und einen meiner alten Pullover eingewickelt war – denselben Pullover, in dem Travis Matilda gehalten hatte. Nugget trank wieder, seine kleinen Augen waren geschlossen und seine Nase zuckte, während er trank. Er schien zu lächeln. Seufzend verdrehte ich die Augen. »Ne. Es wird ihm schon gut gehen.«

      Travis hatte versucht, nicht zu lachen, aber jetzt schnaubte und lachte er unterdrückt.

      »Das ist nicht witzig«, sagte ich ihm. »Das ist deine Schuld.«

      »Natürlich«, sagte er trocken, ehe er Blake die Hand reichte. »Ich muss wieder an die Arbeit. Denk daran, was ich gesagt habe.«

      Blake lächelte, als er Travis' Hand schüttelte. »Kein Problem.«

      Ich warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass wir bald losmussten, damit Blake pünktlich am Flughafen war. Ich stand auf, als Ma gerade hereinkam, um die leeren Platten vom Tisch zu nehmen.

      Scott erhob sich schnell. »Guten Tag, Mrs. Brown«, begrüßte er sie förmlich.


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