Red Dirt Heart: Sengende Erde. N.R. Walker
gern geschehen, Jungs. Scotty, bitte grüß deinen Vater von mir.«
»Mach ich«, sagte er nickend und ging dann nach draußen.
Ich ließ Scott bei Travis und George zurück und brachte Blake zum Hubschrauber, um Richtung Südwesten nach Alice zu fliegen. Wir hatten es mit dem Flughafen abgesprochen und die Erlaubnis, zu landen und aufzutanken. Es gab einen Helikopterlandeplatz, der regelmäßig von den Ansässigen und auch von Touristen genutzt wurde.
Unsere Unterhaltung war anders als auf dem Hinflug. Er sagte mir, dass ihm gefiel, was er gesehen hatte und dass unsere Herangehensweise, die mehr Rücksicht auf die Tiere nahm – die Kälber länger als sonst bei den Müttern zu lassen, weniger Stress, kürzere Haltung in den Futterboxen, mehr Zeit auf den offenen Weiden – über den Standards in der Industrie lag. Er sagte: »Travis hat davon gesprochen, die Natur der Erde hier draußen zu nutzen, um beim Umgang oder dem Ausmerzen von Problemen mit der Kontrolle von Krankheitserregern zu helfen. Oder so was.« Blake schüttelte den Kopf. »Verrat's ihm nicht, aber da bin ich nicht mehr mitgekommen. Die Fleischindustrie verstehe ich. Die Wissenschaft hinter der Erde nicht wirklich.«
Ich lachte, wahrscheinlich etwas zu laut und heftig. »So ist Travis nun mal.«
»Er ist weit weg von zu Hause«, fügte Blake hinzu. »Aus Texas, hat er gesagt.«
»Ja. Aber er nennt das hier jetzt sein Zuhause.« Ich zuckte mit den Schultern und wollte nicht mehr über Travis sagen. Ich war nicht dagegen, dass die Leute es wussten, wenn es sein musste, aber ich würde nicht unnötig darüber plappern, dass wir schwul waren und was das für Geschäftsabschlüsse und Angebote bedeutete. Blake schien ein anständiger Kerl zu sein, aber er war hier, um übers Geschäft zu reden. Ich hatte nicht vor, sein Sexleben anzusprechen, warum sollte ich es dann mit meinem tun?
Ich wechselte wieder das Thema, deutete nach rechts und zeigte ihm eine Herde wilder Kamele. Verwundert schüttelte er den Kopf. »So seltsam, sie hier draußen zu sehen.«
Ich nickte. Wahrscheinlich hatte er recht. »Sie sind eine Plage, seit man die Eisenbahntrasse zwischen Adelaide und Darwin gebaut hat. Afghanen haben sie vor hundertfünfzig Jahren hierhergebracht. Sie konnten sie nicht wieder mitnehmen, also haben sie sie vermutlich einfach hiergelassen.«
»Eine Plage, hm?«, sagte er gutmütig lächelnd. »So ähnlich wie dein kleiner Wombat.«
Schnaubend schüttelte ich den Kopf. »Zuerst war es ein Känguru und jetzt ein Wombat. Bald sind wir eine Wildtierauffangstation.«
»Ich bin vielleicht etwas vorschnell«, sagte er und seine Stimme klang durch die Kopfhörer etwas zögerlich. »Ich kann nichts versprechen und das ist keine Garantie.«
Ich wartete darauf, dass er die richtigen Worte fand. Wünschte und hoffte, dass er sagte, was ich dachte.
»Nichts ist sicher, bis unsere Tierärzte selbst eine Inspektion durchgeführt haben«, sagte er. »Ich will nur, dass du das weißt.«
»In Ordnung.«
»Aber ich dachte…«, fuhr er nervös fort, »dass, verdammt, meine Frau würde diesen Ort liebend gern sehen.«
Ich lachte bellend. »Jederzeit.«
***
Als ich den Hubschrauber wieder auf Sutton-Erde landete, war es nicht mehr lang bis zum Abendessen und ich war platt. Es war ein großer Tag gewesen. Nicht körperlich, eher mental und so viel Zeit im Hubschrauber zu verbringen, sich zu konzentrieren und zu navigieren, war anstrengend.
Ich wurde von einem grinsenden Travis begrüßt, der hundert Fragen darüber hatte, wie es gelaufen war. »Ziemlich gut, glaube ich«, war in etwa alles, was ich sagte. »Können wir später darüber reden? Ich bin kaputt.«
Kurz darauf war ich im Haus und schon wurde mir Nugget in die Arme geschoben, damit ich ihn fütterte. Beim Abendessen und einem Tisch überladen mit Resten und frischem Brot, erzählte ich allen von meiner Unterhaltung mit Blake und fütterte dann den verdammten Wombat noch ein letztes Mal vor dem Schlafengehen. Ich gähnte und meine Lider waren schwer, weshalb ich nicht protestierte, als mich Travis in unser Zimmer führte.
Nicht, dass ich das jemals getan hätte.
Er umfasste mein Gesicht und küsste mich, sanft, innig und seufzte, als er seine Lippen von meinen löste.
»Ich habe drei Stunden, bevor ich wieder füttern muss«, murmelte ich.
Travis hob mein Kinn. Er lächelte, mit dunklen Augen und rauer Stimme. »Mir fallen viele Dinge ein, die man in drei Stunden machen könnte.«
Als er mir das Shirt über den Kopf zog, fragte ich: »Gehört Schlafen dazu?«
Er schüttelte den Kopf und zog am Knopf meiner Jeans, um sie zu öffnen. »Ab aufs Bett, Charlie«, murmelte er.
Ich fiel auf die weiche, wolkenartige Bettdecke und Travis grinste, als er meine Jeans an den Knöcheln packte und sie mir auszog. Dann strich er mit seiner Nase über jeden Zentimeter meines Körpers und sein stoppeliges Kinn und seine sanften Lippen folgten. Er sorgte dafür, dass ich keine Minute der nächsten drei Stunden verpasste.
***
Als ich das unablässige Hämmern nicht mehr ertragen konnte, ging ich nach draußen. Na ja, ich marschierte eher nach draußen und knallte die Fliegengittertür hinter mir zu, um meinen fehlenden Schlaf und die mangelnde Geduld zu betonen. Ich sah nach oben zum Dach, auf dem Travis hockte. »Könntest du noch lauter hämmern?«
Travis sah grinsend zu mir hinunter. »Jap. Gib mir eine Sekunde.« Er streckte seine Hand zu Bacon aus. »Gib mir den größeren Hammer.«
Ich grummelte. Oder knurrte, oder vielleicht etwas von beidem. Er deckte das Blechdach neu. Typisch Travis brauchte er etwas zu tun und da das Wetter noch immer kühl war, musste er sich gedacht haben, dass jetzt ein guter Zeitpunkt dafür war. Natürlich wollte er meine Hilfe nicht. Ich hatte eine Hausarbeit abzugeben und Bilanzen durchzugehen, also hatte er mir verboten zu helfen und sich stattdessen Bacon geschnappt. Jetzt lächelten beide.
»Du bist nicht witzig.«
Travis lachte. »Soll ich ein Lied hämmern? Wie wäre es mit Funkel, Funkel, kleiner Stern?«
Ich sah ihn finster an. »Wie wäre es mit Halt deine verfickte Klappe? Hast du das Lied schon mal gehört?«
Irgendwo im Haus schimpfte Ma mit mir, weil ich geflucht hatte und Travis warf lachend den Kopf zurück. Ich marschierte zurück in mein Büro und ignorierte ihn noch eine Weile, bis das Hämmern irgendwann aufhörte.
Allerdings rief Travis in diesem Moment: »Charlie? Charlie, das musst du dir ansehen.«
Kapitel 3
Mehr als nur Erinnerungen
Zwei Kartons standen auf dem Küchentisch.
Alt, staubig, vergessen.
Ich hatte keine Ahnung, was da drin war und ich hatte beinahe Angst davor, nachzusehen. Offensichtlich waren sie im Dachstuhl in Sicherheit gebracht worden – oder versteckt – und seit Jahren nicht angerührt worden.
Was mich zurückhielt, waren mein Name und Geburtsdatum, die in der Handschrift meines Vaters auf den Kartons standen.
Und mir Angst machten.
»Charlie«, sagte Travis leise. Er stand neben mir, ebenso wie Ma. Bacon, der geholfen hatte, sie runterzubringen, war nun verschwunden. »Willst du sie aufmachen?«
Ich nickte, dann schüttelte ich den Kopf. »Ich weiß nicht.«
»Du musst nicht«, flüsterte er. »Ich kann sie in den Schuppen bringen, bis du bereit bist.«
Ich dachte, ich hätte das hinter mir gelassen. Ich dachte, ich hätte mich mit meinem Vater, seinen verletzenden, intoleranten Worten und seinem enttäuschten Blick abgefunden. Ich dachte, ich hätte meine Vergangenheit akzeptiert und weitergemacht.