Die zehn Lebensempfehlungen des Yoga. Alexander Kobs

Die zehn Lebensempfehlungen des Yoga - Alexander Kobs


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sich innere Ressourcen und Kraftquellen? Wie kann ich mich von körperlichen Spannungen und mentalem Ballast lösen?

      Stress ist ein weit verbreitetes Phänomen in der modernen Gesellschaft. Bereits 1994 titelte das Magazin Focus Stress – der Krankmacher Nr. 1 und Seuche des 20. Jahrhunderts, und diese Headline lässt sich problemlos auch ins 21. Jahrhundert übertragen. Im Januar 2011 lautete der Leitartikel des Magazins Spiegel Ausgebrannt – Das überforderte Ich; anhand von Einzelschicksalen und Untersuchungen wird hier gezeigt, wie Burn-out, Stress und Depressionen Millionen Deutsche epidemienartig heimsuchen.2 Solche Aufmacher zieren also auch heutzutage regelmäßig die Titelseiten der Zeitschriften und anderer Medien in Deutschland. Beruflicher Stress wurde inzwischen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu „einer der größten Gefahren des 21. Jahrhunderts“ erklärt.

      Durch ständig steigende Anforderungen und zunehmende Leistungsverdichtung bleiben Gesundheit und Ganzheitlichkeit oft auf der Strecke – mit schwerwiegenden physischen und mentalen Konsequenzen.

      Yoga unterstützt uns dabei, wirksam gegen Stress vorzugehen und eine gesunde Stressresistenz aufzubauen. Da der Mensch im Yoga als mehrdimensionales Wesen gesehen wird, kann der Praktizierende die für ihn passenden Übungen auf vier Ebenen auswählen.

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       Abbildung 1: Warum kommen Menschen zum Yoga?

      Physische Ebene: Viele Menschen besuchen Yoga-Kurse aufgrund von körperlichen Beschwerden, wie zum Beispiel Verspannungen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Problemen mit der Schilddrüse oder Bluthochdruck. Bestimmte Reinigungstechniken (Shatkarmas) lösen festsitzende Schlacken im Körper und stärken das Immunsystem. Flexibilität und Stärke werden durch Körperübungen (Asanas) wiedergewonnen. Darüber hinaus ist Yoga ein anerkanntes Mittel, um Krankheiten vorzubeugen und das Wohlbefinden aufrechtzuerhalten.

      Mentale Ebene: Spezielle Übungen wie systematische Entspannungsübungen oder Konzentration auf den Atem helfen zum Beispiel bei Konzentrationsschwäche. Des Weiteren kann auch die Instanz eines inneren neutralen Beobachters erfahren werden – verknüpft mit einem „Loslassen“ sowie einem „Im-Hier-und-Jetzt-Sein“. Solche Kompetenzen tragen zur besseren Bewältigung diverser persönlicher, beruflicher und familiärer Herausforderungen bei. Das Loslassen half mir beispielsweise sehr konkret bei jahrelangen, schweren Schlafstörungen. Heute schlafe ich schnell und tief ein, was mich morgens ausgeruht und mental stabil in den Alltag gehen lässt.

      Energetische Ebene: Energie beeinflusst unsere Stimmungen und Gedanken: Beispielsweise verspüren wir eine innere Schwere oder innere Leichtigkeit, wir sind träge oder beschwingt. Yoga kann – je nach angewandter Übungsform – Energien in uns aufbauen oder besänftigen und dadurch ausgleichend wirken. Nach meinen ersten Yoga-Stunden als Teilnehmer registrierte ich zudem erstaunt, wie erleichtert und energetisch aufgeladen ich mich fühlte, obwohl doch scheinbar im Unterricht so wenig passierte. Es tat mir gut, wieder aufrecht zu gehen und tiefer zu atmen. Bekannte fragten ernsthaft, ob ich „gewachsen“ sei. Durch die Energiearbeit des Yoga kam ich auch mit meinem Alltag besser zurecht.

      Spirituelle Ebene: Die innere Auseinandersetzung mit dem Yoga führt zu der Erkenntnis, dass der Mensch aus mehr besteht als nur aus dem sichtbaren physischen Körper. Während wir uns körperlich, energetisch, gedanklich und gefühlsmäßig besser kennen lernen und verstehen, entwickeln wir zusätzlich mithilfe der Yoga-Philosophie eine Vorstellung davon, wer wir im Kern unseres spirituellen Wesens eigentlich sind und in welchen Lebensbereichen wir eventuell noch weiter an uns arbeiten sollten. Hier können beispielsweise folgende Fragen auftauchen:

      •Wer bin ich?

      •Was ist der Sinn meines Daseins?

      •Wo liegen die Potenziale, die ich im Leben entdecken will?

      •Wo stoße ich auf (eventuell immer dieselben) Schwierigkeiten?

      •Wie kann ich mit weniger Furcht und Schmerz leben – und stattdessen mit mehr Freude und Leichtigkeit?

      •Wie kann ich tieferen Zugang zu meiner Spiritualität erlangen?

      Möglicherweise gibt das Studium des Yoga hierauf tiefgreifende Antworten. Beeinflusst werden diese Fragen:

      •dadurch, wer wir sind,

      •dadurch, was wir denken und fühlen,

      •dadurch, was wir von uns selbst halten,

      •dadurch, was wir tatsächlich tun (oder auch nicht tun),

      •durch die Situationen, in die wir uns begeben oder geraten,

      •durch die Menschen, mit denen wir zusammen arbeiten und leben,

      •durch Einflüsse, die aus der planetarischen Gemeinschaft wirken (wirtschaftlich, politisch, sozial und ökologisch).

      In diesen Spannungsfeldern voller Herausforderungen geben Yamas und Niyamas wertvolle Hinweise. Welcher Art diese Empfehlungen sind, ist Thema dieses Buches.

      Der königliche Weg des Raja-Yoga

      Ein Haus bedarf fester Fundamente. Ohne die Grundregeln von Yama und Niyama zu praktizieren, die ein festes Fundament für den Aufbau des Charakters bilden, kann es keine einheitliche Persönlichkeit geben. Wenn man die Asanas ohne Yama und Niyama ausführt, sind sie nichts anderes als Akrobatik.

      B. K. S. IYENGAR3

      Yoga definiert sich als praktisch-methodischer und zugleich als psychologischer und mystischer Übungsweg, der seit Jahrtausenden hilft, verborgenes Potenzial im Menschen zu erkennen und zu entfalten. Die Philosophie des Yoga beinhaltet eine reichhaltige Sammlung von Empfehlungen, Techniken und ethischen Grundhaltungen, mit denen der Schüler durch Selbststudium und regelmäßige Übungspraxis schrittweise Erfahrungen auf seinem Weg sammelt. Ziel ist letztlich, den Suchenden seiner wahren Wesensnatur entgegenzuführen.

      In einer Zeit von zunehmendem Stress, größer werdender Komplexität und ständig wachsenden Bedürfnissen bietet der Yoga Werkzeuge, die die Entwicklung von Gesundung, innerer Harmonie, geistiger Klarheit und friedvollen Beziehungen fördern. Seine Lehren sind dabei nicht auf eine bestimmte Erdregion, Menschengruppe, Religion oder ein bestimmtes Alter oder Geschlecht beschränkt. Der Wissens- und Erfahrungsschatz ist für jeden verfügbar und nutzbar. Was zählt, ist die eigene Bereitschaft, sich auf die Übungen und Philosophie einzulassen und diese umzusetzen.

      Patanjali beschreibt als ein Ziel des Yoga die Beseitigung allen Leidens. Als Weg dorthin empfiehlt er Ashtanga-Yoga, die achtblättrige Blüte des Yoga. Swami Vivekananda nannte diese Übungsmethodik Raja-Yoga, den königlichen Weg.

       Abbildung 2: Raja-Yoga – Der königliche Yoga-Weg

      Der achtgliedrige Aufbau beleuchtet die systematische Struktur des Raja-Yoga. Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, egal ob Familienvater oder Eremit, können ihn gleichermaßen beschreiten. Patanjali verspricht Balance und Harmonie auf physischer, mentaler, energetischer und spiritueller Ebene – mit anschließender Verwirklichung und Entfaltung der innersten Persönlichkeit. Die Erkenntnis über das wahre Selbst wird nicht im Außen gesucht. Tief


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