Die Revolution der Städte. Henri Lefebvre
des städtischen Raumes sprechen, auf der Straße bewirkt durch das Bild, die Werbung, das Schauspiel der Dinge: durch das »System der Dinge«, die zu Symbolen und Schauspiel wurden. Die Vereinheitlichung des Rahmens – sie ist in der Modernisierung alter Straßen sichtbar – führt dazu, daß nur die Dinge (Waren) Farben und Formen besitzen und somit verlockend wirken. Und wenn die Behörde Prozessionen, Maskeraden, Bälle und folkloristische Feste genehmigt, dann wirkt die Besitzergreifung und Wiederinbesitznahme der Straße durch den Menschen wie eine Karikatur. Eine echte Inbesitznahme – die »Demonstration« – wird von den Kräften der Unterdrückung bekämpft, die Schweigen und Vergessen gebieten.
Gegen das Monument. Das Monument ist seinem Wesen nach repressiv. Es ist Sitz einer Institution (Kirche, Staat, Universität). Wenn es um sich her um einen Raum organisiert, dann, um ihn zu kolonisieren, zu unterdrücken. Alle großen Monumente wurden zum Ruhme von Eroberern, zu Ehren der Mächtigen errichtet. Seltener zu Ehren von Toten oder der toten Schönheit (das Tadsch Mahal ...). Sie waren Paläste und Grabmäler. Es war das Unglück der Architektur, daß sie Monumente erstellen wollte, und daß Behausungen entweder Monumenten nachgebildet oder aber vernachlässigt wurden. Versucht man aber, Behausungen zu Monumenten zu machen, dann ist das immer eine Katastrophe, die allerdings die Betroffenen nicht erkennen. Die Pracht des Monumentes ist ja eine formale. Und da ein Monument stets überaus symbolträchtig ist, bietet es diese Symbole dem sozialen Bewußtsein und der (passiven) Betrachtung an, und zwar zu einem Zeitpunkt, da sie nicht nur bereits überholt sind, sondern ihren Sinngehalt verloren haben. Man denke nur an die Revolutionssymbole auf Napoleons Arc de Triomphe.
Für das Monument. Es ist die einzige Stätte eines Kollektivlebens (Gesellschaftslebens), die man sich vorstellen kann. Es beherrscht zwar, aber um zu versammeln. Schönheit und Monumentalität gehören zusammen. Die großen Monumente reichten über ihre Funktionen (Kathedralen) und sogar über die Kulturen (Grabmäler) hinaus. Daher rührt ihre ethische und ästhetische Macht. Monumente projizieren ein Weltbild auf den Boden, so wie die Stadt eine Gesellschaftsordnung (die Gesamtheit) auf die Erde projizierte und projiziert. Ins Herz eines Raumes, wo die Merkmale einer Gesellschaft zusammentreffen und zur Banalität werden, bringen Monumente eine Transzendenz, ein Anderswo. Immer schon waren sie u-topisch. In die Höhe oder in die Tiefe, in eine Dimension, die jenseits des städtischen Bereichs liegt, erhoben sie die Stimme der Pflicht oder der Macht oder des Wissens, der Freude, der Hoffnung ...
* Die Bibliographie ist heute umfangreich, nachdem das Problem auf Grund eines berühmt gewordenen, mit »Asiaticus« gezeichneten Artikels (erschienen in Rinascita, Rom 1963) wieder aktuell geworden war. Vgl. die Artikel von J. Chesneaux (La Pensée, Nr. 114 und 122); M. Godelier (Les Temps modernes, Mai 1965). Das Standardwerk bleibt aber Wirtschaft und Gesellschaft Chinas von K. A. Wittfogel (Leipzig 1931). Texte von Marx in: Grundrisse und Kapital.
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