Zucker im Tank. Andreas Zwengel

Zucker im Tank - Andreas Zwengel


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kann das ja wohl keiner unterstellen, Herr Bach“, sagte Berger mit bedeutungsschwangerer Stimme.

      Der Kopf des Lehrers fuhr zu ihm herum. “Was wollen Sie damit sagen?“

      “Nichts von Bedeutung.“

      “Das dachte ich mir.“

      Garth schüttelte nur den gesenkten Kopf.

      “Das hat ja wohl alles keinen Zweck“, begann Bach beschwichtigend. “Wie jeder im Raum weiß, vertritt Herr Berger nicht nur die üblichen Vorurteile gegen Personen, die nicht dem gängigen Erscheinungsbild entsprechen. Der erwähnte Mitbürger ist ihm darüber hinaus persönlich ein Dorn im Auge.“

      “Das ist Verleumdung“, brüllte Berger. “Ich habe keine Vorurteile. Der Kerl kurvt den lieben langen Tag durch die Gegend und keiner weiß so genau, was er eigentlich macht. Ich habe meinen Verdacht auch schon der Polizei gegenüber geäußert. Die hat meinen Hinweis jedenfalls ernst genommen.“

      “Hatte der kleine Gernhardt nicht mal was mit Bergers Tochter?“, tuschelte Rudolf Kernstein, der Geschäftsführer von Garths Autohaus, mit seinem Sitznachbarn Hellmuth Ziegler, der immer noch einen leicht glasigen Blick hatte.

      “Tja“, sagte Ziegler endlos gedehnt, “kurz nach seiner Scheidung, ging aber nur ein paar Wochen. Berger hat wirklich genug Gründe, Felix nicht zu mögen.“

      Beide kicherten leise.

      “Seht ihn euch doch nur mal an“, wetterte Berger weiter. “Und dann seine Kumpel aus dem Viertel, die inzwischen glücklicherweise verschwunden sind. Ich bitte euch! Dass solche Leute mit Drogen handeln, ist für mich alles andere als weit hergeholt.“

      Bach legte bedeutungsvoll die Handflächen auf den Tisch und beugte sich vor. “Aber dafür gibt es doch nicht den geringsten Beweis. Das Ganze erweckt in mir den Anschein, als wollten wir so schnell wie möglich einen Schuldigen finden, den wir der Polizei präsentieren können, damit die Angelegenheit unter den Teppich gekehrt werden kann.“

      “Na prima, jetzt hat auch der Herr Lehrer verstanden, weshalb wir hier sind“, spottete Dörr. “Wissen Sie, was ich glaube?“

      “Dass die Erde eine Scheibe ist?“

      Sofort war der Raum wieder von wildem Gebrüll erfüllt.

      Krabbe lehnte sich zu Garth hinüber und senkte unnötigerweise seine Stimme. “Was machen wir mit Chloe?“ Dabei benetzte er ihn mit seiner feuchten Aussprache. Garth hatte bei der Sitzplatzverteilung nicht aufgepasst und zu spät gemerkt, dass der Platz neben ihm frei gewesen war. Krabbe, der jede Gelegenheit nutzte, in Garths Nähe zu kommen, hatte die Gelegenheit genutzt, sich an ein paar Platzsuchenden vorbeigedrängt und sich schneller, als es höflich oder schicklich gewesen wäre, auf den freien Stuhl gesetzt.

      “Sie war ja immerhin mal mit Felix verheiratet?“, fuhr er sprühend fort. Garth deckte seine Kaffeetasse mit der flachen Hand ab und gab sich keine Mühe, es unauffällig zu tun.

      “Ich regele das schon“, versicherte er und erhob sich. Eine Weile lang nahm keiner von ihm Notiz, aber langsam kehrte Ruhe ein. Garth wartete geduldig ab, bis er die Aufmerksamkeit von allen besaß. Es überraschte ihn nicht, dass bei dieser Sitzung nicht der geringste Fortschritt erzielt worden war. Er sah in die erwartungsvollen Gesichter und wusste genau, was sie wollten. Er sollte ihnen sagen, sie könnten beruhigt nach Hause gehen und ihren Freunden und Familien erzählen, dass alles gut werden würde. Ihr Bürgermeister würde das Kind schon schaukeln, sie selbst seien von jeder Sorge oder Verantwortung entbunden. Aber das konnte er ihnen nicht sagen, weil es nicht stimmte und sie es auch nicht glauben würden. Dann gingen sie stattdessen nach Hause und riefen: Packt die Koffer, der Bürgermeister hat auch keine Ahnung, wie es weitergehen soll!

      “Herrschaften, nachdem wir jetzt die verschiedenen Meinungen gehört haben, will ich Folgendes sagen: Wir werden uns nicht in die Ermittlungsarbeit der Polizei einmischen und schon gar nicht werden wir ihnen einen möglichen Täter liefern. Leider können wir nicht mehr ungeschehen machen, dass Rolf gegenüber der Polizei etwas zu laut gedacht hat, damit müssen wir leben. Wenn er sich nämlich irrt und herauskommt, dass die Gemeindevertretung von Ginsberg zur Hexenjagd aufgerufen hat, wird die Presse erst recht über uns herfallen. Wir werden vorerst abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln, aber bis dahin will ich keinen von euch auch nur in der Nähe einer Fernsehkamera oder eines Mikrofons sehen. Villeroy wird den Kontakt zur Presse übernehmen. Und jetzt raus hier!“

      Der Gemeindevertretung erhob sich geschlossen und strebte zur Tür. Garth fing Berger ab und führte ihn lächelnd zur Seite. “Eine Kleinigkeit noch, Rolf. Wenn du das nächste Mal das Bedürfnis hast, mir gegenüber so das Maul aufzureißen, kommst du in die Wurst. Verstanden?“

      Villeroy wartete, bis die eiligen Schritte des Metzgers verklungen waren, dann räusperte er sich dezent.

      “Wie sieht es aus?“, fragte Garth.

      “Die Polizei hat alles abgesperrt, aber natürlich ist da draußen die Hölle los. Wer nicht an der Brandstelle ist, steht vor dem Rathaus. Ich habe mit einem Kripobeamten gesprochen und er wird uns auf dem Laufenden halten. Aber bevor nicht die Spurensicherung eingetroffen ist, sagen sie gar nichts.“

      “Das ist natürlich ein Fest für meine Konkurrenten“, murmelte Garth düster. “Hat sich schon einer von ihnen zu Wort gemeldet?“

      Villeroy schüttelte den Kopf. “Gernhardt würde eher auf die Presse schießen, als mit ihnen zu reden, und Stark hat noch kein Statement abgegeben, aber da kommt sicher noch was. Der ist zu sehr Profi, um sich die Gelegenheit entgehen zu lassen.“

      “Dieser Schönling hat das Zeug dazu, Bundeskanzler zu werden. Warum verschwendet der sich an Ginsberg?“

      Villeroy sah sich eilig um, ob jemand die Frage gehört hatte. “Du meine Güte, achte auf deine Worte! Mit so einer Frage könntest du deine Kandidatur beenden.“

      “Ja, ja, schon gut“, wiegelte Garth ab.

      “Nein, nichts ist gut. Du hast immer noch das Image des neureichen Geldsacks, der sich ein Dorf gekauft hat und sich für etwas Besseres hält. Daran werden wir nichts mehr ändern, selbst wenn du hundert Jahre im Ort lebst und in einer Einzimmerwohnung zur Untermiete wohnst. Dein Ferienvillenpark hat dich sehr unbeliebt gemacht, und seitdem das Projekt gescheitert ist, wird das alles auch oft und gerne ausgesprochen.“

      “Das ist allein Maiwalds Schuld. Als er sich zurückgezogen hat, sind auch alle anderen abgesprungen.“

      “Noch so ein Satz, der dich die Wahl kosten könnte. Wenn du anderen die Schuld an deiner Niederlage gibst, werden das höchstens die Verschwörungstheoretiker unter deinen Anhängern lieben.“

      “Aber es stimmt“, protestierte Garth.

      “Spielt doch keine Rolle. Du wirkst dadurch schwach und machtlos. Wenn es keine Ausrede, sondern die Wahrheit ist, dann wurdest du besiegt. Die Leute wollen niemanden, der eine Niederlage gut wegstecken kann, sondern einen Gewinner, der seine Gegner zum Frühstück verspeist. Sei dieser Gewinner!“

      “Ich will, dass du da rausgehst und mit der Presse redest. Sag ihnen irgendwas Nettes.“

      “Ist mir ein Vergnügen.“ Villeroy verließ den Konferenzraum und marschierte hinunter zur Eingangstür, die Max nur widerwillig öffnete. Sobald Villeroy ins Freie trat, reckten sich ihm Mikrofone entgegen und Fragen prasselten auf ihn ein.

      “Wusste der Bürgermeister von den Drogen?“

      “War es jemand aus dem Ort?“

      “Gibt es noch mehr Verstecke?“

      Villeroy hatte die Hände entspannt vor dem Schritt verschränkt und zwinkerte nicht einmal im Blitzlichtgewitter. Es war offensichtlich, dass er auf Ruhe wartete, aber die Reporter waren zu wild auf eine gute Geschichte.

      “Wird durch das Feuer etwas vertuscht?“

      “Wer sind die Hintermänner?“

      “Ist


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