10 Galaktische Abenteuer Box 4. divers
sagte Reed. „Und deshalb gebe ich nicht auf, bis ich nicht alles versucht habe, herauszubekommen, wem wir unsere Entführung zu verdanken haben. Noch haben wir Luft, und für ein paar Tage reichen die Nahrungskonzentrate, auch wenn wir den Alten mit durchfüttern müssen. Ich …“ Er machte eine Pause, als er das leise Summen hörte. Auch Vanderbuilt schien zu lauschen.
Dann schwoll das Geräusch an. Zugleich begann der Boden unter den Füßen der Menschen zu zittern.
Und dann drehte sich alles um sie herum. Die Umgebung verschwamm und löste sich auf.
Der Weltraum, in dem noch vor Sekunden einige hundert Walzen ihre schweigende Bahn gezogen hatten, war leer.
2.
Eine knappe Woche, nachdem eine neue Welle von angeblichen UFO-Sichtungen für Schlagzeilen gesorgt hatte, kämpften in einem vollkommen von der Außenwelt isolierten Armeehospital hoch qualifizierte Ärzte um das Leben von zwei Frauen.
„Es ist zum Verzweifeln!“, sagte einer der Mediziner, die gerade aus den Desinfektionskammern gekommen waren, zu den wartenden Beobachtern. „Wir sind machtlos. Sie sterben uns unter den Händen weg!“
„Das gleiche wie immer?“, fragte einer der Besucher, die auf ihren Uniformen die Marke trugen, die sie zum Betreten der unterirdischen Station legitimierte.
Der Mann im weißen Kittel nickte. „Sehen Sie selbst!“ Dann drückte er auf ein paar Tasten auf einem Schaltbrett, und ein Projektionsschirm leuchtete auf. Die Besucher sahen das Bild der beiden Kranken.
„Es fängt erst richtig an“, erklärte der Arzt. „Die Rötung der Haut und der Juckreiz stehen am Beginn. Dann treten die ersten Deformierungen auf, als nächstes kommt der Wahnsinn. Die von dem Virus befallenen Opfer sterben als ausgebrannte Wracks. Sie spüren den Tod nicht mehr – es ist nicht einmal mehr eine Erlösung.“
„Wie lange?“
Der Arzt sah den Frager an und zuckte mit den Schultern. „Das ist eine der Sachen, die wir nie begreifen werden. Einmal haben die Opfer es nach einer Woche hinter sich, manchmal dauert es mehr als einen Monat. Die Erreger scheinen insofern kleine Unterschiede aufzuweisen. Das Krankheitsbild als solches ist aber immer gleich.“
„Es sind die ersten Fälle, seitdem wir wieder Besuch bekommen“, stellte einer der Armeevertreter fest. „Hoffen wir, dass es die einzigen bleiben.“
„Das wäre gegen die Wahrscheinlichkeit“, gab der Arzt zurück. Der Besucher nickte finster.
Wie alle anderen in der unterirdischen Station irgendwo in der Wüste Neu Mexikos wusste er über viele Dinge Bescheid, die kein Normalsterblicher auch nur ahnte. Die letzte UFO-Welle vor fast 50 Jahren hatte mehr als 200 Tote gefordert. Menschen, die mit den Flugscheiben in Berührung gekommen und nicht verschleppt worden waren. Es war schon mehr als ein Wunder, dass man sie rechtzeitig entdeckt und isoliert hatte. Meist waren es Piloten gewesen. Nur einmal hatte es eine Sekundärinfektion gegeben.
Und nun schien es, als stünde der Menschheit ähnliches bevor wie vor 50 Jahren. Die Technik und die Mittel, eine Verbreitung der Seuche zu verhindern, waren verbessert worden, aber es genügte ein einziger Infizierter, der irgendwo unentdeckt geblieben war, um die Katastrophe auszulösen.
„Wie lange wird es noch dauern?“, fragte der Sprecher der Armeedelegation.
„Schwer zu sagen. Ich schätze, dass sie in drei, vier Tagen anfangen werden, durchzudrehen. Für sie ist dann alles vorüber. Für uns fängt in dem Moment das Schlimmste an.“
„Wollen wir hoffen, dass es die einzigen bleiben“, wünschte der Mann in der Uniform und verabschiedete sich. Während die Besucher die Station verließen, arbeiteten überall in den Labors die Wissenschaftler und Mediziner daran, dem tückischen Virus, das nicht von der Erde stammte, beizukommen.
Weder sie noch die Militärs, die in diesen Momenten in einem Helikopter nach Nordwesten flogen, ahnten etwas von den beiden Farmerskindern, die verstört und fast erblindet nach Hause kamen und ihren Eltern wirres Zeug erzählten über eine in helles Licht getauchte Scheibe, die angeblich auf dem Weg von der Schule über ihnen geschwebt hatte und dann plötzlich vor ihnen gewesen sei.
Der herbeigerufene Arzt versprach, einen Spezialisten anzufordern. Alles, was er im Augenblick für die Kinder tun konnte, war, ihnen eine Kalziumspritze und ein Beruhigungsmittel zu geben.
Irgendeine Allergie, erklärte er den Eltern.
3.
Christine drückte beide Hände gegen die Schläfen, um den bohrenden Schmerz zu lindern.
Als sie sich nach Skip umsah, stellte sie fest, dass der Junge verschwunden war. Sie stand auf, und sofort begann es in ihrem Kopf wieder wild zu hämmern.
Sie suchte jeden Winkel des Schaltraums ab, aber Skip war fort.
Christine zitterte am ganzen Körper und ließ sich in einen der Schwenksessel fallen.
Ihr Blick fiel auf die Bildschirme, die den Weltraum zeigten. Da gab es keine Sterne mehr, nur grenzenlose Schwärze und die dahintreibenden Walzen.
Diesmal war das Bild noch gespenstischer. Das Licht der Sterne war gewichen, und die Walzen schienen von innen heraus zu glühen. Überall war eine einzige große Leere. Nur im unteren rechten Winkel des Schirmes schimmerte etwas milchigweiß.
Christine hatte sich nie ausführlich mit Astronomie beschäftigt, aber sie wusste auch so, dass das, was verschwommen in den Bildwinkel hineinragte, der Spiralarm einer Galaxis war.
Und irgendetwas sagte ihr, dass es ihre Galaxis war.
Christine richtete sich auf und zwang sich zur Ruhe. Sie musste Skip finden. Wahrscheinlich war der Junge in einem Anfall von Panik auf einen der Gänge hinausgerannt und irrte jetzt ziellos in der Gegend herum. Aber wo?
Christine beschloss, den Korridor zu untersuchen, durch den sie hereingekommen waren. Vielleicht hatte Skip in seiner Angst den Raum gesucht, in dem sie erwacht waren.
Als sie sich zu dem entsprechenden Ausgang in Bewegung setzte, glaubte sie für einen kurzen Augenblick das verrunzelte Gesicht eines alten, verwahrlost wirkenden Mannes auf einem der Kontrollmonitoren an der Instrumentensäule in der Mitte des Raumes zu sehen. Ein verrückt grinsendes Gesicht mit Augen, die ihr einen Schauer über den Rücken jagten. Als sie zum zweiten Mal hinblickte, war das Gesicht verschwunden. Christine redete sich ein, dass ihre Nerven ihr Streiche spielten.
Trotzdem musste sie an den Hut denken. Ein Blick auf den entsprechenden Kontrollschirm zeigte ihr, dass er immer noch auf dem Gangboden lag.
Sie musste Skip finden. Es war nicht nur die Angst vor dem Alleinsein. Christine gestand sich ein, dass sie irgendwie an dem Jungen hing. Wie eine Schwester an ihrem kleinen Bruder, und sie hatte das Gefühl, ihn beschützen zu müssen.
Christine wusste, dass dieser Gedanke lächerlich war angesichts ihrer Situation.
Als sie den Gang betrat, kratzte sie sich im Nacken. Irgendetwas juckte.
*
„Mach keine Witze!“ Reed zeigte Vanderbuilt mit einer bezeichnenden Handbewegung, was er von der Spekulation hielt, das Ziel des Raumers könnte im intergalaktischen Raum liegen.
Sie befanden sich im zentralen Schaltraum ihres Decks, um sich über ihre Position zu informieren. Im Laufe der Tage war es ihnen gelungen, einige Mechanismen zu begreifen. So konnten sie unter anderem die Einstellung auf den Außenmonitoren regulieren. Auf einem der Schirme stand groß die Milchstraße.
„Sie können also mit Überlicht fliegen“, stellte Reed fest. „Ich bin sicher, dass wir ohnmächtig wurden, als die Schiffe in den anderen Raum eintauchten, der ihnen diese Fortbewegung gestattet. Sie müssen in regelmäßigen Abständen Überlichtetappen einlegen. Ich frage mich, woher sie kommen.“
„Mich