Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas Suchanek

Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus - Andreas Suchanek


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deren Explosionen bis in den Orbit zu sehen waren. Die Satellitenaufnahmen zeigten tiefe Krater und glutflüssige Lavafontänen, die aus klaffenden Wunden im Boden an die Oberfläche drängten.

      Ein Lichtblitz leuchtete auf. Die Taktikanzeige blinkte grellrot, als die Strahlenwerte in die Höhe schnellten. Gleichzeitig stieg ein gewaltiger Wolkenpilz bis hinauf in die Atmosphäre und ein elektromagnetischer Impuls breitete sich aus.

      Jayden kam die Meldung seiner I.O. in den Sinn. Dort unten befanden sich Doktor Tauser, Doktor Petrova, zehn Offiziere der Schadenskontrolle, sieben Techniker, fünf Sicherheitskräfte, acht Marines und neun Wissenschaftler. Er hatte keinen Überblick darüber, wer sich wo aufhielt, doch allein der Beschuss und der nachfolgende Absturz des Schiffes mussten Tausende Leben gekostet haben. Die Radioaktivität würde sich nun durch die Atmosphäre ausbreiten; es folgte ein nuklearer Winter, es entstanden Stürme, die den Planeten in eine Todeszone verwandelten. Sie mussten die Überlebenden evakuieren.

      »Der feindliche Raumer hat uns passiert und fliegt in einer elliptischen Kurve wieder auf uns zu«, sagte Nurakow.

      »Ich rotiere das Schiff erneut.« Lieutenant Task handelte, noch während er sprach.

      Als Jayden auf das Chronometer blickte, verließ ihn der Mut. Bis zum Eintreffen von Fitzgeralds Entsatz-Flotte verging noch fast eine Stunde. Das konnten sie nicht durchhalten.

      »Wir befinden uns in fünfzehn Minuten wieder in Raketenreichweite des Feindes«, sagte Akoskin. Er blickte mit gerunzelter Stirn auf seine Konsole.

      Bevor Jayden nachhaken konnte, meldete sich Lieutenant McCall. »Sir, ich orte einen Phasenfunk-Port.«

      »Ich bestätige das Auftauchen einer weiteren Signatur«, sagte Nurakow, dessen vollständige Ortung wohl etwas länger gedauert hatte. »Es handelt sich um ein orbitales Verteidigungsfort.« Mit einem Mal klang seine Stimme wieder energiegeladen und euphorisch. »Es hat sich – wie alle anderen auch – durch das Signal des Feindes deaktiviert!«

      »Zugriff über den Port wäre theoretisch möglich«, sagte McCall. »Die Fremden haben die Sicherheitssperren aufgehoben, um die Forts zu deaktivieren. Das könnten wir normalerweise ausnutzen.«

      Jayden atmete erleichtert auf. »Reaktivieren Sie das Ding und richten Sie es auf den Raumer aus.«

      »Das geht nicht, Sir.« Die Kommunikationsoffizierin sackte förmlich über ihrer Konsole zusammen. »Der letzte Torpedo hat unser Phasenfunk-Modul beschädigt, ebenso das Backup-System. Wir können keine Verbindung etablieren.«

      Neben ihm schlug Ishida wütend mit den geballten Fäusten auf die Armlehnen ihres Konturensessels. »Was ist mit Unterlichtfunk? Gerichtete Laser?«

      »Die stehen uns noch zur Verfügung, das Fort besitzt jedoch keinen Port. Man ging wohl davon aus, dass eine Phasenverbindung ausreichend ist.«

      »Das darf doch nicht wahr sein«, fluchte Jayden leise.

      Dort, in direkter Reichweite, schwebte die geballte Feuerkraft von sechshundert Torpedos in der Minute; doch sie war unerreichbar.

      »Gefechtsdistanz in fünf Minuten erreicht«, meldete Akoskin.

      »Ich bin zu alt für diesen Scheiß«, murmelte Jayden.

      Auf dem Taktik-Screen näherte sich der Raumer.

      *

      Captain Ivo Coen musste hilflos mit ansehen, wie seine Schiffe den feindlichen Torpedos zum Opfer fielen. Dieser Kampf war verloren, das hatte selbst der letzte Offizier sicher begriffen. Sie hatten tapfer gekämpft, doch während von den gegnerischen Schiffen noch zwei von der Tonnage eines Dreadnoughts übrig waren, gab es auf seiner Seite nur noch zwei Leichte Kreuzer und die TÈQUÁN als einzigen Dreadnought.

      »Sir, die Sensoren melden, dass einer der Raumer, gegen den die HYPERION kämpfte, auf Pearl abgestürzt ist.«

      Von einer Sekunde zur anderen begann die Kommandobrücke damit, sich um ihn herumzudrehen. Seine Frau! Seine beiden Kinder! Sie alle lebten auf Pearl. Was waren das für Wahnsinnige, die ein Raumschiff auf einem bevölkerten Planeten explodieren ließen. Warum taten sie so etwas?!

      Unter dem Feuer der feindlichen Raumer verging ein weiteres seiner Schiffe.

      »Sir, die CHEN-FUNG nimmt Kurs auf einen der Gegner«, sagte sein Taktikoffizier.

      Für einige Sekunden fiel es Ivo schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie flogen doch alle auf den Feind zu!

      Erst ein Blick auf seine Konsole zeigte ihm, was Captain Tom Vogel beabsichtigte. Der braunhaarige Mann aus dem deutschen Sektor der Erde, der so oft lachte, dass seine Augen von Falten nur so umzingelt waren, ging auf Kollisionskurs.

      Ivo verfolgte auf dem Taktik-Display, wie die Schiffe kollidierten und in einer Explosion vergingen. Damit gab es nur noch einen feindlichen Raumer.

      Ivo wusste, dass ihnen ebenfalls nur eine Möglichkeit blieb, wollten sie das Alienschiff mit sich in den Untergang reißen.

      »Lieutenant«, wandte er sich an seinen Navigationsoffizier. »Setzen Sie Kurs auf den letzten Feind. Nehmen wir ihn mit.«

      Auf den Gesichtern einiger Offiziere sah er Tränen, was er ihnen im Angesicht des Todes nicht verdenken konnte. Er selbst bedauerte nur, dass er niemals erfahren würde, was aus seiner Familie geworden war.

      *

      »Sir!« Lieutenant McCall setzte sich abrupt in ihrem Konturensessel auf. »Wir haben noch ein Phasenfunk-Modul! Nachdem wir eines unserer Kurierboote im Kartas-System verloren haben und eines im vorherigen Kampf beschädigt wurde, habe ich von NOVA neue Kurierboote angefordert – die gestern eingetroffen sind. Wir können das Signal über das Phasenfunk-Modul der Boote leiten.«

      Jayden hieb mit der Faust auf seine Armlehne. »Etablieren Sie eine Verbindung!«

      »Ich bin bereits dabei, Sir.«

      »Feindlicher Raumer erreicht in drei Minuten Gefechtsdistanz«, meldete Akoskin.

      »Lieutenant!«

      »Ist erledigt, Sir«, erwiderte McCall angespannt. »Phasenfunkverbindung ist stabil, ich übertrage die feindliche Signatur als Ziel … Signal ist drüben. Ich reaktiviere das Fort.«

      Auf seiner Konsole sah Jayden, wie sich der Port wieder schloss, als die Sicherheitsalgorithmen beim Neustart reaktiviert wurden.

      »Multiple Raketenstarts geortet«, sagte Akoskin. Als er die schreckgeweiteten Blicke um sich herum bemerkte, fügte er hinzu: »Das Fort hat seine Arbeit aufgenommen und beschießt den Raumer.«

      Aufatmend lehnte sich Jayden in seinem Konturensessel zurück. Nur Sekunden später explodierte das feindliche Raumschiff.

      *

      Du darfst leben, hatte er gesagt. Denn du bist bedeutungslos.

      Tess würde jene Worte nie vergessen, die der Unbekannte ihr zugeflüstert hatte, bevor er sie inmitten der Leichen ihrer Eltern zurückließ. Jetzt, so kurz vor ihrem eigenen Ende, tauchten die Erinnerungen tief aus dem Gedächtnis empor. Es gelang ihr nur mit Mühe, die notwendige Konzentration zum Umschreiben der Algorithmen aufzubringen.

      Ihre Glieder schmerzten, jeder Atemzug brannte in ihrer Lunge. Diese verdammten Code-Fragmente mussten nur umgeschrieben werden, eine Arbeit, die sie unter normalen Umständen innerhalb weniger Minuten erledigt hätte, doch jetzt verschwamm jede neue Zeile vor ihren Augen. Warum hatte sie sich nur darauf eingelassen? Hatte sie nicht vorhin noch getönt, dass Zev und sie den Mörder ihrer Familien gemeinsam finden sollten, sich gemeinsam rächen würden?

      Das Kühlsystem ihres Anzugs lief auf Hochtouren, doch auf ihrer Stirn hatte sich trotzdem ein dünner Schweißfilm gebildet. Was hatte sie gleich tippen wollen? Ach ja, richtig. Sie machte eine weitere Eingabe, speicherte ab und ließ das System einen automatisierten Check ausführen. Es gab noch einen Fehler –


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