Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare

Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare


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Wenn der Gepriesne selbst mit Lob sich ehrt;

       Doch Lob, das vom besiegten Feind erklingt,

       Der Taten Ruf ists, der zum Himmel dringt.

      AGAMEMNON

       Trojanscher Ritter, nennt Ihr Euch Äneas?

      ÄNEAS

       Ja, Grieche, also heiß ich.

      AGAMEMNON

       Eur Geschäft?

      ÄNEAS

       Verzeiht, es ist für Agamemnons Ohr!

      AGAMEMNON

       Er hört nichts heimlich, was von Troja kommt.

      ÄNEAS

       Auch kam ich nicht von Troja, ihm zu flüstern;

       Trompeten laß ich schmettern an sein Ohr

       Und weck es, aufmerksam sich mir zu neigen;

       Dann will ich reden.

      AGAMEMNON

       Sprich, so frei wie Luft;

       Dies ist nicht Agamemnons Schlummerstunde;

       Vernehmen sollst du, Troer, er ist wach:

       Er selber sagt es dir.

      ÄNEAS

       Trompet, erklinge

       Mit ehrnem Schall durch all die trägen Zelte,

       Und jedem tapfern Griechen tu es kund;

       Was Troja edel meint, das spricht es laut. –

       Trompetenstoß. In Troja lebt, o großer Agamemnon, Ein Prinz, Hektor mit Namen, Priams Sohn, Den diese dumpfe, lange Waffenruh Verrostet hat. Nimm die Trompeten, sprach er, Und rede so: Ihr Könge, Fürsten, Herrn, Ist einer von den Edeln Griechenlands, Dem mehr die Ehre gilt als seine Ruh, Der mehr nach Ruhm strebt, als Gefahren scheut, Der seinen Mut wohl kennt, nicht seine Furcht, Der seine Dame mehr liebt als in Worten, Mit müßgen Schwüren ihrem Mund gelobt, Und ihren Wert und Reiz behaupten darf Nicht bloß mit Liebeswaffen, dem entbiet ich: Im Angesicht der Griechen und Trojaner Beweist es Hektor, oder müht sich drum, Er hab ein Weib, verständger, schöner, treuer, Als an die Brust jemals ein Grieche schloß; Und morgen ruft er mit Trompetenklang Inmitten eurer Zelt und Trojas Mauern, Daß sich ein Griech erheb in Liebe treu. Tritt einer auf, wird Hektor hoch ihn ehren; Wenn keiner kommt, wird er in Troja sagen: Die griechschen Fraun sind sonnverbrannt und unwert Des Splitters einer Lanze! – Dies mein Auftrag.

      AGAMEMNON

       So, Prinz, verkünd ichs unsern Liebenden.

       Hat keiner ein Gemüt also entzündet,

       Kam keiner mit uns her. Doch wir sind Ritter;

       Und sei mit Schmach vom Rittertum vertrieben,

       Wer nicht schon liebt, geliebt hat, noch wird lieben.

       Drum wer in Lieb ist, sein wird oder war,

       Der stelle sich, sonst biet ich selbst mich dar.

      NESTOR

       Sag ihm vom Nestor, der ein Mann schon war,

       Als Hektors Ältervater sog die Brust:

       Er ist nun alt, doch findet sich im Heer

       Kein edler Mann, in dem ein Funke glüht,

       Zu stehn für seine Dame –, sag ihm dies:

       Den Silberbart berg ich im Goldvisier

       Und in der Schiene den gewelkten Arm.

       So tret ich auf, und sag ihm, mein Gemahl

       Besiegt' an Schönheit seine Ältermutter,

       An Keuschheit alle. Seinem Jugendmut

       Zeug ichs mit meinen sieben Tropfen Blut.

      ÄNEAS

       Verhüte Gott, daß Jugend also selten!

      ULYSSES

       Amen!

      AGAMEMNON

       Erlauchter Lord Äneas, reicht die Hand!

       Ich führ Euch, Herr, in unsern Pavilion:

       Achill vernehme, was Ihr heut bestellt,

       Und jeder griechsche Ritter, Zelt für Zelt.

       Dann speist mit uns, eh Ihr nach Troja kehrt,

       Und edler Feindesgruß sei Euch gewährt.

       Sie gehn ab. Es bleiben Ulysses und Nestor.

      ULYSSES

       Nestor –

      NESTOR

       Was sagt Ulysses?

      ULYSSES

       In meinem Hirn erzeugt sich ein Gedanke;

       Seid Ihr die Zeit, ihn zur Geburt zu fördern!

      NESTOR

       Was ist es?

      ULYSSES

       Dies: Man sprengt mit stumpfem Keil

       Den harten Klotz. Den überreifen Stolz,

       Der hoch in Saat geschossen in dem argen

       Achill, muß unsre Sichel schleunig mähn,

       Sonst streut er rings dieselbe böse Saat,

       Uns alle zu ersticken.

      NESTOR

       Wohl! Und wie?

      ULYSSES

       Der Kampf, zu dem der tapfre Hektor ruft,

       Obschon in Allgemeinheit ausgesprochen,

       Zielt doch zunachst allein nur auf Achill.

      NESTOR

       Der Zweck ist augenfällig; wie ein Ganzes,

       Des Großheit sich aus kleinen Teilen formt.

       Und wird dies kundgetan, so zweifle nicht,

       Achilles, wär auch sein Gehirn so trocken

       Als Libyens Strand – und doch, Apoll bezeugs,

       's ist dürr genug –, wird mit eilfertgem Urteil,

       Ja, unverzüglich, Hektors Zweck durchschaun,

       Daß er auf ihn gezielt.

      ULYSSES

       Und sich der Fordrung stellen, denkt Ihr?

      NESTOR

       Ja;

       So muß es sein. Wer mißt sich sonst mit ihm,

       Der aus dem Kampf mit Hektor Ehre brächte,

       Als nur Achill? Ists gleich ein Spielgefecht,

       Hängt an der Kampfesprobe doch die Meinung.

       Denn unser Köstlichstes schmeckt hier der Troer

       Mit seinem feinsten Gaum; und glaubt, Ulysses,

       Es geht um unser ganzes Ansehn da

       Bei diesem tollen Tun; denn der Erfolg,

       Obschon des einen Mannes, gibt den Ausschlag Dem allgemeinen gut und schlimmen Ruf – Und solcher Index, ob auch kleine Lettern, Verglichen mit der Bände Folge, zeigt In Kindsgestalt den Riesenkörper schon Von dem, was kommen soll. – Man sieht im Streiter, Der sich dem Hektor stellt, nur unsre Wahl; Und Wahl, einmütger Einklang alles Urteils, Leiht Würde dem Erkornen, kocht heraus Gleichsam von unsrer aller Wert und Kraft Die Quintessenz des Manns. Mißlingt es dem, Welch Herz faßt dann der Sieger in dem Kampf, Die eingebildte Ehre noch zu stählen! Der Ehrenpunkt belebt dann jedes Werkzeug Nicht minder kraftvoll, als Geschoß und Schwert Vom Arm geführt.

      ULYSSES

       Verzeihung meinem Wort.

       Drum muß Achilles nicht mit Hektor kämpfen. Zeigt


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