Faith. Grace Goodwin

Faith - Grace Goodwin


Скачать книгу
die einen arroganten Typen wie diesen hier dermaßen finster dreinblicken ließen und von einer Frau übertrumpft zu werden—oder gleich dreien—war eine davon.

      “Wo bringt ihr mich verdammt nochmal hin?” fragte ich so nett wie möglich.

      “Halt’s Maul oder ich werde dich so lange würgen, bis du mir nicht mehr auf die Nerven gehst.”

      Ich hätte mir die Frage verkneifen sollen. Schließlich war ich nicht blöd. Aber ich war so stolz auf meine Töchter. Stolz auf mein Volk. Ich war stolz auf die Tatsache, dass ich nicht nur dieses Monster und das finstere Komplott seines Auftraggebers überlebt hatte, welches ganz nebenbei daraus bestand meine gesamte Familie auszulöschen, sondern auch darauf, dass ich nicht mit nur einer Tochter nach Alera zurückgekehrt war, sondern dreien. Drei starken, jungen Frauen. Stärker sogar als ich. “Vier Türme leuchten in den Himmel. Eine neue Königin ist bereit den Thron zu erklimmen,” kommentierte ich ungeniert. “Dein Boss hat versagt. Glaubst du wirklich er wird dich leben lassen, damit du dich vielleicht noch verplappern kannst?”

      Mit Wucht schleuderte er mich auf die kalte, schwarze Transportfläche und noch ehe ich den Fall bremsen konnte, kauerte ich auf allen vieren.

      Es tat weh, aber ich drückte mich mit den Händen ab und setzte mich auf. Durch meine langen, ungekämmten Strähnen blickte ich zu ihm auf. Die Spuren ihres letzten … Gewaltausbruchs waren behandelt worden. Ich war unverletzt, die Badewanne aber war jetzt nur noch eine vage Erinnerung.

      Sein Gesicht war leichenblass, seine Lippen blutleer. Die geschwungene Narbe vom Mundwinkel bis zum Hals war alt. Sie war verblichen und runzlig und ich zweifelte daran, dass der Söldner ein Lächeln hervorbringen konnte, selbst wenn er es wollte.

      “Du hast keine Ahnung, Frau,” hisste er und die Spucke flog ihm aus dem Mund. “Weder meinen Namen, noch die Identität meines Masters. Du hast keine Ahnung, wo du bist.”

      Das stimmte, gleichzeitig stimmte es nicht. Ich wusste, dass sie dabei waren mich vom Schiff zu transportieren. Ich wusste, dass wir meinen Heimatplaneten Alera umkreisten. Und ich wusste, dass meine Töchter entgegen aller Wahrscheinlichkeit überleben würden. Und den Frieden auf Alera bewahren würden. Waren meine Worte tatsächlich so überraschend?

      “Hast du dir das Ganze denn gründlich überlegt? Was hast du geglaubt, würde am Ende mit dir geschehen?” fragte ich ihn.

      “Und was glaubst du, wird mit dir geschehen, wenn mein Boss die Kronjuwelen nicht bekommt?”

      Ich zuckte gleichgültig mit den Achseln. “Das ist nicht länger von Bedeutung.” So war es auch. Die Türme meiner Töchter erstrahlten jetzt über der Hauptstadt. Der gesamte Planet wusste von ihrer Existenz und ihrem Rang in der Thronfolge. Trinity, Faith und Destiny. Alle drei wussten, wo die Kronjuwelen versteckt waren. Niemals würde ich mein Volk verraten und solch ein mächtiges Symbol dem Feind überreichen.

      “Vielleicht nicht. Aber da du nicht mit mir kooperieren willst, wirst du umziehen—in ein weniger behagliches Gefängnis.”

      Ich dachte nach. Unter fast jedem Familienpalast gab es einen Kerker, genau wie bei der Polizei und bei der Optimus-Einheit. Und es gab größere Tempel, die vom Priesterorden betrieben wurden. Dutzende Szenarien schossen mir durch den Kopf, alle waren denkbar und keines dieser Verließe konnte von außen überwacht werden.

      Zumindest aber wäre ich auf Alera.

      Mit wackeligen Beinen stand ich auf, ich verschränkte die Arme vor der Brust und schwieg.

      Er gluckste und lief zur Steuerkonsole, die mich gleich Gott weiß wohin senden würde. Ich konnte nur aufs Beste hoffen, und zwar erhobenen Hauptes.

      Die Kronjuwelen würde ich niemals hergeben. Sie waren ein mächtiges Symbol der Souveränität, das von Generation zu Generation weitergereicht wurde, seit der allerersten Königin von Alera. Sie waren tausende Jahre alt und hatten seit Beginn der Geschichtsschreibung den Nacken einer jeden Königin geziert.

      Keine Herrscherin konnte ohne die schwarzen Juwelen um den Hals das Volk versöhnen. Die Edelsteine waren zu einer Frauenhalskette verarbeitet worden und ich wusste, dass sie sich eines Tages an Trinitys warme Haut schmiegen und ihr zur Begrüßung ein Ständchen singen würden, genau, wie es für mich getan hatten. Der Gesang war Teil der Lebenskraft oder Energie der Zitadelle, ihres Bewusstseins. Ich hatte nie wirklich verstanden, was genau in den Wänden der Zitadelle lebte. Letztendlich handelte es sich wohl um eine geistige Kraft. Der Geist der Edelsteine würde meiner Tochter zu Ehren anfangen zu singen.

      Sie würden nicht für einen Fremden singen oder jemanden der ihrer nicht würdig war.

      Im Grunde waren sie nutzlos für einen Dieb oder einen Träger, in dessen Adern kein royales Blut floss.

      Ihre symbolische Wirkung aber? Auf der Erde gab es keine vergleichbare Insigne. Eine Königin ohne die Kronjuwelen war wie Wonder Woman, die unschlagbare Comic-Heldin ohne ihr Schwert und ihr goldenes Lasso. Das Volk würde keinen Regenten akzeptieren, ohne dass ein Turm der Zitadelle für ihn erleuchtet war.

      Aber selbst wenn meine Feinde mein Volk davon überzeugen könnten, dass es keine Alternative gab, dass alle weiblichen Mitglieder der Königsfamilie tot waren, so würde es nie einen Herrscher ohne Kronjuwelen akzeptieren.

      Mit der jahrtausendealten Tradition zu brechen und einen König zu krönen war undenkbar, insbesondere ohne das ikonische Machtsymbol um seinen Hals. Ein Mann? Mit der Halskette der Königin?

      Niemals. Dafür hatte ich gesorgt. Und von jetzt an würden meine Töchter die Blutlinie weiterführen und unseren Planeten verteidigen. Die Zitadelle würde ihnen dabei helfen. Sie würden mächtiger sein, als diese Narren sich ausmalen konnten. Alle drei zusammen? Sie waren unaufhaltsam.

      Ich richtete mich auf, als die beißende Kälte des Transports meinen Körper umhüllte.

      Das Letzte, was ich im Maschinengetöse sehen und hören konnte, war das narbige Gelächter des Hyänen-Mannes.

      Aber er würde nicht als Letzter lachen, in diesem Leben oder im nächsten. Dem war ich mir sicher.

      2

       Faith, Anwesen der Familie Jax

      Ich konnte nur hoffen, dass es meinen Schwestern besser erging als mir. Eine Prinzessin, eine Dienstmagd und eine Nonne. Was für eine Kombination.

      Hoffentlich hatten sie mehr Erfolg als ich.

      Die Nachrichten schienen nur noch über Trinity zu berichten. Das Kleid an ihrem ersten öffentlichen Auftritt war einfach spektakulär. Sie hatte ihr Haar nie zu mehr als einem Zopf oder einem Pferdeschwanz gebunden, als sie aber die Treppen in Mutters Palast hinaufstieg, hatte sie wie eine Königin ausgesehen.

      Sie sah so wunderschön aus, dass ich weinen musste, und das kam äußerst selten vor. Und damit nicht genug, denn Zel, der Garde, dem wir in der ersten Nacht das Leben gerettet hatten, hatte sich als faules Ei herausgestellt und Trinity bei ihrem großen Empfang entführt. Fast wäre er damit durchgekommen. Junge, danach musste ich vielleicht heulen. Von einer vagen Gefahr zu wissen war eine Sache, echte Bedrohungen und Bösewichte aber? Ich war am Ausflippen. Ich hatte stundenlang geweint. Dann aber hatte ich mich zusammengerissen, wie ein großes Mädchen. Eine Prinzessin. Und jetzt fiel es mir erstaunlicherweise noch leichter, einfach einen Witz zu reißen und die Sache zu vergessen.

      Weitermachen. Das war mein Motto gewesen, bis meine Schwestern und ich nach Alera gekommen waren. Jetzt saß ich in meinem selbst gewählten Gefängnis fest. Als Dienstmagd im Hause Jax. Wegen Zel war das Haus Jax jetzt in den Fokus der Optimus-Einheit geraten. Das hatte ich auch in den Nachrichten gehört. Und es machte mich etwas nervös, schließlich schnüffelte ich bei Leuten herum, die gerade offiziell untersucht wurden. Ich war keine ausgebildete Spionin und mein Erfolg hielt sich in Grenzen.

      “Kannst


Скачать книгу