Identität: Christ. Orientierung: schwul. Lebensstil: enthaltsam.. Wesley Hill
das Leben Christi und seines Geistes als homosexuell Empfindende auszuleben. Schuldgefühle aufgrund von homosexueller Sünde, ein nagendes, unerschütterliches Gefühl, „beschädigte Ware“ zu sein, das Empfinden, irreparabel kaputt zu sein und daher regelmäßig und unvermeidbar Gott zu missfallen – all diese Gefühle scheinen bei vielen gleichgeschlechtlich orientierten Christen eine dominante Rolle zu spielen. In Kapitel 3, „Die göttliche Auszeichnung“, wende ich mich diesem Kampf zu. Ich versuche, die Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, die zum Herzschlag meines Lebens geworden ist: dass wir homosexuelle Christen mit den Worten von C. S. Lewis sogar „Teil der göttlichen Freude“5 sein können. Wir können Gott gefallen. Wir können wirklich sein Wohlgefallen inmitten von sexueller Gebrochenheit erleben. Wir können am Ende an seiner Herrlichkeit teilhaben.
Drei Minibiografien von homosexuellen Christen sind über diese Kapitel verstreut. Die erste beinhaltet meine eigene Lebensgeschichte. Ich habe außerdem die Geschichte von Henri Nouwen, dem inzwischen verstorbenen schwulen katholischen Autor, der viel über Spiritualität geschrieben hat, sowie die Geschichte des homoerotisch empfindenden jesuitischen Dichters Gerard Manley Hopkins aus dem 19. Jahrhundert mit eingebunden. Ich hoffe, dass die Mühsal und die Triumphe von drei homosexuellen Christen aus dem echten Leben Lesern helfen mögen, einen Bezug zu dem eher theoretischen Material in den Hauptkapiteln des Buches zu finden.
Es ist mein Gebet, dass Gott die Überlegungen in diesem Buch gebrauchen möge, um anderen zu helfen, treu vor ihm zu leben bis zu der Zeit, wenn er alles neu macht. Bis dahin warten wir voller Hoffnung (Römer 8,25), reingewaschen durch seinen Sohn und seinen Geist (1. Korinther 6,11).
Bevor es weitergeht, möchte ich kurz die Terminologie beschreiben, die auf den folgenden Seiten verwendet wird. In diesem Buch habe ich mich dazu entschlossen, keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Bezeichnungen für Homosexualität zu treffen. Also gebrauche ich zum Beispiel „gleichgeschlechtliche Anziehung“, „homosexuelles Verlangen“, „Homosexualität“ und verwandte Begriffe austauschbar. Ebenso habe ich vielfältige Bezeichnungen für schwule und lesbische Menschen verwendet. Anstatt strikt bei einem Begriff wie „homosexueller Christ“ zu bleiben, bezeichne ich mich selbst auch als „schwuler Christ“ oder als „Christ, der homosexuelles Verlangen erlebt“. Für mich sind all diese Begriffe synonym. Zwar lassen sie Raum für Missverständnisse; meiner Meinung nach überwiegen die Vorteile ihres Gebrauchs jedoch die potenziellen Gefahren. Bei keinem dieser Begriffe sollte zwangsläufig angenommen werden, er impliziere homosexuelle Praktiken. In jedem dieser Fälle lege ich meistens die Betonung auf die sexuelle Orientierung der Person, nicht auf das entsprechende Verhalten.
Es gibt allerdings einen Sprachgebrauch, den ich zu vermeiden versucht habe. Anstatt jemanden als „einen Homosexuellen“ zu bezeichnen, habe ich mich bemüht, „schwul“ oder „homosexuell“ immer als Adjektiv in Wortkombinationen wie „schwuler Christ“ oder „homosexuelle Person“ zu verwenden, nie aber als Nomen. Auf diese Weise hoffe ich, das subtile sprachliche Signal zu senden, dass schwul zu sein nicht den wichtigsten Aspekt meiner Identität oder der Identität irgendeiner anderen homosexuell empfindenden Person darstellt. Ich bin zuallererst Christ, bevor ich irgendetwas anderes bin. Meine Homosexualität stellt eine Facette meiner Persönlichkeit dar. Ich glaube, dass sie eines Tages – entweder in diesem Leben oder in der Auferstehung – verblassen wird. Aber meine Identität als Christ – als jemand, der durch den Heiligen Geist Teil des Leibes Christi ist – wird bleiben.
*Während ich diese Einleitung vorbereitete, stolperte ich über folgenden Kommentar von Philip Yancey: „Vieles, was ich über Depressionen, Zweifel, Selbstmord, Leid oder Homosexualität lese, scheint von Leuten geschrieben worden zu sein, die von einer mit dem christlichen Glauben zu vereinbarenden Schlussfolgerung ausgehen, aber niemals dieselben schrecklichen Phasen durchgemacht haben wie jemand, der tatsächlich gegen Depressionen, Zweifel, Selbstmord, Leid oder Homosexualität kämpft. Auf einen Menschen, der diesen Kampf tatsächlich überlebt hat, wirkt so etwas viel zu sachlich und unterkühlt“ (Philip Yancey, Warum ich heute noch glaube [Wuppertal: Brockhaus, 2002], 307–308). Ich hoffe, im Folgenden etwas davon zu vermitteln, was es bedeutet, die qualvolle Reise des Ringens mit Homosexualität überlebt zu haben – oder eher noch mitten im Überlebenskampf zu stecken.
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