IN 80 JAHREN UM DIE WELT. Группа авторов
tapferen Helden« bedeutet habe. Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Leipzig 1854–1960, ergänzt:
»(Es) ist nach hoher blüthe zumal im volksepos des mittelalters seit ende des 13. jh. zurückgegangen, lebt aber im ganzen sprachgebiet bis anf. d. 16 jh. … dichter und gelehrte des 17. jh. knüpfen ausdrücklich an mhd. sprachgebrauch an … Gottsched, Adelung, Campe haben die erneuerung des worts nicht unterstützt, von den classikern zeigt nur Wieland neigung dafür, die wenigen dichter, die sich sonst dafür einsetzen, dringen nicht durch … so ist das wort über den gelehrtenkreis kaum hinausgedrungen; nicht zu vergleichen mit den gelungenen erneuerungen altdeutscher wörter wie: hain, halle, minne, norne, rune.«
Deshalb zieht Nabil Osman das Fazit:
»Untergangsgrund: [wir erinnern uns: dies ist schließlich das Kleine Lexikon untergegangener Wörter!] misslungene Neubelebung eines altdeutschen Wortes. Wie Ger, Kämper, Minne, Norne, Rune u. a. misslungene Neubelebungen alter Wörter konnte sich das Wort trotz Neubelebungsversuchen im 18. Jh. nicht durchsetzen. Da die Theoretiker Gottsched, Adelung, Campe nicht mitgehen wollten, drang das Wort über den gelehrten Kreis kaum hinaus.«
Festhalten sollten wir also, dass »Weigand« »Kämpfer« bedeutet. Damit enden allerdings die Parallelen, denn was Osman über den Untergang des Wortes »Weigand« sagt, trifft auf die Person Jörg Weigand keineswegs zu. Dieser Weigand ist schließlich keineswegs »untergegangen«, sondern nach wie vor obenauf; er hat sich als Autor wie als Kritiker durchgesetzt und ist, nachdem er einmal die (SF-) Szene betreten hatte, auch nie wieder weg gewesen. Außerdem ist es ihm sehr wohl gelungen, über den »gelehrten Kreis« hinaus zu dringen, denn auch wenn er eine Reihe von Sachbüchern veröffentlicht hat, werden seine Unterhaltungsromane auch von einfachen Menschen gelesen, denen der Sinn einfach nur nach spannender Lektüre steht. »Neubelebungsversuche« waren deshalb niemals nötig, ja, man darf sogar sagen, dass Jörg Weigand gerade jetzt, zu seinem 80. Geburtstag, in »hoher blüthe« steht, da er nach wie vor eifrig produziert und veröffentlicht – woraus wir lernen können, dass auch die Etymologie eines Wortes bisweilen in die Irre führen kann.
Aber schauen wir weiter, denn mit einem Nachnamen allein ist es ja nicht getan.
Der erste Vorname: Jörg
In den Polizeirevier 87-Kriminalromanen des amerikanischen Autors Ed McBain gibt es einen Cop, der nicht nur mit Nachnamen, sondern auch mit Vornamen »Meyer« heißt. Also: Meyer Meyer. Natürlich bringt ihm das eine Menge Spott ein, und er fragt sich mit schöner Regelmäßigkeit, was sich seine Eltern wohl dabei gedacht haben mögen, ihm einen solchen Vornamen zu geben.
Ein ähnliches Schicksal hätte auch Jörg Weigand treffen können, denn tatsächlich ist »Weigand« nicht nur ein Nach-, sondern auch ein Vorname. (Wenn Sie’s nicht glauben: Ich habe wirklich mal jemanden gekannt, der mit Vornamen »Weigand« hieß. Mit Nachnamen allerdings nicht.)
Glücklicherweise haben Jörg Weigands Eltern auf diese extravagante Art der Namensgebung verzichtet. Statt als »Weigand Weigand« ist er als Jörg Weigand in die Welt hinausgetreten, und diese hat es ihm gedankt, indem sie im Gegensatz zum armen Meyer Meyer keinen Kübel voll Spott über seinen Namen ausgegossen hat.
Aber passt der zunächst einmal ganz friedlich klingende Vorname »Jörg« überhaupt zum, wie wir im Zuge unserer bisherigen etymologischen Untersuchung herausgefunden haben, recht streitbaren Nachnamen »Weigand«?
Der Vorname »Jörg« ist natürlich eine Nebenform von »Georg«. Legenden-, Mythen- und Fantasyanklang: Georg und der Drache! Aber wer ist das historische Vorbild dieses sagenhaften Drachentöters? Um das herauszufinden, greife ich zu Herders Kleinem Lexikon der Heiligen, das mir, wenngleich in recht knapper Form, die gewünschte Information liefert: Beim Namenspatron für jeden Georg und damit auch für jeden Jörg handelt es sich um
»Georg von Kappadozien, Hl. [heißt offenbar: Heiliger; aber das wussten wir dank des Lexikontitels ja ohnehin schon], Märtyrer, einer der Vierzehn Nothelfer, der große Verehrung in der ganzen christlichen Welt genoss. Patron vieler Länder, Bistümer und Kirchen. Angerufen bei Fieber und in Kriegsgefahr.«
Interessant: Wer alles den Hl. Georg in Kriegsgefahr anrufen kann, darüber schweigt sich das Kleine Lexikon der Heiligen aus, und von einem Drachen ist auch nirgendwo die Rede … Das schreit nun geradezu nach weiterer Recherche! Also ein erneuter Griff ins Bücherregal, diesmal zum siebten Band (Gas – Gz) meines Großen Brockhaus von 1930 (einen aktuelleren besitze ich leider nicht, aber über diesen frühchristlichen Märtyrer wird in den letzten neunzig Jahren wohl nicht so viel Neues ans Tageslicht gekommen sein). Und da steht nun zu lesen:
»Georg, christl. Heiliger, einer der 14 Nothelfer, Patron der Sattler und Küfer, Schutzpatron der Krieger und seit dem 13. Jahrh. Englands, gewöhnlich Ritter Sankt G. genannt, in der morgenländ. Kirche als der Siegbringende und der Großmärtyrer gefeiert, stammte nach der Legende aus Kappadokien und starb unter Diokletian (angeblich 303 n. Chr.) den Märtyrertod. (…) In der späteren Legende wird er zum Drachentöter, so in der Legenda aurea des Jakobus de Boragine, die als Erste berichtet, dass G. einen Lindwurm getötet habe, der die Königstochter Aja (Kleodolinde) zu verschlingen drohte. Als Drachentöter ist er ein beliebtes Motiv der Malerei, der Plastik sowie der Dichtung geworden.«
Das Heiligenlexikon hat also mehr als nur ein bisschen geschummelt: Dass der Hl. Georg ein Kriegsmann war, unterschlägt es ganz, desgleichen auch, dass es die Krieger sind, die ihn in Kriegsgefahr anrufen dürfen, nicht die menschlichen Kollateralschäden (früher einmal auch »Zivilisten« genannt).
Aber zurück zum Thema.
Georg/Jörg ist also selbst Kriegsmann und zugleich Schutzheiliger der Krieger in Kriegsgefahr! Das hat auf seine Weise etwas beruhigend Science-Fiction-Mäßiges, denn es erinnert an ein Möbiusband, bei dem ja auch beide Seiten letztlich eins sind.
Damit könnten wir die Diskussion des Vornamens »Georg/Jörg« eigentlich abschließen, aber bevor wir zum nächsten Punkt übergehen, sei zuvor die Lektüre im Heiligenlexikon beendet. Dort heißt es nämlich weiter:
»An seinem Feste findet die Pferdesegnung statt (Georgsritt). Dargestellt mit Drachen, Rittern, Pferden und weißer Fahne mit rotem Kreuz.«
Das nun passt leider nicht so ganz zu unserem Jubilar, denn das Fest des Heiligen fällt keineswegs auf den 21. Dezember, also Jörg Weigands Geburtstag, sondern auf den 23. April. Und dass Jörg Weigand etwas mit Pferden und ihrer Segnung zu tun hätte, ist wenigstens mir bisher noch nicht bekannt geworden. Aber sei’s drum – schließlich gilt auch hier der Satz »Nobody is perfect.«
Der zweite Vorname: Ernst
»Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.« Dieser Ausspruch stammt von Victor Hugo, und er führt uns geradewegs zu Jörg Weigands zweitem Vornamen. In schon fortgeschrittenem Alter hat unser Jubilar nämlich damit begonnen, all das, was er nicht in Worten auszudrücken, über das er aber auch nicht zu schweigen vermochte, in Musik zu fassen.
Kurz: Er hat nicht nur angefangen, Klavier zu spielen, sondern auch zu komponieren, wovon eine erste CD inzwischen klangvoll Zeugnis ablegt. Für diese Komponistentätigkeit nun hat er sich auf seinen zweiten, bis dahin in seiner schriftstellerischen Tätigkeit nie gebrauchten Vornamen besonnen, nämlich »Ernst«. Und auch den wollen wir nun einer kleinen etymologischen Untersuchung unterziehen.
Dafür greifen wir nun allerdings nicht mehr auf das gedruckte Wort, sondern auf modernere Medien zurück, nämlich das Internet. Unter www.wissen.de finden wir ohne große Mühe die nachfolgende Erklärung:
»Ernst. Das Wort geht über mhd. ernest, ernust auf westgerm. *ernustu, ›Kampf, Aufrichtigkeit‹ zurück, das seinerseits auf idg.* er–/or– ›erheben, sich erregen, hochfahren‹ beruht; auch in griech. éris, ›Kampf‹ und lat. adorior; die Bedeutung entwickelte sich von ›Kampf‹ über ›Kampfeseifer‹ und ›Verfestigung im Kampf‹