Neue Technologien in der Pflege. Группа авторов
per Funkempfänger mit der Rufanlage verbunden wird. Das verspricht, dass das System diskreter eingesetzt werden kann und dass keine zusätzlichen »Stolperfallen« durch eine Matte auf dem Fußboden entstehen. Der Fokus im PPZ-Freiburg richtet sich primär auf den Nutzen im Pflegeprozess für Pflegende und für Patientinnen und Patienten aus Sicht der Pflegenden. Dies soll im Rahmen eines Projekts im Jahr 2020 auf unterschiedlichen Stationen im Universitätsklinikum Freiburg erforscht werden.
Daneben wird das Projektorsystem Qwiek.up12 in den Blick genommen. Qwiek.up ist ein bisher hauptsächlich in der Langzeitpflege und der Unterstützung von Menschen mit Behinderung eingesetzter, mobiler Tageslichtprojektor mit verschiedenen audiovisuellen Funktionen, welcher großflächige Projektionen an unterschiedliche Flächen, wie die Wand oder die Decke ermöglicht.
Mit Hilfe dieser Funktionen sollen Unruhe, Anspannung, herausfordernde Verhaltensweisen und Desorientierung, insbesondere bei Personen mit kognitiver Beeinträchtigung, reduziert und das Wohlbefinden gesteigert werden. Es steht eine Auswahl unterschiedlicher Module zur Verfügung, die entsprechend der Zielsetzung (z. B. Beruhigung oder Aktivierung der Patientin/des Patienten) ausgewählt werden können. Jedes Modul befindet sich auf einem separaten USB-Stick, welcher in das Gerät eingesteckt werden kann. Eine Zusatzoption bietet die Möglichkeit, USB-Sticks mit eigenen Video- oder Bilddateien zu bespielen, um individuelle Inhalte, welche z. B. von Angehörigen zur Verfügung gestellt werden, zu vermitteln (vgl. Qwiek 2019). Forschungsergebnisse zu Qwiek.up sind noch spärlich, allerdings gibt es ernst zu nehmende Hinweise darauf, dass Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen davon profitieren können (vgl. Brankaert & den Ouden 2017; Qwiek 2019). In einem Qualitäts- und Entwicklungsprojekt am Universitätsklinikum Freiburg ergaben sich ebenfalls Hinweise für ein hohes Potenzial des Systems (Walzer et al. 2019). Diese Ansätze werden
Abb. II.2.3: Projektorsystem Qwiek.up, Quelle: Qwiek
im Rahme einer Beobachtungsstudie ab dem zweiten Halbjahr 2020 aufgegriffen.
2.2.3 Lärmreduktion auf Intensivstationen
Intensivstationen sind aufgrund vielfältiger Alarme von intensivmedizinischen Geräten, aber auch anderer Lärmquellen, laute Umgebungen. So zeigte sich in einer Untersuchung von Darbyshire & Young (2013) auf fünf Intensivstationen in Großbritannien, dass die WHO-Empfehlungen von maximal 40 dBA13 in keinem Fall auch nur annähernd eingehalten werden konnte und Lärmspitzen über 85 dBA auf allen untersuchten Stationen keine Seltenheit waren. Eine Arbeit von Schneider (2016) in Deutschland lieferte ähnliche Ergebnisse. Die hohe Lärmbelastung (auch nachts) beeinträchtigt die Gesundheit von Patientinnen und Patienten genauso wie die der Beschäftigten (Darbyshire 2016). Zudem führen falsch-positive Alarme zu Belastungen durch Unterbrechung von Arbeitsprozessen sowie zu einer Desensibilisierung der Beschäftigten, wodurch wiederum
Abb. II.2.4: Wandprojektion mit dem Qwiek.up, Quelle: PPZ-Freiburg
die Sicherheit von Patientinnen und Patienten gefährdet werden kann. Dies wird unter dem Begriff Alarm Fatigue diskutiert (vgl. z. B. Ruskin & Hueske-Kraus 2015).
Im PPZ-Freiburg werden erste Ansätze zur Lärmmessung und -reduktion am Universitätsklinikum Freiburg (Rapp 2019) aufgegriffen und fortgesetzt. Dabei geht es beispielsweise um eine zuverlässige Erfassung von Lärmquellen, ein technisches Monitoring des Lärmpegels und die (Weiter-)Entwicklung von Strategien zur Lärmreduktion. Infrastrukturelle und prozessorientierte Ansätze spielen dabei ebenso eine Rolle wie technische Möglichkeiten eines intelligenten Alarmmanagements.
2.2.4 Weitere Innovationsprojekte
Neben den genannten Hilfsmitteln werden im PPZ-Freiburg während der gesamten Projektlaufzeit auch weitere technische Innovationen im Setting Akutkrankenhaus erprobt. Die Hilfsmittel kommen über Mitarbeitende, über Messen, über gezielte Recherchen oder über die PPZ-Partner zur Vorstellung. Die nachfolgend aufgeführten Innovationen konnten bereits in der Praxis pilotiert werden:
• Das Active Mobilisation System (AMS)14 ist eine Schaumstoffmatratze, welche eine sanfte seitliche Wiegebewegung vollführt, um z. B. Dekubitus bei Patientinnen und Patienten vorzubeugen, welche nicht positioniert werden können. Im Rahmen einer Erprobung auf zwei Normalstationen zeigte sich, dass insbesondere Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen davon profitieren können. Dies vor allem deshalb, weil eigenständige oder durch Pflegende unterstützte Umpositionierungen, die mit starken Schmerzen verbunden sein können, nicht mehr so häufig durchgeführt werden mussten (Reichmann & Feuchtinger 2018).
• Beim Xsensor OR15 handelt es sich um ein Messsystem, welches den Auflagedruck von Patientinnen und Patienten z. B. während mehrstündiger Operationen erfassen kann. Die Ausgabe erfolgt sowohl graphisch zur Identifikation besonders druckbelasteter Körperstellen wie auch mit konkreten Messwerten. Dieses einfach zu handhabende Hilfsmittel liefert damit objektive Daten zur Druckentlastung von Schaumstoffen etc. und ist insbesondere in der Auswahl von neuen Hilfsmitteln zur Druckentlastung von Bedeutung. Darüber hinaus verfügt der Xsensor OR über ein hohes Potenzial im Bereich der Aus- Fort- und Weiterbildung, da z. B. die »Folgen« bestimmter Positionierungen direkt sichtbar gemacht werden können.
• Die App »Go talk Pflege«16 gibt kommunikationseingeschränkten Patientinnen und Patienten die Möglichkeit zur Kommunikation mit den Mitgliedern im therapeutischen Team. Eine erste Testung auf Intensivstationen zeigte das Potenzial zur Unterstützung in der Kommunikation deutlich auf. Dies soll im Rahmen weiterer Untersuchungen vertieft werden.
2.3 Übergreifende Aspekte für die Einbettung von Technik in die klinische Pflege – Lessons Learned
Die nachhaltige Implementierung neuer Techniken in die klinische Pflege ist vielfachen Herausforderungen unterworfen. Im PPZ-Freiburg wird dem Innovationsmanagement eine besondere Bedeutung gegeben. Die Evaluation der Einflüsse auf die Akzeptanz, den Verzicht, die Ausbreitung, den Ausbau und die Nachhaltigkeit von Technologien in der klinischen Pflege ist eine wesentliche Aufgabe in der Auswahl und Testung neuer technischer Hilfsmittel.
Das NASSS-Framework17 (Greenhalgh et al. 2017) bietet mit seinen sieben Domänen einen adäquaten, in einem breiten methodischen Ansatz empirisch erprobten (Greenhalgh et al. 2018), theoretischen Rahmen, um Beobachtungen und Erfahrungen in diesem Bereich festzuhalten, zu ordnen und zu bewerten (
Abb. II.2.5: NASSS-Framework, deutsche Version. Quelle: Kunze (2020, S. 2).
Eine zentrale Aussage liegt darin, dass (unterschätzte) Komplexität auf unterschiedlichen Ebenen als eine wesentliche Ursache betrachtet werden kann, wenn assistive Hilfsmittel nicht genutzt werden (Greenhalgh & Abimbola 2019).
Im PPZ-Freiburg können bereits erste Lessons Learned auf der Basis des NASSS-Frameworks festgehalten werden, wovon einige exemplarische Überlegungen im Folgenden kurz dargestellt werden. Diese sind an dieser Stelle jedoch keineswegs als vollständig oder abgeschlossen zu betrachten, da zu einigen Domänen, wie etwa der Makro-Ebene oder der langfristigen Einbettung