Neue Technologien in der Pflege. Группа авторов

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Erleichterungs- und Entlastungspotenziale für die Vorbereitung gezielter mediengestützter Erinnerungsaktivitäten in Aussicht. Die Vorarbeiten aus dem Projekt InterMem werden in einem Folgeprojekt der Projektpartner an der HS Furtwangen derzeit zu einem marktreifen System weiterentwickelt, welches den gesamten Betreuungsprozess von der Biografieerfassung bis zur Planung, Durchführung und Reflexion von Betreuungsaktivitäten unterstützt2.

      1.9 Ausblick: Chancen und Grenzen digitaler Medien in der sozialen Betreuung von Menschen mit Demenz

      Die neuen, digitalen Medien bieten innovative Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten in der sozialen Betreuung von Menschen mit Demenz. Auch wenn die Datenlage aus wissenschaftlichen Studien noch zu wünschen lässt und hier noch ein deutlicher Nachholbedarf besteht, deuten die bisherigen Ergebnisse darauf hin, dass der Einsatz digitaler Medien in unterschiedlichen Kontexten und Anwendungsszenarien das Potenzial hat, eine sinnvolle Betätigungsmöglichkeit zu bieten und damit einen Beitrag zum Wohlbefinden von Menschen mit Demenz leisten kann.

      Der Markt hat darauf deutlich reagiert und in den letzten Jahren einen klaren Bedarf der pflegerischen Praxis ausgemacht. Die technischen Entwicklungen und Neuerungen in diesem Bereich schreiten rasant voran. Der Einsatz unterschiedlichster digitaler Medien in der Begleitung von Menschen mit Demenz ist aktuell im Trend. Die Praxis reagiert mit zunehmender Begeisterung auf die angebotenen Produkte, so dass die mittlerweile auf dem Markt befindlichen Angebote recht schnell einen hohen Verbreitungsgrad erreicht haben. So gibt zum Beispiel Media4Care auf seiner Homepage an, dass die von ihnen vertriebenen Tablets mittlerweile in über 3.500 Pflegeheimen und Privathaushalten zum Einsatz kommen.

      Auffallend ist, dass viele der auf dem Markt befindlichen Produkte in den Niederlanden entwickelt wurden. In der Regel entstanden diese in enger Kooperation mit Universitäten und Fachleuten. Dabei kamen unterschiedliche nutzerorientierte Designentwicklungsverfahren zum Einsatz. Ein entsprechender Ansatz wurde auch bei dem Projekt InterMem umgesetzt. Die hierbei gesammelten Erfahrungen zeigen deutlich, wie wichtig bei der Entwicklung von digitalen Medien eine solche Vorgehensweise ist. Dabei gilt es den Fokus nicht nur auf die Demenzbetroffenen zu legen, sondern auch auf deren Begleiter. Im Hinblick auf die Nutzerfreundlichkeit für Demenzbetroffene gilt es, neben kognitiven Einschränkungen besonders auch häufig gleichzeitig auftretende altersbedingte Defizite wie Seheinschränkungen oder feinmotorische Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. In einer aktuellen Forschungsarbeit haben Dietlein & Bock (2019) profunde Empfehlungen zum nutzerorientierten Design von Serious Games für Menschen mit Demenz entwickelt. Dazu zählen beispielsweise gut kontrastierende Icons, Gestensteuerung, Kombination von maximal einer kognitiven Fähigkeit mit einer motorischen, personalisierte Inhalte der Spiele und eine Implementierung der Aktivität in der Gruppe unter Anleitung durch eine Betreuungskraft. Die letztgenannte Empfehlung zeigt auch auf, dass bei der Gestaltung entsprechender digitaler Ansätze auch die Begleiter und deren Anforderungen in den Designprozess einbezogen werden müssen. Aus deren Sicht müssen die Produkte ohne große Rüst- und Vorbereitungszeiten einsetzbar (plug and play) und am besten mobil sein. Des Weiteren gilt auch für diese Nutzergruppe, dass die Bedienbarkeit möglichst einfach ist.

      Ebenso wichtig wie die Nutzerorientierung ist bei der sensiblen Zielgruppe von Menschen mit Demenz auch die Berücksichtigung ethischer Überlegungen. Experten fordern hier einen proaktiven Ansatz (Ienca et al. 2018; Baldwin 2005). Damit ist gemeint, dass nicht im Nachhinein nach Fertigstellung der technischen Entwicklung eine ethische Beurteilung erfolgen soll, sondern dass eine ethische Perspektive von Anfang an begleitend in den Entwicklungsprozess integriert ist. In Deutschland wurde zur Umsetzung einer solchen Vorgehensweise im Bereich altersgerechter Assistenzsysteme das Verfahren MEESTAR entwickelt. Anhand von sieben ethischen Dimensionen ist es möglich, sowohl die an der Entwicklung als auch dem Einsatz entsprechender Technologien Beteiligten ihr Tun im Rahmen eines normativen Prüfungsprozesses ethisch zu reflektieren (Manzeschke et al. 2013; Weber 2014; image Teil IV, Kap. 1).

      Eine wichtige Forderung, die auch in vielen der zitierten Forschungsprojekten als zentrale Bedingung für einen erfolgreichen Einsatz von digitalen Medien in der Betreuung von Menschen mit Demenz genannt wird, ist die Unterstützung durch entsprechend qualifizierte Begleiter. Viele der genannten technischen Lösungen entfalten ihr Potenzial nur dann, wenn die Demenzbetroffenen entsprechend begleitet werden. Das heißt, für den erfolgreichen Einsatz der digitalen Medien braucht es auch ein den Interaktionsprozess stützendes Gegenüber.

      Letztlich formuliert auch der aktuell in Deutschland veröffentlichte Expertenstandard »Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz« deutlich, dass menschliche Begegnung auf der Basis einer person-zentrierten Pflege die Grundlage dafür bilden, dass sich die Betroffenen gehört, verstanden und angenommen fühlen (DQNP 2019). Erst auf der Basis eines solchen Erlebens ist es für Menschen mit Demenz möglich, Wohlbefinden und ein relatives Maß an Lebensqualität zu erleben. Wie im Rahmen dieses Beitrages mehrfach aufgezeigt, können technische Hilfen einen Beitrag dazu leisten, Beziehungsgestaltung zu erleichtern, ersetzen können sie sie jedoch keinesfalls.

      Literatur

      Anderiesen, H. (2017): Playful Design for Activation: Co-designing serious games for people with moderate to severe dementia to reduce apathy: Dissertation. Delft University of Technology.

      Anderiesen, H.; Scherder, E.; Goossens, R.; Visch, V.; Eggermont, L. (2015): Play Experiences for People with Alzheimer’s Disease. International Journal of Design 9(2): 155–165.

      Astell, A. J.; Ellis, M. P.; Bernardi, L.; Alm, N.; Dye, R.; Gowans, G.; Campbell, J. (2010): Using a touch screen computer to support relationships between people with dementia and caregivers. Interacting with Computers 22(4): 267–275.

      Astell, A. J.; Smith, S. K.; Potter, S.; Preston-Jones, E. (2018): Computer Interactive Reminiscence and Conversation Aid groups-Delivering cognitive stimulation with technology. Alzheimer’s & Dementia 4: 481–487.

      Baldwin, C. (2005): Technology, Dementia and Ethics: Rethinking the Issues. Disability Studies Quarterly 25: Online.

      Bejan A., Plotzky C., Kunze C. (2018): MemoRec – Towards a Life-Theme-Based Reminiscence Content Recommendation System for People with Dementia. In: Miesenberger K., Kouroupetroglou G. (eds) Computers Helping People with Special Needs. ICCHP 2018. Lecture Notes in Computer Science, Vol 10896. Springer, Cham

      Bickel, H. (Hrsg.) (2018): Informationsblatt 1: Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Berlin: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V.

      Burdea, G.; Polistico, K.; Krishnamoorthy, A.; House, G.; Rethage, D.; Hundal, J.; Damiani, F.; Pollack, S. (2015): Feasibility study of the BrightBrainer integrative cognitive rehabilitation system for elderly with dementia. Disability and Rehabilitation. Assistive Technology 10(5): 421–432.

      DNQP: Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (Hrsg.) (2019): Expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz. Osnabrück: Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP).

      Dietlein, C.; Eichberg, S.; Fleiner, T.; Zijlstra, W. (2018): Feasibility and effects of serious games for people with dementia: A systematic review and recommendations for future research. Gerontechnology 17: 1–17.

      Dietlein, C. S.; Bock, O. L. (2019): Recommendations on the Design of Serious Games for People with Dementia. EAI Endorsed Transactions on Game-Based Learning 5: 159528.

      Evans, J.; Brown, M.; Coughlan, T.; Lawson, G.; Craven, M. P. (2011): A systematic review of dementia focused assistive technology. International Conference on Human-Computer Interaction. HCI 2015. Lecture Notes in Computer Science, vol 9170, Cham: Springer. 406–417.

      Fleming, R.; Sum, S. (2014): Empirical studies on the effectiveness of assistive technology in the care of people with dementia: a systematic review. Journal of Assistive Technologies 8(1): 14–34.

      Gates,


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