Neue Technologien in der Pflege. Группа авторов
umfasst ein technisches System, über das mehr als 200 digitale Inhalte für den Einsatz in der sozialen Betreuung von Menschen mit Demenz online abrufbar sind. Mit Hilfe dieser internetbasierten Plattform lassen sich Angebote für Gruppen- und Einzelbetreuung zusammenstellen. Das System arbeitet auf Tablets, kann aber für Gruppenaktivitäten auch am Großbildschirm oder über Beamer eingesetzt werden. Das System ist damit nicht an ein bestimmtes Endgerät gebunden. Die Inhalte umfassen Fotos, Musik sowie Spiele und Rätsel. Die unterschiedlichen digitalen Betreuungsangebote variieren im Niveau und können damit in unterschiedlichen Stadien der Erkrankung eingesetzt werden. Es sind auch individuelle Anpassungen möglich, indem eigene Fotos oder Inhalte, wie zum Beispiel die Lieblingsmusik einer Person, ergänzt werden können.
Media4care (https://www.media4care.de)
Ein weiteres Angebot auf dem deutschen Markt ist das Tablet Media4care. Dies wurde speziell für die individuelle Betreuung von Menschen mit Demenz entwickelt. Es handelt sich dabei um ein vorinstalliertes Tablet, das eine umfassende Sammlung an demenzgerechten Medien (Filme, Spiele etc.) umfasst, die in der Einzelbetreuung genutzt werden können. Neben den vorhandenen Inhalten ist es auch möglich, individuelle Profile mit persönlichen Inhalten anzulegen. Es gibt zwei Varianten: Das sogenannte Betreuertablet ist für den Einsatz in der sozialen Betreuung in Pflegeeinrichtungen konzipiert. Neben der Einzelbetreuung ist es technisch möglich, die Inhalte über eine Schnittstelle auf einen Fernseher zu übertragen und so für Gruppen nutzbar zu machen. Das sogenannte Seniorentablet ist für die Nutzung in der Häuslichkeit konzipiert und bietet eine Auswahl aus 700 Inhalten wie z. B. gedächtnisfördernde Spielen, Videos und Musik.
Tovertafel (https://tovertafel.de)
Eine andere Technik, die explizit mit der Zielsetzung entwickelt wurde, Menschen mit Demenz das Erleben von Freude und Spaß, aber auch gemeinsame Interaktionen in der Gruppe zu ermöglichen ist die Tovertafel. Sie wird von der niederländischen Firma »active cues« vertrieben. Das Grundprinzip dieser technischen Lösung ist eine Tischpräsentation über Beamertechnik. Die Lichtprojektionen auf dem Tisch reagieren auf Hand- und Armbewegungen. Mittels verschiedener Spielemöglichkeiten sollen die Nutzer zur Bewegung animiert werden. Was wieder dazu führen soll, dass Apathie durchbrochen wird und die Teilnehmer sich körperlich und geistig stimuliert fühlen.
Die ursprüngliche Version der Tovertafel wurde im Rahmen einer Promotion mit der sogenannten Co-Design-Methode entwickelt. Dabei handelt es sich um einen nutzerorientierten Designprozess, in den der bzw. die Endnutzer intensiv eingebunden werden. Im Prozess der Entwicklung der Tovertafel konnten sowohl Angehörige und Pflegende als auch Menschen mit Demenz erfolgreich eingebunden werden (Anderiesen 2017). Dies führte zum Beispiel dazu, dass sich die eigentliche Zielsetzung des technischen Designprozesses weg von einer Unterstützung der Aktivitäten des täglichen Lebens hin zum reinen Spielerlebnis veränderte. Die Co-Design-Methode findet auch bei der Neu- und Weiterentwicklung der Spiele Anwendung. Neben Gesprächen mit Pflegenden und Familienangehörigen werden die neuen Spiele immer wieder gemeinsam mit den Demenzbetroffenen ausprobiert. Im Rahmen einer kleinangelegten Evaluationsstudie mit sechs Teilnehmenden zeigte sich, dass es durch den Einsatz der Tovertafel insbesondere möglich war, die physische Aktivität zu erhöhen und es gibt auch Hinweise darauf, dass durch diese Intervention Apathie verringert werden kann.
Qwiek.up (https://qwiek.eu)
Qwiek.up wurde in den Niederlanden auf der Basis des Ansatzes der erlebnisorientierten Pflege entwickelt. Es handelt sich um einen mobilen Projektor, der aus jedem Zimmer eine Art Snoezel- oder Erlebnisraum machen kann, indem audiovisuelle Stimuli erzeugt werden. Der Projektor ist so konzipiert, dass er wahlweise an die Wand oder Decke projizieren kann. Die Inhalte werden auf sogenannten USB-Erlebnismodulen zur Verfügung gestellt. Diese sind thematisch mit digitalen Fotos, Musik oder Umgebungsgeräuschen bestückt. Die Inhalte umfassen z. B.: einen Spaziergang durch einen Wald, Urlaub, Jahreszeiten, Haustiere oder Konzerte mit André Rieu. Es können auch leere Erlebnismodule erworben werden, die dann selbst mit individuellen Inhalten (Bilder, Videos etc.) gefüllt werden können. Das Qwiek.up ist sehr leicht zu bedienen und kann von der Familie, Begleitern und Betreuern genutzt werden.
1.4 Training, das Spaß macht: Serious Gaming als Kombination von Spiel und Gesundheitsförderung
Unter dem Begriff Serious Games (englisch für ernsthafte Spiele) versteht man digitale Spiele, die nicht primär oder ausschließlich der Unterhaltung dienen. Zwar können sie entsprechende Unterhaltungsteile enthalten, der eigentliche Fokus liegt aber darin Informationen oder Bildung zu vermitteln. Dieses Spielekonzept, das Spaß mit ernsten Inhalten verbindet, findet im Gesundheitsbereich und hier auch im Feld Demenz immer häufiger Anwendung. Konkrete Anwendungsbereiche sind hier das kognitive Training, die Bewegungsförderung sowie Spiele, die die soziale Interaktion stützen. Viele der eingesetzten Spiele wurden ursprünglich eigentlich für Unterhaltungszwecke entwickelt, dann aber mit der Zielsetzung, etwas für die Gesundheit zu tun, in ihrer Nutzung beispielsweise auch zum Einsatz bei Menschen mit Demenz adaptiert wie z. B. Wii Sports der Firma Nintendo® oder Kinect Sports von Microsoft™ (McCallum & Boletsis 2013). Die beiden Autoren führten eine erste Überblicksarbeit zur Nutzung von »Serious Games« im Kontext von Demenz durch. Ihr Ergebnis ist die vorsichtige Vermutung, dass der Einsatz dieser Spieleform bei der Zielgruppe mit Demenz einen positiven Effekt hat. Ungewiss ist jedoch, ob dieser länger anhält bzw. ob sich dadurch insgesamt ein positiver Einfluss auf die Ausführung von Alltagsaktivitäten erzielen lässt (ebd.).
In einer aktuellen Überblicksarbeit, deren Fokus in der Auswertung sich hauptsächlich auf die Ausführbarkeit von Serious Games bei Demenz richtet, stellen Dietlein et al. (2018) zusammenfassend fest, dass die wenigen vorliegenden Studienergebnisse insbesondere aufgrund verschiedener methodischer Probleme nur bedingt aussagefähig sind. Generell zeigt sich, dass diese Form der Spiele unter Begleitung problemlos von Menschen mit Demenz ausgeübt werden können. Allerdings lässt die aktuelle Studienlage keine abschließende Aussage zu deren Effektivität zu, wobei es Tendenzen in der Verbesserung von kognitiven Fähigkeiten zu geben scheint.
Prinzipiell gibt es bei der Nutzung von Serious Games zwei Ansätze. Zum einen liegt der Fokus darin, mit Hilfe von interaktiven Übungen und Spielen eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit, das heißt eine Form des Gehirntrainings auszuüben. Eine weitere Zielrichtung liegt eher im physischen Bereich. Bei dieser Form des Trainings soll durch Bewegungsübungen in erster Linie die physische Leistungsfähigkeit verbessert werden.
Generell werden Interventionen in der Begleitung von Menschen mit Demenz als besonders erfolgversprechend angesehen, wenn diese multidimensional ausgerichtet sind, das heißt, sowohl kognitive als auch physische Akzente setzen. Ein in Deutschland seit vielen Jahren erfolgreich in der sozialen Betreuung eingesetztes Interventionskonzept, das nach diesem Anspruch arbeitet ist SimA (kurz für »Selbständigkeit im höheren Lebensalter«). Mittlerweile sind die für das Gedächtnistraining sowie das psychomotorische Training entwickelten Übungen auch digital erhältlich (Oswald et al. 2006 a und b).
Auch die finnische FINGER-Studie, der eine multidimensionale Intervention zugrunde liegt, zeigt, dass mit einem digitalisierten kognitiven Trainingsprogramm positive Effekte insbesondere in der Reduktion des Demenzrisikos erreicht werden können (Ngandu et al. 2015).
Generell zeigen die vorliegenden Studienergebnisse, dass digitale kognitive Trainingsprogramme ihre Wirksamkeit eher bei Menschen in frühen Stadien oder bei Vorliegen von leichten kognitiven Störungen (Mild Cognitive Impairment MCI) erzielen können, auch wenn die vorliegenden Studien aufgrund von methodischen Schwächen nur begrenzt aussagefähig sind (Gates et al. 2019).
Dennoch werden aktuell umfassende kognitive Trainingsprogramme für Menschen mit Demenz entwickelt, deren erste Ergebnisse durchaus positive Tendenzen zeigen (Burdea at al. 2015; Walton et al. 2019).
1.5 Exergaming: Digital in Bewegung kommen