Neue Technologien in der Pflege. Группа авторов

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(image Teil IV, Kap. 4). In diesem Zusammenhang hat sich in den letzten Jahren das Konzept der digitalen Kompetenzen in der Diskussion um neue Qualifikationsanforderungen bezüglich neuer Technologien etabliert (Meißner 2018). Die umfangreiche Diskussion dazu wird hier nicht aufgegriffen. Betont werden soll aber, dass die Integration solch digitaler Kompetenzen zukünftig verstärkt an einschlägige nationale Gesetze anzupassen ist. Das neue Pflegeberufegesetz hat einen ersten kleinen Schritt in die richtige Richtung unternommen. So beschreibt § 37 (3) 3 in diesem Gesetz, dass die Ausbildung dazu befähigen soll, »[…] neue Technologien in das berufliche Handeln übertragen zu können sowie berufsbezogene Fort- und Weiterbildungsbedarfe zu erkennen«. Die Förderung digitaler Kompetenzen hat erfahrungsgemäß in die neuen Curricula, mal mehr mal weniger, Einzug gehalten.

      4.10 Technikgestaltung und Rolle von Pflegenden

      Eine Besonderheit digitaler Technologien (Internet, Smartphone, Cloud-Dienste etc.) ist ihre Flexibilität. Während die Nutzung und der Nutzen früherer technischer Geräte stark in ihnen eingeschrieben ist, d. h. durch den bei Entwicklung verfolgten Zweck definiert wird, ergibt sich die Bedeutung digitaler Technologien erst durch die Art ihrer Verwendung (vgl. Kerres 2020). Mit digitalen Technologien sind dementsprechend vielfältige Gestaltungsoptionen verbunden, deren Wahrnehmung oder Nicht-Wahrnehmung erst Veränderungsprozesse prägt.

      Häufig gehen Gestaltungsprozesse von neuen technischen Möglichkeiten aus. Technikgetriebene Entwicklungsprojekte suchen nach neuen Anwendungsfeldern und werden ausgehend von den gesellschaftlichen Herausforderungen regelmäßig in Anwendungsfeldern der Pflege fündig. Viele der dabei vorgeschlagenen technischen Lösungsansätze werden von deren Zielgruppen aber als nicht zielführend empfunden, etwa weil sie als stigmatisierend wahrgenommen werden oder schlicht an den Bedarfen der Betroffenen vorbeigehen. Als Ursache hierfür wird im Diskurs zu Technik in der Pflege meist eine unzureichende Einbindung der Betroffenen in Forschungs- und Entwicklungsprojekte gesehen. In öffentlich geförderten Forschungsprojekten werden daher inzwischen interdisziplinäre Verbunde unter Einbindung pflegewissenschaftlicher Expertise sowie partizipative Entwicklungsprozesse grundsätzlich eingefordert. Pflegenden kommt dabei eine aktive Rolle als »Co-Designer« der technischen Systeme zu. Häufig sind sie zusätzlich für die Einbindung von Betroffenen verantwortlich. In der Forschung haben sich inzwischen vielfältige methodische Ansätze zur nutzerorientierten Gestaltung sowie zur Partizipation von Betroffenen in Entwicklungsprojekte etabliert (vgl. Kunze, in press). Dennoch müssen entsprechende Vorgehensweisen in der Entwicklungspraxis immer wieder eingefordert, ausgehandelt und reflektiert werden. Häufig müssen diese Methoden an die besonderen Rahmenbedingungen pflegerischer Arbeitskontexte angepasst werden. Auch für die Planung und Moderierung von Gestaltungsprozessen wird daher pflegerische Expertise benötigt.

      Technologien entfalten ihre Wirkung in der Pflege nicht allein aufgrund ihrer Funktionen und ihres Designs, sondern erst durch Ihre Einbettung in Versorgungspraktiken und -strukturen (sog. sozio-technische Arrangements). Diese Einbettung erfolgt in der Regel durch eine wechselseitige Anpassung von Technik und Anwendungskontext in einem dynamischen Veränderungsprozess, der von Pflegenden (mit-)gestaltet wird. Für die dabei notwendigen Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse ist die Anpassbarkeit von Technologien von zentraler Bedeutung. Im Bereich der Mechanik gehören pragmatische Anpassungen (z. B. kürzen, verbiegen, verbinden) in vielen Fällen zur täglichen Praxis. Für derartige Konfigurationsarbeit sind Pflegende heute im Bereich digitaler Systeme aber auch für einfache Anpassungen (z. B. Veränderung von Formularen und Datenfeldern) in der Regel auf Techniker angewiesen. Für die Frage, was »möglich ist« und was nicht, spielen neben technischen Aspekten auch regulatorische Fragen (z. B. Datenschutz, Patientensicherheit) eine große Rolle. Mit der zunehmenden Digitalisierung des Gesundheitswesens werden daher entsprechende Kompetenzen zur Anpassung technischer Versorgungsarrangements für Pflegende zunehmend an Bedeutung gewinnen (Kunze 2017).

      4.11 Fazit

      Der Einsatz von Technik in Pflege und Versorgung ist nicht trivial. Passen sich die technischen Systeme in das Alltagsleben Betroffener ein, werden sie akzeptiert und genutzt, erreichen sie überhaupt das gesetzte Ziel, sind sie ethisch akzeptabel? Das sind nur einige Fragen, die es in diesem Diskurs zu stellen gilt. Sicher ist:

      • Technik hat Potenzial

      und

      • Technik hat Grenzen.

      Diese Grenzen lebensdienlich auszuloten ist unsere Aufgabe. Dabei bedarf es eines vorausschauenden Weitblicks einerseits und einer stabilen Bodenhaftung andererseits. Die folgenden Beiträge haben zum Ziel, Potenzial aufzuzeigen, Wissen zu ermitteln, um Verständnis zu ermöglichen, Grenzen auszuloten und so zum Diskurs anzuregen.

      Literatur

      Böhle, F., Weihrich, M. & Stöger, U. (2015). Interaktionsarbeit gestalten. Vorschläge und Perspektiven für humane Dienstleistungsarbeit (Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung, Bd. 168). Berlin: Edition Sigma. https://doi.org/10.5771/9783845268279

      Deutscher Ethikrat. (2020). Robotik für gute Pflege. Stellungnahme (Deutscher Ethikrat, Hrsg.). Verfügbar unter https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-robotik-fuer-gute-pflege.pdf

      Dunkel, W. & Weihrich, M. (2010). Kapitel II Arbeit als menschliche Tätigkeit: Arbeit als Interaktion. In G. G. Voß, G. Wachtler & F. Böhle (Hrsg.), Handbuch Arbeitssoziologie (S. 177–200). Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92247-8_6

      Hülsken-Giesler, M. & Daxberger, S. (2018). Robotik in der Pflege aus pflegewissenschaftlicher Perspektive. In O. Bendel (Hrsg.), Pflegeroboter (S. 125–140). Wiesbaden: Springer Gabler.

      Hülsken-Giesler, M. (2015). Technik und Neue Technologien in der Pflege. In H. Brandenburg & S. Dorschner (Hrsg.), Pflegewissenschaft (3., überarbeitete und erweiterte Auflage, S. 262–279). Bern: Hogrefe Verlag.

      Huter, K., Krick, T., Domhoff, D., Seibert, K., Wolf-Ostermann, K. & Rothgang, H. (2020). Effectiveness of digital technologies to support nursing care: results of a scoping review. https://doi.org/10.21203/rs.2.24344/v1

      Kerres, M. (2020). Jahrbuch Medienpädagogik 17: Lernen mit und über Medien in einer digitalen Welt. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 17(Jahrbuch Medienpädagogik), 1–32. https://doi.org/10.21240/mpaed/jb17/2020.04.24.X

      Kohnke, O. (2015). Anwenderakzeptanz unternehmensweiter Standardsoftware. Theorie, Einflussfaktoren und Handlungsempfehlungen (Research). Zugl.: Mannheim, Univ., Habil-Schr. Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-08206-2

      Kramer, U., Borges, U., Fischer, F., Hoffmann, W., Pobiruchin, M. & Vollmar, H. C. (2019). DNVF-Memorandum – Gesundheits- und Medizin-Apps (GuMAs). Gesundheitswesen (Bundesverband der Arzte des Offentlichen Gesundheitsdienstes (Germany)) [DNVF-Memorandum – Health and Medical Apps], 81(10), e154-e170. https://doi.org/10.1055/s-0038-1667451

      Krick, T., Huter, K., Domhoff, D., Schmidt, A., Rothgang, H. & Wolf-Ostermann, K. (2019). Digital technology and nursing care: a scoping review on acceptance, effectiveness and efficiency studies of informal and formal care technologies. BMC Health Services Research, 19(1), 400. https://doi.org/10.1186/s12913-019-4238-3

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