Neue Technologien in der Pflege. Группа авторов

Neue Technologien in der Pflege - Группа авторов


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Datenschutz schmackhaft und setzt dieses in einen konkreten Bezug zum pflegerischen Versorgungsalltag. Einleitend zeigt er mit dem Einzug neuer Technologien zusammenhängende wichtige Fragen im Datenschutz auf. Der neue Wert von Daten wird durch den Autor nachdrücklich dargestellt. Im Folgenden hebt der Autor praxisnah wichtige Aspekte hervor, die Datenschutz verstehbar und für den Versorgungsalltag gestaltbar machen. Er zeigt anhand nachvollziehbarer Beispiele auf, wie die wachsende Komplexität und zunehmende Heterogenität unserer Netzwerke zu einem deutlichen Anstieg möglicher Angriffsmuster auf die IT-Sicherheit in Pflege und Gesundheitswesen führen. Gleichzeitig hebt er unmissverständlich das vielfach angebrachte Argument, man habe nichts zu verstecken, aus den Angeln und zeigt damit verbundene Gefahren auf. Er erörtert übersichtlich und für den Laien nachvollziehbar datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen genauso wie Anforderungen, die sich in Hinblick auf die Sicherheit und Verfügbarkeit der Systeme ergeben. Eine Management-Checkliste komplettiert den Beitrag und macht ihn direkt nutzbar.

      Meißner und Herzog (image Teil IV, Kap. 4) eröffnen das recht neue Thema des Digitalen Nachlasses. Sie zeigen auf, dass die Regelungen rechtlicher, finanzieller und sozialer Fragen mit zu den wichtigsten Bedürfnissen sterbender Menschen zählen und durch die Digitalisierung zu unserem leiblichen Leben das digitale Leben nun noch dazu kommt. Der Beitrag widmet sich den Fragen und Herausforderungen, die mit diesem neuen Feld einhergehen. Praxisnahe Fallbeispiele verdeutlichen die Relevanz. Gleichzeitig zeigt das Zusammenspiel pflegerischer und rechtlicher Perspektiven und Fragen die Herausforderungen im Versorgungsalltag auf. Ein Blick auf die gesundheitliche Vorsorgeplanung im Allgemeinen und § 132g SGB V im Besonderen fügt den Digitalen Nachlass in bestehende Regelungen und Vorgehensweisen ein. Der Beitrag macht insgesamt deutlich, was dies für die berufliche Pflege bedeutet und warum das Thema für beruflich Pflegende relevant ist. Das Autorinnenteam zeigt eindrücklich, dass der Zusammenhang von leiblichem und digitalem Wohl (am Lebensende) nicht trivial ist. Es wird deutlich, dass das Thema zunehmend an Relevanz gewinnen wird.

      Der Beitrag von König und Kunze (image Teil IV, Kap. 5) widmet sich der Technikberatung von Pflegebedürftigen sowie deren An- und Zugehörigen. Fehlende Informations- und Beratungsangebote sowie mangelnde Unterstützung bei der Technikaneignung stehen einer erfolgreichen Nutzung hilfreicher Technik in der häuslichen Versorgung oftmals im Weg. Ausgehend von Erfahrungen aus der Begleitung kommunaler Beratungsangebote stellen die Autoren typische Aufgaben und Instrumente im Beratungsprozess vor. Dabei geben sie Hinweise zum Aufbau von lokalen Beratungsangeboten und stellen dazu verschiedene Praxisbeispiele zu möglichen Beratungsstrukturen vor.

      Teil V: Couragiert nach vorne blicken: Vision und Ausblick

      Das einzig Konstante ist der Wandel. Das gilt auch für neue Technologien in der Pflege. Das sollte uns nicht beunruhigen und schon gar keine Angst machen. Niemand kann vorhersagen, wie die Welt in 5 oder 10 Jahren aussehen wird. Gleichzeitig haben wir alle die Möglichkeit, diese Zukunft mitzugestalten. In diesem abschließenden Beitrag fasst das Herausgeberteam Aspekte zusammen, die im Themenfeld herausragen und im Abschluss der vielen interessanten und anregenden Beiträge von besonderer Bedeutung sind.

      4 Pflege(n) mit Technik – Wie passt das zusammen?

      Anne Meißner & Christophe Kunze

      4.1 Technik und Pflege

      Historisch betrachtet ist es nicht neu, Technik in der Pflege zu nutzen. Schon Florence Nightingale hätte ihre nächtlichen Rundgänge nicht ohne Petroleumlampe vornehmen können oder zumindest wohl erschwerend mit Wachskerzen. Wer weiß, ob ihre Leistung ohne Petroleum dokumentiert und sie ebenso berühmt geworden wäre? Petroleumlampen wurden erst zu Zeiten des Krimkrieges populär, durch den auch Florence Nightingale Bekanntheit erlangt hat. Im 20. Jahrhundert wiederum wurden Petroleum- durch Stromlampen abgelöst. Die fortlaufende Entwicklung technischer Systeme gehört zu unserer modernen Welt.

      Und auch, wenn es uns mitunter nicht bewusst ist, alltagsweltliche Gegenstände unterschiedlichster Art begleiten uns seit jeher im pflegerischen Versorgungsalltag, z. B. Näh-/Injektionsnadel oder »Nachttopf« (Toiletteneimer). Durch situative und kreative Verwendung wurden diese Alltagsgegenstände bis Anfang des 20. Jahrhunderts für individuelle pflegerische Zielsetzungen verwertet. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs und der zunehmend spezialisierten Gesundheitsversorgung werden technische Systeme im späten 20. Jahrhundert stark ausdifferenziert, industriell gefertigt, ihre Funktion zertifizierend geprüft und z. B. als Medizingerät oder Hilfsmittel klassifiziert (Manfred Hülsken-Giesler 2015; vgl. Sandelowski 2005). Technische Systeme sind zunehmend und nicht nur auf der Intensivstation (z. B. Beatmungsgerät) im pflegerischen Alltag verortet, z. B. Thermometer, Rollator, Trinkhilfen, Haarwaschbecken, O2-Geräte und vieles mehr. Seit einiger Zeit ermöglichen neue Innovation erweiterte technische Systeme. Erweiterte technische Systeme im Sinne des 21. Jahrhundert sind anders. Viele Beiträge dieses Bandes greifen diese Andersartigkeit auf und verorten diese neuen Systeme in der Pflege.

      4.2 Digitaler Wandel als Alltagsphänomen

      Technik ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Unterschiedlichste technische Systeme haben Einzug gehalten. Einige fallen als solche gar nicht mehr auf, z. B. das Smartphone. Anderen blicken wir gespannt entgegen, z. B. Mixed Reality und den dazu gehörenden Brillen. Soziale Netzwerke kommen und gehen, einige bleiben. In unterschiedlichem Maß, wollen, brauchen und nutzen wir sie. Die mit dem Wandel einhergehende digitale Verfügbarkeit hat ganze Branchen auf den Kopf gestellt. Und wie es der Soziologe Hartmut Rosa auf den Punkt gebracht beschreibt: Sie verändern unser Beziehungs-, Zeit- und Raumgefüge fundamental (Rosa 2005). So buchen wir bargeldlos mit einer Regional-App ein S-Bahn-Ticket, eine Übernachtung im Wellnesshotel, bei Unbekannten auf dem Sofa oder den Flug auf die andere Erdhalbkugel. Wünschen wir uns die Zeit zu vertreiben, streamen wir die Musik, die gerade in unser Lebensgefühl passt. Dating-Apps umschmeicheln unser Beziehungsgefüge. Alexa, Cortana oder Siri dienen uns im derzeit möglichen Rahmen und in virtuellen Welten können wir sein, wer immer wir wollen. Seit COVID-19 lernen und lehren wir dazu digital und bestellen und bezahlen vermehrt online oder persönlich und bargeldlos, bisweilen sogar beim Bäcker um die Ecke. Und auch, wenn sich einiges mit der Bewältigung von COVID-19 vermutlich wieder ändern wird, nimmt die Nutzung technischer Systeme in unserem Alltag insgesamt und stetig zu. Die Welt und Deutschland sind digital in Bewegung. COVID-19 hat diesen Prozess dynamisch beschleunigt.

      Die fundamentale Bedeutung des digitalen Wandels beruht jedoch weniger auf digitalen Geräten und Diensten, sondern vielmehr in den gesellschaftlichen Veränderungen, die mit Ihrer Nutzung einhergehen. Die Verfügbarkeit digitaler Anwendungen gibt uns neue Handlungsoptionen und verändert so indirekt unseren Alltag. Mit veränderten individuellen Gewohnheiten gehen auch Veränderungen in Unternehmen und Institutionen einher, die mitunter ganze Branchen umkrempeln. Beispiele dafür finden sich u. a. im Buchmarkt (Amazon), im Transportwesen (Uber), in der Reisevermittlung (Airbnb) oder auch im Finanzwesen (Fintech-Unternehmen). Im Gesundheitswesen sind solche sog. disruptiven Entwicklungen bisher ausgeblieben, was u. a. mit hohen Anforderungen an gesundheitsbezogene Dienstleistungen z. B. in Bezug auf den Datenschutz (vgl. Althammer; image Teil IV, Kap. 3) und einer starken (i. d. R. nationalen) Regulierung zusammenhängt. Dennoch zeichnen sich auch hier tiefgreifende Änderungsprozesse ab, etwa durch Videokonsultationen (vgl. Lindwedel; image Teil II, Kap. 3), durch sog. Gesundheits- und Medizin-Apps (Kramer et al. 2019) oder durch den im Rahmen des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) geplanten Anspruch auf eine elektronische Patientenakte.

      Mit den


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