Der werfe den ersten Stein - Ein Schweden-Krimi. Thomas Kanger

Der werfe den ersten Stein - Ein Schweden-Krimi - Thomas Kanger


Скачать книгу
können in den Keller gehen, da wohne ich.«

      Sie folgten ihm die Treppe hinunter und durch eine Tür in die frühere Garage. An einem Ende des Zimmers standen ein Bett mit einem orangefarbenen Bettüberwurf, ein Sofa in dunklerem Farbton und dazwischen ein niedriger Tisch. Am entgegengesetzten Ende stand ein Schreibtisch mit einem großen Computer.

      An der Wand darüber hingen an die zehn Messer in einer Anordnung, die vermutlich dekorativ sein sollte. Enquist ging näher heran und zog eins heraus.

      Andreas Mårtensson machte einen Schritt auf Enquist zu und öffnete den Mund wie zum Protest, hielt sich dann aber zurück, weil Jönsson sich vor ihn stellte und die Hand hob.

      »Setzen Sie sich, Mårtensson. Wir können Ihnen nur so viel sagen, dass im Zusammenhang mit dem Feuer ein Mercedes 280 eine Rolle spielt. Können Sie mir sagen, was Sie in der Brandnacht gemacht haben, also in der Nacht zum Donnerstag letzte Woche?«

      Enquist schob das Messer wieder in die Scheide und setzte sich aufs Sofa. Jönsson setzte sich neben ihn und gab Andreas Mårtensson ein Zeichen mit der Hand, sich ebenfalls zu setzen. Der blieb einen Augenblick stehen, setzte sich jedoch schließlich auf sein Bett den Polizisten gegenüber.

      Er schwieg eine Weile.

      »Ja, das kann ich. Ich hab in diesem Bett gelegen und geschlafen. Wo hätte ich sonst sein sollen? Hier hab ich letzte Woche jede Nacht geschlafen.«

      Er lachte auf.

      »Leider. Ich hätte gern bei jemand anders geschlafen.«

      »Jemand anders kann also nicht bestätigen, dass Sie hier waren?«, fragte Jönsson.

      »Meine Eltern wohnen im Erdgeschoss. Sie haben auch geschlafen, soweit ich weiß. Aber sie können Ihnen bestätigen, dass ich abends zu Hause war. Außer am Montag, da war ich beim Fußball. Und Freitag. Da war ich mit einem Freund in Västerås und bin spät nach Hause gekommen. Aber ich möchte gern mal wissen, um was es hier eigentlich geht.«

      »Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie nur auf unsere Fragen antworteten«, sagte Jönsson. »Wie lange haben Sie Ihr Auto schon?«

      »Ich fahre es jetzt ein Jahr. Vorher hat es meinem Vater gehört. Als er sich ein kleineres angeschafft hat, hab ich den Mercedes übernommen.«

      »Ist der nicht ein bisschen zu groß für eine einzelne Person?«, fragte Enquist.

      »Schon, und teuer im Unterhalt. Aber ich hab ihn ja umsonst gekriegt. Ist doch toll.«

      »Wo befand sich das Auto in der Brandnacht?«, fragte Jönsson.

      »Hier draußen. Ich weiß nichts Gegenteiliges. Wenn es niemand gestohlen und wieder zurückgebracht hat, ohne dass es dem Auto anzusehen ist.«

      »Warum sagen Sie das? Haben Sie den Verdacht, so könnte es gewesen sein?«

      »Ach was!«, platzte Mårtensson heraus. »Wie hätte das zugehen sollen? Ich hab’s nicht so gemeint.«

      »Aha, schon wieder ein anderer?«

      Andreas Mårtensson antwortete nicht.

      »Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir Ihr Auto durchsuchen?«, sagte Jönsson.

      »Machen Sie das, wenn Sie wollen. Bitte sehr.«

      Enquist änderte seine Sitzhaltung.

      »Kalender Media«, sagte er, »ist das Ihre Firma? Was ist das für eine Art Unternehmen?«

      »Ich schreibe Texte aller Arten. Freiberuflich für die Medienbranche. Sportberichte für die Länstidningen, Werbetexte für kleinere Firmen hier in Sura, Informationsmaterial für Vereine. Ich mache auch Layouts. Auf dem Computer.«

      »Geht es gut, finanziell, meine ich?«

      »So lala. Ich komme zurecht. Aber fett werde ich davon nicht. Ich wohne immer noch bei meinen Eltern, wie Sie sehen.«

      »Haben Sie einen Auftrag für das Bürgerhaus gehabt?«

      »Nein.«

      Die Antwort kam rasch.

      »Haben Sie dem Bürgerhaus Angebote gemacht?«

      »Ja, zwei Mal. Aber ich habe die Aufträge nicht bekommen. Sie sind beide Male an ein anderes Unternehmen gegangen.«

      Andreas Mårtensson atmete etwas heftiger.

      »Obwohl ich weiß, dass ich eigentlich billiger war. Ich hab nicht so viele Overheadkosten. Das kann man vielleicht sehen? Keine Angestellten und keine Büromiete. Und meine Arbeit ist besser. Aber der, dem das Unternehmen gehört, ist Sozi. So funktioniert das in unserer Kommune. Man könnte schon wegen weniger das Rauchen anfangen. Ich komm ohne die klar, aber ich finde, es sollte gerecht zugehen.«

      »Können wir uns jetzt Ihr Auto ansehen?«, fragte Jönsson.

      Andreas Mårtensson erhob sich und nahm den Autoschlüssel aus einer Schreibtischschublade. Sie verließen das Zimmer durch die Tür im Souterrain. Mårtensson schloss das Auto an der Fahrerseite auf.

      »Würden Sie bitte auch die Motorhaube und den Kofferraumdeckel öffnen?«, bat Enquist.

      Fünf Minuten später waren sie fertig. Sie hatten alle Stellen, an die sie herankamen, überprüft, ohne sich die Hosen schmutzig zu machen. Sie nickten Mårtensson zum Dank zu, gingen zu ihrem Auto und fuhren davon. Im Rückspiegel sahen sie Andreas Mårtensson auf dem Bürgersteig stehen und ihnen nachschauen, bis sie abbogen.

      »Was hältst du von der Sache?« Jönsson wandte sich Enquist zu, der am Steuer saß.

      »Sein Aussehen passt ja zu der Beschreibung von Peter Adolfsson vom Kanistermann«, antwortete Enquist. »Und das Auto war sehr gründlich geputzt, hast du das gesehen? Ich bin mit den Fingern über das Armaturenbrett gefahren, da ist kaum ein Stäubchen hängen geblieben. Das Zimmer schien aber auch sehr aufgeräumt. Vielleicht ist er einfach nur ein ordentlicher Mensch. Und das einzige Motiv, das wir kennen, ist wirklich minimal.«

      »Aber er war ziemlich frustriert darüber, wie die ihn vom Bürgerhaus behandelt haben«, sagte Jönsson. »Es scheint allerdings ein bisschen gar zu drastisch, wegen ein paar entgangener Aufträge gleich die ganze Bude abzubrennen. So empfindlich kann ja wohl keiner sein.«

      Enquist bog zum Zentrum ab und parkte das Auto schräg vor einem roten Plakat, auf dem Kaffee und Kopenhagener für fünfzehn Kronen angepriesen wurden.

      »Ja, vielen Dank.« Jönsson nickte.

      Drinnen im Café bestellte Enquist eine einfache Tasse Kaffee, die vierzehn Kronen kostete. Jönssons Handy klingelte in dem Augenblick, als er es aus der Tasche nahm, um es auf den Tisch zu legen.

      Es war Jan Niklasson.

      »Ich hab jetzt Antwort vom Labor. In den Erdproben, die vor dem Fenster auf der Rückseite und drinnen im Haus genommen wurden, hat man Benzinspuren gefunden. Ich hab auch mit den Brandtechnikern geredet. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass der Brand gelegt wurde. Jemand hat das Fenster eingeschlagen, Benzin hineingegossen und angezündet. Sie sagen, durch das Baumaterial im Innern konnte sich das Feuer so schnell ausbreiten.«

      »Dann ist es also Brandstiftung«, stellte Jönsson fest. »Das wissen wir nun also.«

      »Noch etwas«, sagte Niklasson. »Der Hausmeister Karl Johansson wird Sonntag beerdigt. Einer von uns sollte vielleicht hingehen. Er hatte nicht viele Angehörige.«

      »Vielleicht«, sagte Jönsson. »Ich werde Wiik bitten.«

      Jönsson drückte auf »Aus«.

      »Jetzt fahren wir zu Mehmedović«, sagte er zu Enquist und erhob sich.

      Der »Scheunen«-Pub und das Restaurant waren in einem Gebäude untergebracht, das tatsächlich einmal eine Scheune gewesen war. Das Einzige, was vielleicht noch an die Landwirtschaft vergangener Zeiten erinnerte, waren die Form des Hauses und die rot gestrichene Holzfassade. Ansonsten war die Scheune vollkommen verändert. An beiden


Скачать книгу