Der werfe den ersten Stein - Ein Schweden-Krimi. Thomas Kanger

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und »TÜRAKTION. NACH DEM AUTO FRAGEN«.

      Dann hob er noch einmal den Telefonhörer ab und wählte eine Nummer.

      »Spurensicherung, Per Eriksson«, meldete sich ein Mann am anderen Ende der Leitung.

      »Egon Jönsson von der Kripo«, sagte Jönsson. »Es geht um den Brand im Bürgerhaus in Surahammar. Ich habe einen Zeugen, der hat ungefähr zu der Zeit, als das Feuer ausbrach, einen Mann mit einem Benzinkanister gesehen. Es scheint also eine feuergefährliche Flüssigkeit im Spiel zu sein.«

      »So was verbrennt. Ist bei der technischen Untersuchung manchmal schwer nachzuweisen. Aber verbranntes oder verdunstetes Benzin hinterlässt Spurenelemente, ganz unmöglich ist es also nicht.«

      » Spurenelemente?«

      »Ja, Metalle. Ich werde die Information an die Jungs da draußen weitergeben.«

      Die Liste mit den Autos kam fünf Minuten vor acht. Jönsson druckte sie aus und ging zum Besprechungszimmer. Die Gruppe war fast vollzählig versammelt. Jan Niklasson und Erik Enquist waren auch schon da. Er drehte sich in der Tür um und sah Elina Wiik hinter sich kommen.

      »Seit gestern Nachmittag ist nichts Nennenswertes mehr passiert«, sagte sie, bevor sie den Raum betraten. »Aber was hast du aus dem Jungen herausgekriegt?«

      »Das erfährst du gleich«, sagte er und wedelte mit den Papieren.

      Oskar Kärnlund knöpfte seinen Hemdkragen auf, der ihn zu erwürgen drohte, und ging sofort zur Tagesordnung über.

      »Wir fangen mit dem Brand an«, sagte er. »Dann können die, die damit beschäftigt sind, gehen. Wir anderen haben noch einiges zu besprechen, da braucht ihr nicht dabei zu sein.«

      Er beugte sich vor und legte die Hände auf den Tisch.

      »Als Erstes muss ich euch mitteilen, dass wir jetzt die Bestätigung haben, dass Hausmeister Karl Johansson bei dem Feuer ums Leben gekommen ist. Als wir erst einmal seinen Namen hatten, war es leicht, seinen Zahnarzt ausfindig zu machen; Enquist hat gestern am frühen Nachmittag mit ihm gesprochen. Der Gerichtsmediziner sagt, der Zustand der Zähne von der Leiche ist identisch mit Johanssons Zähnen. Der Tote hatte kaum Angehörige, aber wir haben eine Schwester in Borlänge gefunden. Ich habe die Kollegen dort gebeten, ihr die Nachricht zu überbringen. Sie waren so nett, die Aufgabe zu übernehmen. Sobald das erledigt ist, hoffentlich jetzt bald, gebe ich die Mitteilung für die Medien frei.«

      Kärnlund wandte sich an Jönsson.

      »Jetzt kannst du übernehmen.«

      Jönsson erhob sich, kratzte sich am Ohr und packte das Bündel Papier mit beiden Händen.

      »Die Befragungsaktion an den Türen hat nichts Besonderes ergeben«, begann er. »Aber am Nachmittag erschien ein Junge namens Peter Adolfsson auf dem Polizeirevier in Surahammar. Ich habe ihn sofort verhört und halte hier die Abschrift in den Händen. Ich muss sagen, er war einer der besten Augenzeugen, die ich seit langem gehabt habe. Er erinnerte sich an vieles und hatte die Details im Griff.«

      Jönsson berichtete von den Angaben über den Kanistermann und das Auto.

      »Laut Autoregister gibt es 1 102 Mercedes 280 SE dieser Baujahre im ganzen Land. Aber über 800 davon sind bereits abgemeldet, sodass nur ...«

      Er blätterte in seinen Papieren.

      » ... noch 278 auf unseren Straßen rollen. Man könnte natürlich annehmen, der Zeuge irre sich, aber er schien seiner Sache ziemlich sicher zu sein, außerdem kann man ja überprüfen, ob seine Beschreibung mit dem Automodell übereinstimmt. Unter allen Umständen müssen wir von den Autos ausgehen, die auf dieser Liste stehen. Von den 278 Wagen gibt es sieben in Västmanland, davon fünf in Västerås und zwei in Surahammar. Es könnte natürlich auch eins der abgemeldeten Autos gewesen sein, aber ich finde, wir fangen mit diesen sieben und ihren Besitzern an.«

      »Gut, Jönsson«, sagte Kärnlund. »Sonst noch was?«

      »Nein. Den Rest können wir in der Gruppe besprechen. Ich bin der Meinung, dass wir die Befragung an den Wohnungstüren genauso weiterführen wie gestern. Jetzt haben wir ja etwas, wonach wir fragen können. Vielleicht haben noch mehr Leute den Mercedes oder den Mann mit dem Kanister gesehen.«

      Zusammen mit Jönsson verließen Niklasson, Enquist, drei neue freiwillige Türklopfer und Elina Wiik den Raum. Sie war nicht ganz sicher, ob Jönsson wollte, dass sie die Hinweisannahme auch heute fortsetzen sollte. Sonst könnte sie sich an der Befragungsaktion beteiligen. Sie gingen in Jönssons Zimmer. Jönsson und Niklasson setzten sich auf die beiden Stühle, die es dort gab, die anderen hatten Stehplätze.

      »Wir konzentrieren uns jetzt auf die Häuser nördlich und östlich von der Fußgängerzone«, sagte Egon Jönsson. »Dort ist die Chance am größten, dass jemand das Auto oder den Kanistermann gesehen hat. Wiik nimmt weiter Hinweise auf dem Revier entgegen. Wir müssen außerdem mit mehr Leuten reden, die mit dem Bürgerhaus in Verbindung standen, aber das kann noch ein wenig warten.«

      Er wandte sich an Niklasson.

      »Hör dich mal bei der Verkehrspolizei um, ob die in der Brandnacht Alkoholkontrollen im Bezirk durchgeführt haben. Vielleicht haben sie einen Mercedes erwischt. Und frag die Patrouille, ob sie unterwegs so ein Auto gesehen haben. Wie hießen die Kollegen noch?«

      »Karlsson und Agestål«, sagte Niklasson.

      »Frag auch beim Rettungsdienst nach, wenn du schon mal dabei bist«, sagte Jönsson. »Die waren nach dem Anruf als Erste vor Ort. Enquist, wir beide überprüfen die Autobesitzer.«

      Er blätterte in den Papieren.

      »Nach dem Registerausdruck sind zwei der Autos in Västerås grün. Der Rest ist schwarz. Die grünen können natürlich neu lackiert worden sein, nachdem sie registriert wurden, das müssen wir überprüfen. Wir gehen systematisch vor.«

      »Wie heißen die Besitzer?«, fragte Enquist. »Vielleicht kenn ich einen von denen, die in Surahammar wohnen.«

      Jönsson fuhr mit dem Finger an den Zeilen entlang.

      »Der eine heißt Andreas Mårtensson. Er ist 1977 geboren. Wie alt ist er dann jetzt?«

      »Vierundzwanzig«, sagte Elina.

      »Das stimmt gut mit dem Alter vom Kanistermann überein. Der zweite ist jemand mit ausländischem Namen, Ismail Mehmedović. Das klingt jugoslawisch, finde ich. Alle Fußballspieler von dort haben Namen, die auf -ić enden. Er wurde 1961 geboren.«

      »Die Namen sagen mir nichts«, sagte Enquist. »Aber vielleicht gibt das Register was her.«

      »Okay«, sagte Jönsson. »Wenn du die Kollegen und die Leute von der Feuerwehr befragt hast, machst du mit der Türklopfaktion weiter, Niklasson. Wollen wir anfangen?«

      6

      Elina Wiik empfand keinen Enthusiasmus für die Arbeit des Tages. Die Chance, dass sich bei der Annahme der Hinweise etwas ergeben könnte, schien gering. Da waren die Voraussetzungen für die Befragung an den Türen schon besser. Andererseits war Peter Adolfsson auf dem Revier erschienen. Seine Angaben hatten dazu geführt, dass sie konkreteren Fragen nachgehen konnten. Aber ihre Rolle in dem Ganzen erschien ihr gar zu passiv. Bestenfalls war sie eine Zuhörerin. Nicht eine Denkerin oder Sucherin. Nicht das, was sie sein wollte. Sie fuhr mit ihrem eigenen Auto, es war ein drei Jahre alter Micra, nach Surahammar und parkte vor dem Polizeirevier. Sie steckte die Autoschlüssel in die Hosentasche und schaute zur Fußgängerzone. Dann beschloss sie, zum Bürgerhaus zu gehen. Die blauweiß gestreiften Absperrbänder hingen durch, waren aber noch nicht entfernt. Ein uniformierter Polizist war nicht zu sehen, aber die Leute von der Spurensicherung waren schon bei der Arbeit. Sie hörte, wie sie sich hinter den Resten der Ziegelsteinfassade unterhielten. Sie blieb stehen und schaute fast fünf Minuten hin.

      Man muss sich das Gefühl für das Verbrechen bewahren, dachte sie. Jemand hat Feuer gelegt. Dort drinnen ist ein Mensch ums Leben gekommen.

      Die Fußgängerzone


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