Forschungsmethoden und Statistik für die Soziale Arbeit. Mathias Blanz
tritt in Deutschland häufiger auf als in Norwegen«;
Verwertungszusammenhang: Der mögliche Nutzen von Forschungsergebnissen
Die Nutzung der Untersuchungsbefunde umfasst zunächst eine Ergebnisdarstellung, z. B. in Form einer Bachelor- oder Masterarbeit oder eines Berichtes für die auftraggebende Instanz, und ggf. später die Publikation (Veröffentlichung) der Untersuchung (z. B. Zeitschriftenartikel, Monographie). Dabei sind oft bestimmte Regeln für die formale (z. B. Umfang) und inhaltliche (z. B. Kapitelanordnung) Ausgestaltung zu beachten, die von Hochschulen, Verlagen usw. vorgegeben werden (
Wie ersichtlich, ist wissenschaftliche Forschung mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden. Dies erscheint gerechtfertigt angesichts der vielen potentiellen »Fehlerquellen«, denen das Alltagsurteil im Vergleich zum wissenschaftlichen Urteil ausgesetzt ist (vgl. Schermer, 2011; Schröder, 1976). Denn Alltagserfahrungen beruhen meist auf unsystematischen Beobachtungen (z. B. wissen wir häufig mehr über Straftaten, die Ausländer in unserem Land verüben, als über Straftaten, die unsere Landsleute im Ausland begehen), sie vernachlässigen den Einfluss des Zufalls (z. B. stärkt eine Alkoholfahrt, die ohne Folgen blieb, die Überzeugung, dass Alkohol am Steuer unbedenklich ist) und sie sollen zur eigenen »Lebenswelt« passen (sind z. B. die Personen in einer Liebesbeziehung sehr unähnlich zueinander, dann belegt dies, dass »sich Gegensätze anziehen«; sind sie hingegen sehr ähnlich, dann heißt es »Gleich und Gleich gesellt sich gern«).
1.4 Erstellen eines Exposés
Der gesamte Prozess von der Entwicklung der Fragestellung, der Formulierung der Hypothesen, der Untersuchungsplanung sowie der Operationalisierung bis zur Planung der Datenerhebung und -auswertung wird auch als Konzeptualisierung einer empirischen Studie bezeichnet. In einer möglichst frühen Phase des Forschungsprozesses (bei Abschlussarbeiten eventuell sogar vor der Anmeldung der geplanten Arbeit) empfiehlt es sich, zur Verbesserung des Zeitmanagements einen konkreten Gesamtplan zur inhaltlichen und terminlichen Strukturierung der kommenden Aufgaben zu erstellen. Ein solches Exposé sollte nach Bortz & Döring (2006) u. a. folgende Fragen beantworten: »An welcher Stichprobe kann ich am besten meine Hypothesen testen?« (Auswahl einer geeigneten Stichprobe); »Welchen Umfang soll die Stichprobe aufweisen?« (Festlegung der Stichprobengröße); »Wie gewinne ich die UntersuchungsteilnehmerInnen am besten?« (Auswahlverfahren der Stichprobe); »Welche Informationen gebe ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Untersuchung, welche nicht?« (sog. Cover Story); »Welche Versuchsbedingungen möchte ich herstellen?« (Manipulation der Ursachenvariablen); »Welche Erhebungsmethoden will ich einsetzen?« (Messung der Wirkvariablen); »Wie soll die Datenerhebungssituation aussehen?« (Plan für die Datenerhebung, d. h. Zeit, Ort, Ablauf etc.) und »Mit welchen Verfahren möchte ich die Daten analysieren bzw. die Hypothesen prüfen?« (Planung der statistischen Datenauswertung). Box 2 enthält ein Beispiel für ein Exposé, das sich auf die Erstellung einer empirischen Bachelorarbeit (über einen Zeitraum von 6 Monaten) in der Sozialen Arbeit bezieht. Für Masterarbeiten können Fragestellung, Hypothesenformulierung, Stichprobenumfang, Datenerhebung und -analyse entsprechend komplexer bzw. umfangreicher ausfallen, grundsätzlich dürfte die Strukturierung jedoch ähnlich sein (für weitere Exposés z. B. für Feldstudien und Untersuchungsserien bei Dissertationen siehe Sonnentag, 2006). Nähere Details zur formalen und inhaltlichen Gestaltung solcher Abschlussarbeit werden in Kapitel 5 ausgeführt.
Box 2: Beispiel eines Exposés für eine empirische Bachelorarbeit in der Sozialen Arbeit
15. März: Anmeldung der Bachelorarbeit; erste Formulierung der Fragestellung; zum Beispiel: »Welche Faktoren wirken sich förderlich bzw. hemmend auf den Integrationserfolg von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland aus?«; Kontakt zu einem kommunalen Zentrum für Menschen mit Migrationshintergrund besteht bereits (bzw. wird hergestellt).
15. März bis 15. April: Literatursammlung und Literaturstudium; Auswahl geeigneter Theorien und vorliegender empirischer Studien zum Thema; evtl. Durchführung einer qualitativen Vorbefragung an zwei (oder mehr) Personen des Zentrums (z. B. einer mit hohem und einer mit niedrigem Integrationserfolg); Präzisierung der Untersuchungshypothesen auf der Basis des aktuellen Forschungsstandes und den Ergebnissen der Vorbefragung; zum Beispiel: »Der Integrationserfolg ist umso höher, je stärker die Herkunftskultur der MigrantInnen von den Deutschen akzeptiert wird«.
15. April bis 31. Mai: Auswahl der Untersuchungsart (z. B. querschnittliche Fragebogenstudie); Operationalisierung der beteiligten Variablen; zum Beispiel: Der Integrationserfolg soll durch Maße für das gesundheitliche Wohlbefinden der Migranten und Migrantinnen sowie dem Ausmaß ihrer sozialen Kontakte zu Deutschen quantifiziert werden; Erstellen einer ersten Version des Fragebogens (evtl. in unterschiedlichen Sprachen); Festlegung der Stichprobe (z. B. Heraussuchen von Adressen ähnlicher Zentren in Deutschland) und der Auswahlstrategie (z. B. Zufallsverfahren); evtl. Überprüfung der Verständlichkeit des Fragebogens an einer kleinen Stichprobe des kommunalen Zentrums; Erstellen der Abschlussversion des Fragebogens.
Juni: Vervielfältigung und Versand der Fragebögen an die ausgewählten Institutionen (alternativ: Anschreiben an die Institutionen mit der Bitte um Teilnahme an einer Online-Befragung); schriftliche Ausarbeitung des Theorie- und Literaturteils der Arbeit (
Juli: Anfertigen des Methodenteils der Bachelorarbeit; Beendigung der Datenerhebung und Eingabe der Daten in ein statistisches Analyseprogramm (z. B. SPSS;
August: Schriftliche Ausarbeitung des Ergebnis- und Diskussionsteils der Arbeit; Zusammenstellung der einzelnen Teile der Arbeit zu einem Gesamtmanuskript; Korrektur lesen (lassen) der Arbeit.
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