Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
dann so weit.«
»Sehr gut. Ich auch.« Sie lächelte noch immer, als sie im Bett aus dem Zimmer gefahren wurde.
Erst, als sie ihrem Sohn auf dem Flur begegneten, verschloss sich ihre Miene. Auch Volker wirkte alles andere als erbaut über diese Begegnung.
»Was fällt dir ein? Wegen dir habe ich mich zum Gespött der ganzen Klinik gemacht«, schimpfte er ungehalten.
»Ich habe dich nicht gebeten, Dr. Norden in aller Öffentlichkeit zu diffamieren«, gab Elfriede kühl zurück. »Er ist der beste Arzt weit und breit und zu Recht Chef dieser Klinik. Wenn du es irgendwann einmal zu etwas bringen willst, dann nimm dir ein Beispiel an ihm.« Sie gab der Schwester ein Zeichen, dass sie weiterfahren konnten.
Schwester Elena platzte beinahe vor unterdrücktem Lachen. Doch sie ließ sich nichts anmerken und lieferte Elfriede Lammers sicher im Operationssaal ab.
*
Paola stieg aus dem Taxi, das vor der Behnisch-Klinik gehalten hatte. Ihr Blick wanderte über die freundliche Fassade bis hinüber zu den großen Eingangstüren aus Glas. Sie gab sich einen Ruck und marschierte los. In der Halle – einladend wie die Lobby eines schicken Hotels – erkundigte sie sich bei einer der Schwestern am Empfang nach Dr. Adrian Wiesenstein.
»Moment.« Schwester Ina warf einen Blick in den Computer. »Im OP ist er zumindest nicht. Wahrscheinlich finden Sie ihn in einem der Büros auf Station.«
»Können Sie ihn anrufen und ihm ausrichten, Paola sei hier? Ich warte dort drüben.« Sie deutete auf eine der Sitzgruppen in der Ecke.
»Natürlich!«
Paola schlenderte hinüber, setzte sich und schlug die Beine übereinander. Während sie wartete, kontrollierte sie die Nachrichten in ihrem Handy. Eine davon zauberte ihr ein zärtliches Lächeln ins Gesicht.
»Ich liebe dich auch, Pierre«, murmelte sie, während sie eine Antwort tippte. Sie hatte gerade auf »Senden« gedrückt, als ein Schatten vor ihr auftauchte. Sie sah hoch. Das Lächeln auf ihrem Gesicht wurde tiefer. »Adrian, mein Lieber.«
»Paola!« Adrians Stimme war heiser. Er zog sie an den Händen hoch und wollte sie küssen.
Geschickt wich sie seiner Liebesbekundung aus.
»Hier arbeitest du also.«
Nichts Böses ahnend lachte Adrian.
»Ja, hier arbeite ich. Soll ich dich herumführen?«
»Nein, nein, danke. Ich bin eigentlich nur hier, um dir zu sagen, dass es eine kleine Planänderung gibt.« Sie spielte mit dem obersten Knopf seines Hemdes.
»Gehen wir heute Abend nicht ins Theater?«
»Doch, natürlich. Es geht um morgen.«
Adrians Augen leuchteten auf.
»Du hast dich entschieden, das Engagement in Zürich nicht anzunehmen?« Er war sich seiner Sache so sicher, dass er seine große Hoffnung ohne Scheu laut aussprach.
Paola sah ihn überrascht an.
»Wie bitte? Wie kommst du denn auf so eine Idee?«
Langsam versickerte das Lächeln auf Adrians Gesicht.
»Aber ich … Ich dachte, du bist so glücklich mit Joshua.« Er zögerte. »Mit mir. Mit unserer kleinen Familie.«
»Das bin ich doch auch. Aber das heißt doch noch lange nicht, dass ich meine Pläne über den Haufen werfe«, erklärte Paola wie selbstverständlich. »Mal abgesehen davon, dass in Zürich ein Mann auf mich wartet.« Sie löste sich aus der Umarmung und begann, geschäftig vor Adrian auf und ab zu laufen. Dabei gestikulierte sie eifrig.
»Es geht darum, dass ich eine tolle Idee hatte. Joshua ist so ein begabter junger Mann. Es wäre eine Schande, sein Talent nicht zu fördern. Deshalb habe ich ihn gefragt, ob er mich nicht nach Zürich begleiten will.«
Adrian schnappte nach Luft.
»Wie bitte?«
»Komm schon, Adri, mach kein solches Gesicht.« Lachend streichelte Paola ihm über die Wange.
Mit einer unwirschen Bewegung schlug er ihre Hand fort. »Lass das! Und nenn mich nicht Adri!«
»Meine Güte.« Verächtlich verzog Paola das Gesicht. »Joshua hat recht. Du bist ein Spießer. Und was für einer.« Mit diesen Worten wandte sie sich ab. Ohne ein weiteres Wort ließ sie ihn stehen.
In seiner Verzweiflung zog Adrian das Handy aus der Tasche und wählte die Nummer seines Sohnes. Die automatische Ansage teilte ihm mit, dass Joshua Wiesenstein in diesem Augenblick nicht erreichbar war.
*
»Hallihallo!« Daniel Nordens Stimme hallte durch den Hausflur. »Ist jemand zu Hause?«
Einen Moment lang war alles ruhig.
Dann hörte er Schritte.
»Sieh mal einer an! Du hast es also auch schon geschafft.« Fee tauchte in der Tür auf. Sie lehnte sich in den Türrahmen, verschränkte die Arme und sah ihrem Mann dabei zu, wie er die Schuhe auszog und die Jacke an die Garderobe hängte. »Ich habe mich schon gewundert, wo du so lange bleibst.«
»Ich hatte doch noch diese komplizierte OP.«
»Frau Lammers, ich weiß. Die Vögel haben es mal wieder von den Dächern gezwitschert.«
»Diesmal ist alles gut gegangen.« Daniel seufzte zufrieden, ehe er seine Frau in die Arme schloss und zur Begrüßung küsste. »Die Osteonekrose war doch noch nicht so weit fortgeschritten wie befürchtet. Wenn alles nach Plan verläuft, werden wir bald ihre Schmerzfreiheit feiern können.«
»Das freut mich für dich, mein Lieber.« Felicitas lächelte süß. Gleichzeitig löste sie sich aus der Umarmung. Sie wandte sich ab und wanderte durch den Flur, um nach rechts ins Wohnzimmer abzubiegen. Dort ließ sie sich auf das Sofa fallen. Daniel folgte ihr. Nichts Gutes ahnend blieb er vor der Couch stehen. Ein Glas Wein in der Hand, blitzte sie ihn herausfordernd an. »Leider wirst du allein feiern müssen. Ab morgen früh sind wir nämlich geschiedene Leute. Dann werde ich nämlich einen Anwalt aufsuchen und hochoffiziell die Scheidung einreichen.«
Entgeistert starrte Daniel seine Frau an.
»Aber das kannst du nicht machen! Du bist mindestens zu fünfzig Prozent mitschuldig daran, dass ich Klinikchef geworden bin und nur noch wenig Zeit habe.«
Bedauernd zuckte Fee mit den Schultern.
»Tut mir leid, mein Lieber. Diese Ausrede lasse ich nicht gelten. Schließlich verlange ich keine Woche Urlaub von dir, sondern lediglich ein verlängertes Wochenende.«
»Das ist jetzt wirklich schade.« Daniel griff nach hinten und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Hosentasche. »Dann muss ich Dési fragen, ob Sie mit mir eine Woche Urlaub in einem ehemaligen Jagdschloss machen möchte.« Er faltete das Papier auseinander. »Es handelt sich um das Sommerdomizil der Adelsfamilie Fratellini, das eine elegante und historische Atmosphäre verbreitet. Es gibt ein türkisches Bad sowie ein Restaurant mit Taverne. Die weitläufige Parklandschaft beherbergt einen Pool mit Seeblick …«
»Genug, genug, du hast mich überzeugt.« Fee war aufgesprungen. Das Glas Wein in der Hand, legte sie die Arme um den Nacken ihres Mannes. »Ich habe es mir noch einmal überlegt. Ich werde mich doch noch nicht scheiden lassen.«
»Und was, wenn ich schon eine andere gefunden habe?«, fragte Daniel frech.
»Ausgeschlossen. Denn eine, die besser zu dir passt, gibt es nicht«, raunte Fee ihm ins Ohr und zögerte nicht, den Beweis für diese selbstbewusste Behauptung anzutreten.
Als der Notarzt Dr. Matthias Weigand den Privatwagen