Messi. Luca Caioli
man dem 14-jährigen Maradona zusah.“
Er erhält nun also nicht nur Lob von seinem Trainer, sondern auch den Respekt und die Zuneigung seiner Altersgenossen. Die Saison 2001/02, die nicht besonders gut begonnen hatte, nimmt zu Hause wie auswärts ein großartiges Ende. Die Siege gegen Real Madrid und Espanyol Barcelona bei den Turnieren des FC Villareal und in San Gabriel bilden schließlich das Sahnehäubchen auf der Saison-Torte.
In der Saison 2002/03 spielt Lionel in der Cadet A, also bei den 15 - bis 16-Jährigen, bestreitet 30 Ligaspiele (und wird als einziger Spieler in sämtlichen Partien eingesetzt), erzielt 36 Tore (fünf mehr als Stürmer Víctor), trifft dreimal dreifach, einmal vierfach und gewinnt zwei Titel – die Liga de División de Honor und die Copa Catalunya. In dieser Bilanz sind Trophäen wie der Ladislao-Kubala-Gedenkpokal oder die vielen Dreierturniere des Sommers noch nicht einmal mit eingerechnet.
Mit 15 Jahren misst Leo 1,62 Meter, wiegt 55 Kilogramm und ist der Kleinste im Kader (der Größte, Gerard Piqué, bringt es auf 1,91 Meter). Der Jüngste ist er allerdings nicht, das ist Ramón Massó Vallmajó, der erst im Oktober 15 Jahre alt wird. Er ist ein Eckpfeiler jener talentierten Truppe, die von Álex García geleitet wird. Lediglich beim Pokalwettbewerb Campeonato de España kann Messi nicht glänzen. Weder er noch Franck Songo’o, Sohn des ehemaligen Torhüters von Kamerun, dem FC Metz und Deportivo La Coruña, sind spielberechtigt. Die Regeln für dieses besondere Turnier schließen sämtliche Spieler von der Teilnahme aus, die nicht in Spanien geboren sind oder zumindest einen spanischen Pass besitzen. Das hindert ihn allerdings nicht daran, den Sieg mit den anderen zu feiern. Die Staatsangehörigkeit jedoch ist eine Sache, die ihm in den folgenden Jahren noch einige Kopfschmerzen bereiten soll.
*Die Bezeichnungen für die Jugendmannschaften in Spanien lauten wie folgt: Juvenil A = 17–19 Jahre, Juvenil B = 15–18, Cadet A = 15–16, Cadet B = 14–15, Infantil A = 13–14, Infantil B = 12–13, Aleví A = 11–12, Aleví B = 10–11; Benjamí A = 9–10, Benjamín B = 8–9, Prebenjamí = 7–8. Anm. d. Übers.
Kapitel 9
Die Maske von Puyol
Gespräch mit Álex García, Jugendtrainer FC Barcelona
Wir sind an der Eislaufhalle des Camp Nou verabredet. Dort sind gerade die Jungprofis des Eishockeyteams FC Barcelona Hoquei Gel aktiv. Hinter der Glasscheibe, die Cafeteria und Sportanlage trennt, kann man einige schwierige Übungen und zwei wenig elegante Zusammenstöße beobachten. Eine dieser Übungen kennt Álex García nur zu gut, wenn auch auf einem vollkommen anderen Untergrund. Er hat bereits eine Karriere als torgefährlicher Mittelfeldspieler hinter sich. Sein Debüt in Blau und Weinrot gab er am 5. Dezember 1990, und das in der berühmtesten aller Mannschaften – dem Dream Team. Hinzu kommen einige Jahre als Jugendtrainer des FC Barcelona, wo er Messi eine ganze Saison lang trainiert hat.
Kommen wir noch einmal auf die Meisterschaft 2002/03 zurück.
„Das war mein zweites Jahr als Trainer der Cadet A. Ich hatte einen ziemlich talentierten Haufen Jungs, darunter Fàbregas, Piqué, Vásquez und Leo …“
Wie war er so?
„Stets aufgeschlossen, bei allem immer aufmerksam, ruhig, schüchtern, zurückhaltend und von großer Klasse. Er war ein ganz besonderer Spielertyp. Bekam er den Ball, war er nicht aufzuhalten. Sein Dribbling war einfach grandios. Auf dem Platz konnte er schon sauer werden, wenn man ihn nicht anspielte oder es nicht so gut machte, wie er wollte. Allerdings hat er nie über eine Schiedsrichterentscheidung oder ein Foul gemeckert.“
Und wie war er im Kreise der übrigen Gruppe?
„Nun, die haben sich ziemlich viel um ihn gekümmert. Sie haben ihn beschützt, weil er wie ein kleiner Bruder für sie war und weil die Gegner immer auf ihn drauf sind. Deshalb standen ihm Piqué oder Víctor stets zur Seite. Alle wussten, dass er wichtig für die Mannschaft war und dass Leo jederzeit ein Spiel entscheiden konnte.“
Hatte er jemals irgendwelche Probleme mit Ihnen?
„Nein, auf keinen Fall. Ich wusste, dass er weit weg von zu Hause und seiner Familie war und dass er mit seinem Vater hier lebte. Ich konnte sein Heimweh gut nachvollziehen. Ab und zu habe ich ihn danach gefragt, aber er wirkte so, als ob ihm nichts etwas anhaben könnte. Er behielt alles für sich. Mit 15 Jahren wusste Leo bereits, was er wollte. Ihm war bewusst, dass er bei Barça eine Chance hatte. Er wusste auch, was es bedeutete, ein Opfer zu bringen – das taten schließlich er und seine Familie. Also wollte er seine Chance nicht ungenutzt lassen. In fußballerischer Hinsicht gab es nur eins, was er nicht abkonnte: auf ungewohnten Positionen zu spielen. Er sagte zwar nichts, aber man konnte es ihm im Gesicht ablesen. Ich ließ ihn überall auf dem Platz spielen, damit er seine Fähigkeiten weiterentwickeln konnte. Das war sozusagen eine Pflicht in Jugendmannschaften. Also ließ ich ihn im Mittelfeld spielen und manchmal auch als Mittelstürmer oder auf der linken bzw. rechten Seite. Aber er mochte das nicht. Nach ein paar Minuten rutschte er ins Zentrum, hinter die Spitzen. Davon konnte man ihn nicht abbringen.“
Was kann man so einem Jungen beibringen?
„Ich glaube, dass er uns mit der Spielweise des argentinischen Straßenfußballs bekannt gemacht hat – mit dem Täuschen und Tricksen. Im Gegenzug haben wir versucht, ihm unseren Angriffsfußball à la Barça beizubringen – viele Bälle erobern und dabei so konzentriert wie möglich spielen, mit nur zwei oder drei Ballberührungen den Angriff einleiten, das Mittelfeld schnell überbrücken und dann mit Tempo durch die gegnerische Hälfte spielen. Jeder Spieler sollte sein ganzes Talent zeigen können.“
Und die schönste Erinnerung an dieses Jahr …
„Ich habe viele Bilder von Leo im Kopf, aber die unglaublichste Geschichte ist ganz sicher die mit der Maske.“
Erzählen Sie.
„Wir hatten unser letztes Ligaspiel: Barça gegen Espanyol im Mini Estadi. Uns reichte ein Unentschieden, um Meister zu werden. Wir lagen 1:0 in Führung, als Leo urplötzlich mit einem Abwehrspieler der Wellensittiche [Espanyols Spitzname] zusammenkrachte. Er verlor kurzzeitig das Bewusstsein und wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Die sagten, dass er einen Jochbeinbruch habe. Zwei Wochen Verletzungspause. Damit würde er bei der Copa Catalunya fehlen, die nur zwei Wochen später stattfinden sollte. Angesichts dieser Nachricht war die ganze Mannschaft todtraurig, obwohl wir Espanyol gerade 3:1 geschlagen hatten und Meister geworden waren. Tja … die erste Woche geht also vorbei, und in der zweiten erzählen uns die Ärzte vom FC Barcelona, dass er mit einer Schutzmaske mittrainieren könnte. Zwei Monate zuvor hatte sich Carles Puyol von den Profis eine ähnliche Verletzung zugezogen und sich anstelle einer Operation für einen Gesichtsschutz entschieden. Wir zogen also los, um die Maske aufzutreiben und herauszufinden, ob Messi die auch tragen konnte. Die Docs waren einverstanden und gaben ihm grünes Licht, beim Finale am 4. Mai mit der Maske zu spielen.“
Wie lief das Finale?
„Das Spiel fängt also an, und nach zwei Spielzügen kann ich sehen, dass Leo die Maske ein wenig hochschiebt. Sie passt ihm nicht richtig, und er kann nichts sehen. Nach zwei Minuten kommt er zur Bank gelaufen, ruft mir zu: ‚Hier ist die Maske, Chef‘ und wirft sie mir hin. ‚Leo, wenn du sie abnimmst, muss ich dich auswechseln‘, sage ich noch zu ihm. ‚Ich kann in Teufels Küche kommen, und du …‘ Da sagt er: ‚Trainer, bitte nicht, lass mich noch einen Augenblick auf dem Platz.‘ Innerhalb von fünf Minuten bekommt er dann zweimal den Ball und schießt zwei Tore. Beim ersten kriegt er die Kugel in der Mitte des Spielfeldes und trickst den Torwart aus. Dem zweiten Tor geht eine Flanke von Frank Songo’o von der Grundlinie voraus, die er mit einem herrlichen Tor versenkt. Zur Pause lagen wir 3:0 vorne, und ich sagte zu ihm: ‚Du hast deine Pflicht für die Mannschaft getan, jetzt kannst du dich auf der Bank ausruhen.‘“
Eine nette Geschichte. Aber mal ganz ehrlich, haben Sie je geglaubt, dass Leo es so weit bringen würde?
„Zumindest nicht so schnell. Ich war mir schon sicher, dass Messi viel Talent hatte und es in die Profimannschaft schaffen