Das Dekameron. Джованни Боккаччо

Das Dekameron - Джованни Боккаччо


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dort verweilend, unter den Ergötzungen und Lustbarkeiten, welche die Gegenwart uns bieten kann, so lange in diesem Leben fortfahren, bis wir — wenn der Tod uns nicht zuvor erreicht — gewahr werden, daß der Himmel diese Leiden zu enden beschlossen hat. Dabei will ich euch noch daran erinnern, daß ein ehrbares Entfernen uns nicht minder anstehen kann, als vielen der anderen Frauen ein ehrloses Verweilen.“

      Die übrigen Damen lobten nicht allein Pampineas Vorschlag, sondern hatten auch schon, voll Verlangen, ihn zu befolgen, mehrfach einzeln unter sich über die Art der Ausführung zu sprechen begonnen, als sollten sie, sobald sie sich von ihren Sitzen erhöben, sich gleich auf den Weg machen. Filomena indes, die sehr verständig war, sagte: „Mädchen, obgleich sehr wohl gesprochen ist, was Pampinea sagt, so müssen wir doch die Sache nicht zo übereilen, wie ihr zu tun willens zu sein scheint. Bedenkt, daß wir allesamt Frauen sind, und keine unter uns ist noch so kindisch, daß sie nicht wüßte, wie übel Frauen allein beraten sind und wie schlecht wir ohne die Fürsorge eines Mannes uns anzustellen wissen. Wir sind unbeständig, eigensinnig, argwöhnisch, kleinmütig und furchtsam, und aus allen diesen Gründen fürchte ich gar sehr, daß diese Gesellschaft sich früher und zu größerer Unehre für uns auflösen wird, als sie es tun sollte, wenn wir niemand anders als uns selbst zum Führer nehmen. Darum ist es gut, Vorsorge zu treffen, ehe wir beginnen.“ Darauf sagte Elisa: „Wahrlich, die Männer sind das Haupt der Frauen, und ohne ihre Anordnungen gedeiht selten eine unserer Unternehmungen zu einem löblichen Ende. Aber wo sollten wir diese Männer finden? Jede von uns weiß, daß die meisten ihrer Angehörigen tot sind, und die andern, die noch Lebenden, fliehen, ohne daß wir wüßten, wo sie sich befinden, der eine hierhin, der andre dorthin, in verschiedener Gesellschaft das gleiche Übel, dem auch wir zu entgehen suchen. Fremde aufzufordern ziemte sich nicht; denn wenn wir unserem Heile nachgehen wollen, müssen wir uns so einzurichten wissen, daß wir nicht Verdruß und Schande ernten, wo wir Freude und Ruhe zu gewinnen suchen.“

      Während dieses Gespräch noch unter den Damen im Gange war, traten unvermutet drei junge Männer in die Kirche, unter denen indes der jüngste kein geringeres Alter als fünfundzwanzig Jahre hatte, und in deren Herzen weder die Widerwärtigkeiten jener Zeit, noch der Verlust der Freunde und Verwandten, noch endlich die Furcht für ihr eigenes Leben die Liebe zu vertilgen oder abzukühlen vermocht hatte. Der erste unter ihnen hieß Panfilo, Filostrato der zweite und Dioneo der dritte, von denen ein jeder gar artig und gebildet war. Sie waren eben unterwegs, um als höchsten Trost in dieser gewaltigen Erschütterung aller Dinge den Anblick ihrer Damen zu suchen, die sich zufällig alle drei unter den genannten sieben befanden, wie denn auch der eine und der andere unter ihnen mit einigen der übrigen Mädchen durch Verwandtschaft verbunden war.

      Die Damen wurden ihrer früher ansichtig, als sie von ihnen gewahrt wurden, weshalb Pampinea lächelnd anhub: „Seht, das Glück ist unserem Beginnen günstig und führt uns verständige und wackere Jünglinge zu, die gern unsere Führer und Diener sein werden, wenn wir nicht verschmähen wollen, sie zu diesem Amte anzunehmen.“ Neifile aber wurde bei dieser Rede im ganzen Gesicht purpurrot vor Scham, denn sie wußte, daß einer der jungen Männer sie liebte, und sagte: „Pampinea, bei Gott, bedenke, was du sprichst! Ich weiß gewiß von keinem unter jenen, welcher es auch sei, irgend etwas anderes als lauter Gutes zu sagen; auch halte ich sie zu weit größeren Dingen, als dieses ist, geschickt und glaube, sie leisteten nicht allein uns, sondern auch viel schöneren und würdigeren Damen gute und ehrbare Gesellschaft. Weil es aber offenkundig ist, daß sie in einige, die sich unter uns befinden, verliebt sind, so fürchte ich, daß uns ohne ihre und unsere Schuld Tadel und Schande daraus erwachsen könnten, wenn wir sie mitnähmen.“

      Filomena antwortete darauf: „Das hat nichts zu bedeuten; solange ich sittsam lebe und mein Gewissen mir keine Vorwürfe macht, gilt es mir gleich, was man von mir redet, denn Gott und die Wahrheit werden zu meinem Schutze die Waffen ergreifen. Wären sie nur schon bereit, mit uns zu gehen, so könnten wir wahrlich, wie Pampinea sagte, uns rühmen, das Glück begünstige unsere Unternehmung.“

      Als die übrigen Mädchen Filomenas Worte vernommen hatten, beruhigten sie sich nicht allein, sondern verlangten in allgemeiner Übereinstimmung, daß jene gerufen, mit ihren Plänen bekannt gemacht und gebeten würden, ihnen Gesellschaft zu leisten. Zu diesem Zweck erhob sich Pampinea ohne weitere Worte und ging auf die Jünglinge zu, mit deren einem sie verwandt war, grüßte die ins Anschauen der Mädchen Versunkenen mit heiterem Antlitz und bat sie im Namen aller, nachdem sie ihren Plan zuvor auseinandergesetzt, daß sie sich entschließen möchten, ihnen mit reinen und brüderlichen Gesinnungen Gesellschaft zu leisten. Die Jünglinge glaubten anfangs, man wolle sie zum besten haben; als sie aber sahen, daß es der Dame Ernst war, antworteten sie freudig, sie seien bereit. Dann verabredeten sie, ohne die Ausführung ferner aufzuschieben, noch ehe sie die Kirche verließen, was bis zu ihrer Abreise noch besorgt werden müsse.

      Nachdem sie alles in gehöriger Ordnung bereiten und an den Ort hatten senden lassen, wohin zu gehen sie zunächst beabsichtigten, machten sich am andern Morgen, das heißt am Mittwoch, die Damen mit einigen ihrer Dienerinnen und die drei Jünglinge mit dreien ihrer Leute bei Tagesanbruch auf den Weg. Sie verließen die Stadt, waren aber noch nicht mehr als zwei kleine Meilen weit von ihr entfernt, als sie schon an dem Orte anlangten, den sie fürs erste verabredet hatten.

      Dieser Landsitz lag auf einem kleinen Hügel, nach allen Richtungen ein wenig von unseren Landstraßen entfernt, und war mit mancherlei Bäumen und Sträuchern bewachsen, alle grünbelaubt und lieblich anzusehen. Auf dem Gipfel dieser Anhöhe stand ein Palast mit einem schönen und großen Hofraum in der Mitte, reich an offenen Gängen, Sälen und Zimmern, die, sowohl insgesamt als jedes für sich betrachtet, ausnehmend schön und durch den Schmuck heiterer Malereien ansehnlich waren. Rings umher lagen Wiesen und reizende Gärten mit Brunnen voll kühlem Wasser und Gewölben, die reich an köstlichen Weinen waren, so daß sie eher für erfahrene Trinker als für mäßige, sittsame Mädchen geeignet schienen.

      Das Innere des Palastes fand die eintretende Gesellschaft zu ihrem nicht geringen Vergnügen reinlich ausgekehrt. Alles war voll von Blumen, wie die Jahreszeit sie mit sich brachte, und der Fußboden war mit Binsen belegt. Als sie, kaum angekommen, sich niedergelassen hatten, sagte Dioneo, der alle andern an Frohsinn und Witz übertraf: „Meine Damen, mehr euer Verstand als unser Entschluß hat uns hierher geführt. Was ihr mit euren Kümmernissen anzufangen meint, weiß ich nicht; die meinigen habe ich hinter dem Stadttor zurückgelassen, als ich vor kurzem mit euch hindurchgegangen bin. Deshalb entschließt euch denn insgesamt, entweder mit mir zu scherzen, zu lachen und zu singen, soviel sich mit eurer Ehrbarkeit verträgt, oder verabschiedet mich, daß ich wieder meinen Sorgen nachgehe und in die geplagte Stadt zurückkehre.“

      Ihm antwortete Pampinea, nicht minder fröhlich, als hätte auch sie bereits alle ihre Sorgen verscheucht: „Dioneo, sehr wohl hast du gesprochen. In Lust und Freuden müssen wir leben, denn aus keinem andern Grund sind wir dem Jammer entflohen. Weil aber alles, was kein Maß und Ziel kennt, nicht lange währt, so meine ich als die Urheberin jener Gespräche, aus denen eine so schöne Gesellschaft hervorgegangen ist, es sei notwendig, daß wir übereinkommen, einen Oberherren zu wählen, dem wir dann als unserem Gebieter gehorchen und Ehre erweisen und dem die Sorge, unser heiteres Leben zu gestalten, allein überlassen bleibt. Damit indes ein jeder von uns zugleich die Last dieser Pflichten und das Vergnügen des Vorrangs empfinde, und damit keiner, leer ausgehend, einen andern in dieser oder jener Hinsicht beneiden könne, sage ich, daß Ehre und Beschwerde jedem für einen Tag zugeteilt werden solle. Wer unter uns der erste sein soll, werde durch gemeinsame Wahl entschieden. In Zukunft aber möge um die Abendstunde der jeweilige Herr oder die jeweilige Herrin den Nachfolger oder die Nachfolgerin bestimmen. Wer nun auf solche Weise regiert, der mag während der Dauer seiner Herrschaft nach Willkür über Zeit, Ort und Einrichtung unseres Lebens verfügen und bestimmen.“

      Diese Worte wurden von der Gesellschaft mit lebhaftem Beifall aufgenommen, und Pampinea wurde einstimmig zur Königin des ersten Tages erwählt. Filomena aber lief eilig nach einem Lorbeerstrauch; denn oft genug hatte sie sagen hören, welcher Ehre das Laub des Lorbeers würdig ist, und wie ehrwürdig es den macht, der mit ihm bekränzt zu werden verdiene. So brach sie denn einige Reiser von ihm ab und krönte Pampinea mit dem daraus geflochtenen stattlichen Kranze, der von diesem Tage an, solange die Gesellschaft beisammenblieb,


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