Theorie und Praxis der Bordelektrik. Jens Feddern
Ungenauigkeit eines DMM (= Digitalmultimeters) wird normalerweise als Prozentsatz des angezeigten Wertes ausgedrückt. Eine Ungenauigkeit von ±1 % des angezeigten Wertes besagt, dass bei einer Anzeige von 100,0 V der tatsächliche Wert irgendwo zwischen 99,0 and 101,0 V liegen könnte. Bei den Spezifikationen kommt neben der Ungenauigkeit vom Messwert meistens noch ein Anteil hinzu, der vom Messbereich abhängt. Dieser Anteil kann als Prozent vom Bereich oder als eine bestimmte Anzahl des letzten Digits der Anzeige beschrieben sein. Wenn die Spezifikation eines DMM ±1 % vom Messwert + zwei Digits angibt und das DMM eine Auflösung von 0,1 V hat, wäre bei einem Messwert von 100,0 V die gesamte Ungenauigkeit ±1,2 V.
Somit könnte bei einer Anzeige von 100,0 V der tatsächliche Wert zwischen 98,8 und 101,2 V liegen.
Spezifikationen von Analogmessinstrumenten werden durch den Fehler bei Skalenvollausschlag angegeben, nicht bezogen auf den angezeigten Wert. Die typische Genauigkeit eines Analogmessinstruments beträgt ±2 oder ±3 % des Skalenvollausschlags. Bei einem Zehntel des Vollausschlags macht das 20 bzw. 30 % des angezeigten Wertes aus.
Was bedeutet dies für die Praxis?
1. Immer den kleinstmöglichen Messbereich wählen! Messen wir z. B. im 100-V-Bereich den Zustand der Bordnetzbatterie mit 13,2 V, so können dies entsprechend dem oben genannten Beispiel auch 12,0 oder 14,4 V sein, was für die Interpretation des Messwertes eine völlig andere Bedeutung hat!
2. Beim Kauf eines Digitalmultimeters bei 24-V-Anlagen darauf achten, dass das Gerät über einen 40-V-Bereich verfügt. Häufig folgt bei den Geräten nach dem 20-V-Bereich der 200-V-Bereich, der dann zu einer größeren Ungenauigkeit führt.
3. Bei Analogmessgeräten ist der Messbereich möglichst so zu wählen, dass der Zeiger im letzten Drittel der Skala anzeigt.
Messfehler, die während der Messung das Ergebnis verfälschen, können u. a. folgende sein:
• Die Messleitungen werden mit den Händen berührt. Da auch der menschliche Körper einen Widerstand hat, kann dies das Ergebnis verfälschen.
• Die Messleitungen haben keinen richtigen Kontakt.
• Das analoge Messgerät wird nicht in seiner vorgeschriebenen Lage verwendet (z. B. über Kopf).
• Die Messleitungen sind defekt oder stark verlängert worden.
• Die Messleitungen sind nicht für eine Messung von größeren Strömen ausgelegt und erzeugen einen Spannungsabfall.
• Externe elektrische (Antennen) oder magnetische Störfelder (Lautsprecher, Magnet) verfälschen das Messergebnis.
• Das Messgerät ist für die Messung des Signals gar nicht geeignet (z. B. trapezförmige Ausgangsspannung eines Wechselrichters mit einem üblichen Multimeter).
Dies alles sollte uns aber nicht davon abhalten, eine Messung durchzuführen. Im Rahmen der Bordelektrik haben wir es üblicherweise mit folgenden Messgrößen zu tun:
• Spannung (12- oder 24-V-Gleichspannung, aber auch 230- oder sogar 400-V-Wechselspannung).
• Strom (von wenigen mA Kriechstrom bis zu mehreren Hundert Ampere für den Anlasser).
• Widerstand (von wenigen Milliohm an der Klemme bis zu mehreren Hundert Ω für die Überprüfung des Druckoder Temperatursensors).
• Frequenz (Ausgangsfrequenz der Generatorspannung oder des Landanschlusses).
In einigen Fällen kommt dann noch der Komponententest für Kondensatoren, Dioden und Transistoren hinzu.
Für alle diese Tests gibt es sogenannte Multimeter, bei denen über einen großen Wahlschalter die Messgröße und der Messbereich ausgewählt werden. Doch was ist besser: analog oder digital? Für die hohe Genauigkeit und gute Auflösung ist die digitale Anzeige unübertroffen. Das analoge Zeigerinstrument ist bei preisgünstigen Geräten weniger genau und hat eine geringere Auflösung, da man die Werte zwischen den Skalenteilen schätzen muss.
Abbildung 1–20: Multimeter mit Bluetooth-Verbindung. (Fluke)
Vorteilhaft ist hingegen, dass man eine schnelle Trendanzeige bekommt. Viele digitale Geräte verfügen zusätzlich über Analoganzeigebalken (Bargraphen), die Signaländerungen ähnlich einem Zeigerinstrument anzeigen. Ein weiterer Vorteil der digitalen Geräte ist, dass sie keine mechanischen Bauteile haben und im Gebrauch unabhängig von der Lage sind. Bei der fest installierten Motorüberwachung sind Analoganzeigen jedoch klar im Vorteil, da man auf einen Blick die Tendenz aller wesentlichen Größen erkennen kann. Eine farbig hinterlegte Skala zeigt auch noch an, ob man sich im grünen oder roten Bereich befindet. Hier ist der exakte Messwert (z. B. 78,87 °C Kühlwassertemperatur) gar nicht von Interesse.
Abbildung 1–21: Stromzange mit Bluetooth-Anbindung zur Trendaufzeichnung. (Fluke)
1.8.2.1 Gleichspannungsmessung
Wie misst man Gleichspannung?
1. Wählen Sie am Wahlschalter den höchstmöglichen Gleichspannungsmessbereich.
2. Die schwarze Messleitung in die COM-Eingangsbuchse und die rote Messleitung in die V-Eingangsbuchse stecken.
3. Schließen Sie die Messleitungen wie gezeigt an der Prüfstelle (parallel zu einer Last oder Speisung) an, an der die Spannung gemessen werden soll.
4. Lesen Sie den Messwert auf der Anzeige ab. Ist die Spannung kleiner als der nächstkleinere Messbereich, so klemmt man das Messgerät ab, schaltet auf den nächstkleineren Messbereich um und wiederholt die Messung.
Abbildung 1–22: Gleichspannungsmessung. (Fluke)
Moderne DMMs verfügen über eine integrierte Messbereichsumschaltung, sodass automatisch der passende Bereich ausgewählt wird. Bei analogen Geräten ist zu beachten, dass das rote Kabel immer an den Plusanschluss des Messsignals geklemmt wird, da sonst der Zeiger versucht, entgegen der Skala auszuschlagen, was dem Gerät häufig nicht bekommt. Bei DMMs wird die falsche Polung mit einem »–« auf der Anzeige gemeldet.
Achtung: Viele Geräte verfügen über einen zweiten DC-Messbereich, der mit mV angegeben ist. In diesem Bereich können Messungen von sehr kleinen Spannungen (< 1 V) durchgeführt werden. In der Anzeige erscheint grundsätzlich auch die Maßeinheit mV.
1.8.2.2 Wechselspannungsmessung
Abbildung 1–23: Gleichspannung.
Abbildung 1–24: Sinuswechselspannung.
Abbildung 1–25: Unsaubere Wechselspannung.
Die Wechselspannung ist dadurch charakterisiert, dass sie ständig ihre Höhe (Amplitude) und ihre Polarität ändert. Die Anzahl des Hin- und Herpendelns wird in der Frequenz angegeben.
Welche Spannung soll man nun messen bzw. bei der Wechselspannung angeben? Mit Sicherheit ist der Maximalwert interessant, da sich nach diesem die Isolierung und die Spannungsfestigkeit der Kabel richten muss. Dummerweise wird in der Regel nicht diese Spannung von einem Digitalmultimeter angegeben, sondern der Effektivwert. Die Effektivspannung einer Wechselspannung entspricht