Theorie und Praxis der Bordelektrik. Jens Feddern
der höchsten zulässigen kurzzeitigen Leitertemperatur unter Kurzschlussbedingungen
In die Berechnung des Kabelquerschnittes gehen mehrere Faktoren ein:
• Stromaufnahme des angeschlossenen Verbrauchers
• Länge des Kabels
• zulässiger Spannungsabfall
• Umgebungstemperatur
• maximal zulässige Erwärmung des Leiters
• verwendetes Leitermaterial
Als Erstes fertigt man sich eine sogenannte Leistungsbilanz an, in der alle gängigen Verbraucher aufgelistet werden (Tabelle 1–3). Diese Liste kann man beliebig erweitern, und sie richtet sich natürlich nach dem Ausrüstungszustand des Bootes.
Neben der Leistung, die am Verbraucher abgenommen wird, setzt auch der Kabelwiderstand elektrische Energie in Wärme um. Dadurch besteht bereits am Kabel ein Spannungsabfall, sodass die Spannung am Verbraucher niedriger ist als die eingespeiste. Die Spannungsabfälle dürfen bestimmte Werte nicht überschreiten.
Der Spannungsabfall berechnet sich aus der Stromaufnahme des Verbrauchers und dem Leitungswiderstand, wobei beim Leitungswiderstand die doppelte Länge zu berücksichtigen ist, da die Hin- und Rückleitung einen Widerstand haben.
Der zulässige Spannungsabfall zwischen Stromquelle und Verbraucher ist festgelegt und darf folgende Werte nicht überschreiten:
• 5 % bei Navigationslichtern = 0,6 V im 12-V-Netz bzw. 1,2 V im 24-V-Netz
• 7 % bei sonstigen Verbrauchern = 0,84 V im 12-V-Netz bzw. 1,68 V im 24-V-Netz
Die Formel für den Spannungsabfall kann man nun nach dem erforderlichen Kabelquerschnitt umstellen:
Somit ergibt sich eine vereinfachte Faustformel (für 12-V-Anlagen):
Der gewählte Kabelquerschnitt muss immer größer oder gleich dem errechneten sein, das Ergebnis darf nicht abgerundet werden.
Beispiel:
Die Topplaterne eines Segelbootes mit einer Leistungsaufnahme von 25 W wird mit 12-V-Gleichspannung gespeist. Die Länge der Zuleitung von der Schalttafel bis zum Mast beträgt 13 m. Was für ein Kabelquerschnitt muss gewählt werden?
P = 25 W U = 12 V
nach P = U • I ergibt sich für den Strom:
I = 2,1 A
l = 13 m Ua = 5 %
erforderlicher Leitungsquerschnitt
A5% = (13 • 2,1 : 16,8) mm2 = 1,625 mm2
Gewählt wird der genormte Querschnitt von 2,5 mm2 pro Ader.
Nun kann man noch den tatsächlichen Spannungsabfall an dem gewählten Kabel bestimmen:
Berücksichtigt wurde in diesem Beispiel nur der Spannungsabfall, der von der Schalttafel bis zum Navigationslicht auftreten darf. Dies setzt natürlich voraus, dass die Zuleitung zur Schalttafel so dick ist, dass die bis dort auftretenden Verluste vernachlässigbar klein sind. Von der Schalttafel werden in der Regel fast alle Verbraucher gespeist. Die Stromaufnahme addiert sich sehr schnell:
Ein regnerischer Tag erfordert unter anderem das Navigationslicht, Scheibenwischer, Heizung, Navigationsgeräte und vieles mehr. Die Stromaufnahme kann sehr schnell größer als 25 A sein. Ein Kabel von 10 mm2 würde bereits bei einer Länge von nur 5 m einen Spannungsabfall von 0,4 V ergeben (3,3 %!). Während der Fahrt steigt die Batteriespannung durch das Laden mit der Lichtmaschine auf ca. 14 V an. Dieser Effekt darf bei der Berechnung des erforderlichen Kabelquerschnitts nur bedingt berücksichtigt werden, da Geräte auch am Ankerplatz funktionieren sollen. Zusätzliche Spannungsverluste an Klemmen, Sicherungen und Schaltern berücksichtigt die Berechnung nicht.
Mastervolt gibt in seinem Powerbook eine vereinfachte Dimensionierung der Batteriekabel in einem 12-V-Netz an: Der Durchmesser der Kabel wird errechnet, indem 1 mm2 pro drei Ampere genommen werden. Ein 60-Ampere-Batterielader erfordert also ein Kabel von 60 geteilt durch 3, also 20 mm2, und in diesem Fall sollte die nächste Standardgröße, also 25 mm2 gewählt werden. Diese Regel gilt für Kabel mit einer maximalen Länge von zweimal 3 Metern zwischen Lader und Wechselrichter.
Eine Querschnittserhöhung durch das Parallelschalten von mehreren, dünnen Leitern, ist eine gefährliche Sache. Löst sich nämlich nur eine der Leitungen und verursacht einen Kurzschluss, dann kann es sein, dass der Kurzschlussstrom nicht groß genug ist, um die vorgeschaltete Sicherung auszulösen. Die Leitung wird im wahrsten Sinne des Wortes in Rauch aufgehen und u. U. erheblichen Schaden anrichten.
Werden Kabel im Maschinenraum verlegt (Umgebungstemperatur 60 °C), so muss der in der Tabelle 1–4 angegebene maximal zulässige Strom mit dem Faktor 0,75 multipliziert werden.
Tabelle 1–4: Zulässiger Dauerstrom und Nennstromsicherung. (Germanischer Lloyd)
1.7 Schaltpläne lesen und zeichnen
Schaltpläne erläutern die Arbeitsweise, die Leitungsverbindung, die räumliche Anordnung der Betriebsmittel und deren Zusammenwirken.
Diese Formulierung aus der DIN 40719 trifft den Nagel auf den Kopf. Es ist nicht das Ziel dieses Kapitels, alle interessierten Skipper zu vorbildlichen technischen Zeichnern auszubilden, sondern ein wenig Übersicht in die Elektrik zu bringen.
Fast jeder, der bereits im Bereich der Bordelektrik aktiv gewesen ist, hat auch schon den ein oder anderen Schaltplan angefertigt. Selbst die Skizze auf dem Schmierpapier kann man bereits als Plan ansehen, auch wenn der Kreis der Kenner, die diese Hieroglyphen entziffern können, klein ist.
Daher hat man sich auf eine Reihe von logischen Symbolen geeinigt, die für jeden (fast) unmissverständlich dieselbe Funktion ausdrücken. Dabei lassen diese Schaltzeichen nur die Wirkungsweise, nicht aber den konstruktiven Aufbau der einzelnen Komponenten (oder »Betriebsmittel«) erkennen. Für den Schaltplan ist es nahezu gleich, ob ein Schalter von Bosch oder ETA eingebaut wird, solange die Funktion die gleiche ist.
In diesem Bereich beschränke ich mich auf die einpolige Darstellung, angenähert an die DIN 40717.
Der Vorteil an dieser Vereinbarung liegt darin, dass die Zeichnungen auch von anderen Fachleuten gelesen werden können und man sich selbst auch nach einiger Zeit noch zurechtfindet. Teilweise muss man die vorhandene Technik nach den Plänen anderer an neue Geräte anpassen. Für diesen Fall sollte man die gängigsten Schaltzeichen kennen.
Zusätzlich werden den Symbolen auch Buchstaben beigegeben. Diese verdeutlichen nochmals die Funktion und ermöglichen eine eindeutige Zuordnung. Jeder Schalter hat z. B. einen Buchstaben und eine Nummer, die sowohl im Schaltplan als auch am Schalter selbst auftaucht. Die Nummern für die einzelnen Komponenten werden in sinnvoller Reihenfolge vergeben, wobei eine Doppelvergabe innerhalb einer Schaltung nicht sinnvoll ist.
Ergänzt wird die Betriebsmittelkennzeichnung noch durch die vorangestellte Seitennummer, sodass man einen direkten Bezug zur Blattnummer des Schaltplans hat. Liest man z. B. am