Theorie und Praxis der Bordelektrik. Jens Feddern
muss man sich bezüglich der Nummernvergabe nur auf ein Blatt konzentrieren, da ab dem nächsten Blatt diese wieder bei 1 startet. Ist dort auch ein Motor verschaltet, so würde dieser die Kennzeichnung 62M1 erhalten etc.
Abbildung 1–14: Aufbau eines Schaltplans.
Nachdem in der Vergangenheit eher große Pläne verwendet wurden, ist man heutzutage auf ein handlicheres Format – in der Regel A4 – umgestiegen. Dies setzt voraus, dass man eine funktionale Kapselung durchführt, d. h. einzelne Funktionen gruppiert und diese dann zusammen auf einen Plan bringt. In der oberen bzw. unteren Hälfte sammelt man in waagerechten Linien alle Signale, die für die Schaltung auf dem Blatt erforderlich sind. Dies können zum Beispiel +24 V aus dem Bordnetz, +24 V aus dem Maschinennetz, 0 V (Minuspol), aber auch Hilfssignale sein wie Lampentest oder gedimmter Minus für die Lampen. Die Erzeugung bzw. Einspeisung dieser Signale muss nicht auf diesem Blatt dokumentiert sein. Ein Querverweis reicht, um dieses Signal zu verfolgen.
Abbildung 1–15: Schaltplansymbole.
Wie auf einer Wäscheleine zweigt man hier das erforderliche Signal mit einem dicken Punkt ab (die Verkabelung geht in der Realität leider nicht so einfach).
In dem skizzierten Beispiel ist die Ansteuerung einer Klarsichtscheibe und von zwei Scheibenwischern dargestellt. Die Klarsichtscheibe wird über den Schutzschalter 61F1 ein- und ausgeschaltet. Hierbei handelt es sich um einen kombinierten, dreipoligen Wippschalter der Firma ETA.
Tabelle 1–5: Kennbuchstaben für die Kennzeichnung der Art elektrischer Betriebsmittel (DIN 40719).
In dem Wippschalter ist eine Leuchtdiode integriert, deren Funktion über die Diode 61D1 mit dem Lampentest geprüft werden kann. Ferner ist die Leuchtdiode mit dem Signal »0 V Lampen« verbunden. Dies ist ein spezielles Signal, welches das Dimmen der gesamten Instrumentenbeleuchtung ermöglicht.
Im unteren Drittel befinden sich die Klemmen, an denen das Kabel zur Klarsichtscheibe angeklemmt wird. Der Pluspol befindet sich an Klemme 60X13 und der Minuspol an Klemme 60X14. Alles ganz einfach, oder?
Bei den beiden Scheibenwischern erfolgt die Bedienung jeweils wieder über einen ETA-Wippschalter mit integrierter Leuchtdiode. Die Motoren verfügen über zwei Geschwindigkeitsstufen. Die Umschaltung übernimmt das Relais 61K1, das über vier Kontakte verfügt (zwei Öffner und zwei Schließer). Das Relais wird über den Schalter 61S1 angesteuert. Ist dieser eingeschaltet, so zieht das Relais an, und beide Wischer werden auf schnell geschaltet. Damit das Relais nicht eingeschaltet ist (und so unnötig Energie verbraucht), wenn keiner der Scheibenwischer eingeschaltet ist, wurde folgender Trick angewendet: Das Relais bezieht seine Energie über die Dioden 61D7 und 61D6, die wie ein Ventil wirken. Sobald einer der Wischer eingeschaltet ist, ist auch für das Relais Saft vorhanden. Über die Dioden ist aber sichergestellt, dass der andere Wischer nicht aus lauter Sympathie mitläuft.
Abbildung 1–16: Klarsichtscheibe und Scheibenwischer der ms tümmler zum Schaltplan Abb. 1–14.
Unterhalb des Relais sind seine Kontakte noch einmal abgebildet, und an der Seite ist vermerkt, wo welcher Kontakt verwendet wird. 61/4 besagt z. B., dass dieser Kontakt im Feld 4 auf Blatt 61 verwendet wird. Somit lassen sich auch komplexere Schaltungen über mehrere Blätter nachvollziehen.
Abbildung 1–17: Professionelle Stromlaufpläne lassen sich gut am Computer erstellen, z. B. mit dem Open-Source-Programm KiCAD.
Zusätzlich zu den Schaltplänen empfiehlt es sich, Klemmenpläne anzufertigen. In diesen Plänen werden in Tabellenform die einzelnen Klemmen und ihre angeschlossenen Verbraucher aufgeführt. So kann man direkt ersehen, welches Kabel wo angeklemmt wurde und an welchen Klemmen bei betätigten Schaltern Spannung anliegen muss. Dies ist zum Teil übersichtlicher, als einen gesamten Schaltplan nach den entsprechenden Klemmen zu untersuchen. Zusätzlich kann der Kommentar länger als im Schaltplan dargestellt werden, z. B.: »12X10 Bb. Navigationslicht über 12F3 und 12S3«.
1.8 Messtechnik – wie misst man was?
In diesem Abschnitt werden die wesentlichen Grundlagen der Messtechnik vorgestellt. Die Beschreibung der konkreten Anwendung für das Energiemanagement sowie für die Fehlersuche erfolgt dann in späteren Kapiteln.
Durch das Messen möchte man den konkreten Zahlenwert einer Messgröße ermitteln, z. B. 12,48 V oder 23,8 A. Am Messgerät wird dann der Messwert angezeigt.
Im Gegensatz dazu ermittelt man beim Prüfen, ob ein Gerät oder eine Leitung die Eigenschaften hat, die für seine bzw. ihre Verwendung erforderlich sind.
1.8.1 Prüfen
Häufig sind wir an Bord erst einmal mit Prüfaufgaben beschäftigt, bei denen der absolute Wert gar nicht so entscheidend ist.
Mit einer einfachen Prüflampe oder dem etwas komfortableren »Car Checker« lässt sich feststellen, ob an einer Leitung Saft vorhanden ist oder nicht. Das eine Ende ist mit einer Krokodilklemme versehen, die an Masse angelegt wird. Das andere Ende wird nun an das zu prüfende Kabel gehalten, und schon zeigt eine Leuchtdiode oder die Prüflampe an, ob Spannung vorhanden ist oder nicht. Der Car Checker gibt über seine Leuchtdioden sogar noch die Polarität an. Zusätzlich verfügen beide Geräte über eine sehr feine Messspitze, mit der man im Ausnahmefall auch schon einmal durch die Isolierung des Leiters pieksen und somit (fast) ohne Schaden anzurichten eine Leitung überprüfen kann.
Abbildung 1–18: »Car Checker«. (ELV)
Eine weitere Grundaufgabe des Prüfens besteht darin, festzustellen, ob ein Kabel, eine Leitung oder ein gesamtes Netz überhaupt eine leitende Verbindung hat. Hierfür bietet sich ein Durchgangsprüfer an.
Abbildung 1–19: Durchgangsprüfer. (Benning)
Der Durchgangsprüfer hat zwei Anschlusskabel. Sobald diese miteinander kurzgeschlossen sind, ertönt ein akustisches oder optisches Signal. Somit kann z. B. ein Kabel auf Drahtbruch überprüft, eine Leitung unter vielen herausgefunden oder festgestellt werden, ob ein Gerät eine Masseverbindung hat.
Das Besondere an einem Durchgangsprüfer ist, dass er mit einem sehr geringen Messstrom arbeitet und in der Regel dagegen geschützt ist, wenn ihm auf den Leitungen plötzlich eine Gegenspannung begegnet. Moderne Multimeter verfügen heute über eine integrierte Durchgangsprüferfunktion.
Das Prüfen ergibt also nur eine »Ja/Nein«-Aussage, liefert aber keine Informationen über den Wert der Messgröße. Der Durchgangsprüfer spricht z. B. bei einem Widerstand kleiner 30 Ω an. Ob es auf der Strecke aber an einer losen Klemme einen Übergangswiderstand gibt, bei dem unter Belastung ein erheblicher Spannungsabfall auftritt, kann das Gerät nicht feststellen. Hierfür müssen wir messen.
1.8.2 Messen
»Wer misst, misst Mist«, sagt ein altes Sprichwort. Und in der Tat lohnt es sich, die auf dem Display angezeigten hochgenauen Messwerte zu hinterfragen, denn wir müssen mit zwei Fehlerquellen rechnen:
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