Theorie und Praxis der Bordelektrik. Jens Feddern

Theorie und Praxis der Bordelektrik - Jens Feddern


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Elektrische Pumpen, Bugoder Heckstrahlruder, Ankerwinden, Beleuchtung, Wechselrichter etc. haben einen großen Stromdurst, und dieser muss an Bord erzeugt, gespeichert und verteilt werden.

      Für die 7. Auflage wurde dieses Buch erneut vollständig überarbeitet. Sowohl Anregungen der Leser als auch technische Innovationen wurden aufgegriffen und mit vielen farbigen Grafiken veranschaulicht. Um die Zusammenhänge der Bordelektrik nachvollziehen zu können, ist ein Verständnis der Grundlagen erforderlich. Diese werden, nach den einzelnen Themen geordnet, jeweils kurz und bündig zusammengefasst und anhand von zahlreichen Beispielen aus der Praxis erläutert.

      Somit lernen Sie Ihre eigene Bordelektrik besser kennen und werden sattelfest in der Diskussion mit Fachleuten.

      Die neuen Technologien der digitalen Systeme, der Internetdienste für Schaltpaneele sowie die LED-Technologie bieten spannende Möglichkeiten für das Retrofit der eigenen Anlage sowie die Beurteilung und Handhabung dieser Technologien bei einem Neubau. Durch die Lektüre dieses Buches werden Sie mit diesen Themen vertraut gemacht und bekommen eine gute Basis, um sie selbst an Bord umzusetzen.

      Die Zuverlässigkeit der elektrischen Installation ist heute noch wichtiger als in der Vergangenheit. Während klassische Installationen von Dieselmotoren früher komplett ohne Strom betrieben werden konnten, kommunizieren moderne Systeme über Bussysteme. Ohne Strom geht hier nichts mehr; ein Totalausfall der Elektrik auf offener See oder einem Fluss mit viel Berufsschifffahrt kann verheerende Folgen haben. Lesen Sie auf den folgenden Seiten, wie die elektrischen Systeme zuverlässig installiert werden, welche Materialien erforderlich sind und wie man das Sparen am falschen Ende vermeidet.

      Die elektrischen Systeme tragen wesentlich zur Sicherheit an Bord bei, bergen selbst aber auch diverse Sicherheitsrisiken. Diese Risiken werden beleuchtet und die erforderlichen Maßnahmen praxisnah beschrieben, um Unfälle zu vermeiden und Vorschriftenkonformität zu gewährleisten.

      Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und noch mehr Spaß bei der erfolgreichen Umsetzung an Bord.

      Jens Feddern

      1.1 Spannung, Strom, Leistung und ihr Zusammenhang

      Die Bordelektrik kann relativ komplexe Formen annehmen, lässt sich aber auf wenige Gesetzmäßigkeiten zurückführen. Kennt man diese, so sieht man die Planung, Nachrüstung und Fehlersuche mit ganz anderen Augen.

      Die Elektrizität ist eine Energieform, die sich relativ einfach erzeugen (z. B. durch einen Generator), speichern (Batterie) und transportieren (Leitungen) lässt. Am Verbraucher wird diese Energie in mechanische Bewegung (Elektromotor), Licht oder Wärme umgewandelt.

      Die erste wichtige Größe ist die Leistung, die mit dem Buchstaben P abgekürzt und in Watt (W) gemessen wird. Die Leistung gibt an, wie viel elektrische Energie an einem Verbraucher benötigt wird, z. B. 25 W für eine Positionslaterne, 100 W für eine Trinkwasserpumpe oder 1.000 W für eine Kaffeemaschine. Für die Auslegung der Bordelektrik muss man die Leistung der Verbraucher kennen, denn die dafür erforderliche Energie muss an Bord zur Verfügung gestellt und transportiert werden.

      Die Energie wird häufig in Batterien gespeichert. Eine wichtige Kenngröße der Batterie ist die Spannung, die mit U abgekürzt und in Volt (V) gemessen wird. Von der Batterie muss die elektrische Energie zum Verbraucher transportiert werden. Hierfür werden Leitungen verwendet, durch die der Strom mit der Abkürzung I fließt, gemessen in Ampere (A).

      Die drei Größen stehen im folgenden Zusammenhang und bilden praktisch das erste Grundgesetz für die Bordelektrik:

      Kennt man die Leistung (z. B. vom Typenschild) sowie die Spannung (Batterie), so lässt sich einfach durch Umstellung der fließende Strom berechnen:

      Der Strom ist eine sehr wichtige Kenngröße für den Bordelektriker, denn durch ihn wird entschieden, ob die Bordelektrik funktioniert oder in Rauch aufgeht. Kennt man den Strom, so kann man die Leitungen und Sicherungseinrichtungen entsprechend korrekt dimensionieren.

      Der elektrische Strom, der durch die Zuleitung zur Positionslampe fließt, erhitzt die dünne Drahtwendel in der Lampe bis zur Weißglut. Die gleiche Stromstärke erwärmt die dicke Zuleitung aber kaum. Demnach hängt die Erwärmung von der Dicke (besser gesagt Querschnittsfläche), der Länge und dem Material der Leitung ab.

      Die Erwärmung der Leitung ist ebenfalls eine Form von Energie, die durch den Widerstand der Leitung verursacht wird. Der Widerstand hat den Buchstaben R und wird in Ohm (Ω) gemessen.

      Der spezifische Widerstand ist materialbedingt und beträgt für Kupfer z. B. 0,0178 Ω • mm2/m.

      Je länger die Leitung wird, desto größer ist der Widerstand, und je dicker die Leitung ist, desto kleiner ist der Widerstand. Die Auswirkungen des Widerstands werden im zweiten Grundgesetz der Bordelektrik deutlich, dem ohmschen Gesetz:

      Bei der Spannung handelt es sich um den Spannungsabfall, der an dem Leitungswiderstand abfällt und somit für den eigentlichen Verbraucher nicht mehr zur Verfügung steht.

      Je größer der Widerstand ist (d. h. je dünner und länger die Leitung ist) und je höher der Strom ist, desto größer werden die Verluste in den Leitungen.

      Die Erwärmung der Leitung durch diese Verluste kann durchaus so groß werden, dass die Isolierung schmilzt und ein Brand verursacht wird!

      Im 230-V-Netz zu Hause hat ein Toaster eine Leistungsaufnahme von 1.500 W. Durch die Zuleitung fließt daher ein Strom von ca. 7 A. Für diesen Strom ist ein Kabel mit einer Querschnittsfläche von 0,75 mm2 ausreichend. Im 12-V-Bordnetz entspricht aber der gleiche Strom gerade mal einer Leistung von 84 W! Ein Scheinwerfer mit einer Leistung von 150 W hat bereits eine Stromaufnahme von 12,5 A, der die 0,75-mm2-Leitung überlasten würde.

      Abbildung 1–1: Mit der Wärmebildkamera können die Leitungsverluste gut veranschaulicht werden. (TLC Elektronik)

      Daraus wird deutlich, dass an Bord dickere Kabelquerschnitte notwendig sind – Materialien für die Hausinstallation können nur bedingt verwendet werden.

      Die Gleichspannungsnetze an Bord werden grundsätzlich aus Batterien gespeist, deren Spannung 12 V beträgt. Die Bordnetzspannung kann somit ganzzahlige Vielfache von 12 betragen: 12, 24, 36 oder 48 V.

      Aus dem ersten Grundgesetz der Bordelektrik (P = U • I) ist ersichtlich, dass je höher die Spannung ist, bei gleichem Strom mehr Leistung übertragen werden kann und die Spannungsabfälle durch den geringeren Stromfluss kleiner sind.

      Die Betriebsspannung der angeschlossenen Verbraucher gibt die Anforderungen an das Bordnetz vor. Viele Geräte aus dem Kfz-Umfeld sind für eine Betriebsspannung von 12 V ausgelegt, daher hat sich dieses Spannungsniveau häufig an Bord etabliert.

      Abbildung 1–2: Getaktete Gleichspannungswandler für den Bordbetrieb. (Mastervolt)

      In der Berufsschifffahrt


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