... oder einfach so!. Kathy Sdao

... oder einfach so! - Kathy Sdao


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Satz an sind Kathys leichtfüßiger Stil, ihre Geschichten und ihre überzeugten Meinungen zum Umgang mit Tieren unwiderstehlich. Mit Kathys Buch hält ein frischer Wind in unseren Bücherregalen Einzug. Weder drängt sie uns den Glauben auf, dass wir unsere tierischen Freunde dominieren müssten, noch verwirrt sie ihre Leser mit dem Fachjargon der Verhaltenswissenschaften. Stattdessen liefert sie überzeugende Argumente dafür, das im Hundetraining gängige „Ohne Fleiß kein Preis“-Dogma durch etwas zu ersetzen, worüber Kathy und ich uns schon oft unterhalten haben: ein emotional gesundes Tier.

      Zum ersten Mal begegnete ich Kathy im Jahr 1998. Sie hielt einen Vortrag auf der jährlichen Konferenz der APDT, eines amerikanischen Hundetrainerverbandes. Im Laufe der Präsentation erzählte sie die Geschichte von E.T., dem Walross, mit dem sie am Point Defiance Zoo & Aquarium in Tacoma, Washington, gearbeitet hatte. Ich habe in meinem Leben schon unzählige Vorträge gehört – aber nur wenige davon blieben mir so deutlich in Erinnerung wie dieser. Bis heute fühlt es sich an, als hätte ich Kathys Vortrag erst gestern gehört. Ihre Präsentation auf der ClickerExpo hatte denselben Effekt: Kathys Geschichten blieben mir im Gedächtnis, als wären sie in Sekundenkleber getaucht. Sie ist eine mitreißende Geschichtenerzählerin. Das trägt dazu bei, eine Präsentation interessant zu gestalten – aber der Sekundenklebereffekt erfordert mehr als nur das. Kathys größtes Talent ist es, komplexe Themen auf jene grundlegenden Prinzipien herunterzubrechen, die uns bewusst sein müssen, um sie zu verstehen. Derselbe Sekundenklebereffekt findet sich auch in Kathys neuem Buch.

      Ich fühle mich geehrt, Kathy nicht nur als Vortragende zu kennen, sondern auch eine Freundin nennen zu dürfen. Wir beide gehören seit der Gründung der ClickerExpo zu ihrer Fakultät. Die Konferenz ermöglicht uns, einer gemeinsamen Leidenschaft nachzugehen: Wir diskutieren über Training und Tiere. Ich arbeite mit Pferden; Kathy arbeitet mit Hunden. Doch wir beide sind Clickertrainer. Welche Parallelen und Unterschiede finden sich in unserer Arbeit? Natürlich unterscheiden sich unsere Techniken teilweise – aber darauf kommt es nicht an. Beim Lesen von … oder einfach so! wurde mir auf jeder Seite erneut bewusst, dass wir uns im Grunde beide dasselbe wünschen: Wir wollen ein Leuchten in den Augen unserer tierischen Freunde sehen; wir wollen, dass sie unseren Blick frei erwidern. Ich erinnere mich an Gespräche, in denen Kathy sagte, dass sie sich einen emotional gesunden Hund wünsche. Hunde bringen sie zum Lächeln. Fröhliche, mit dem ganzen Körper wedelnde, enthusiastische Hund machen sie glücklich. Dabei handelt es sich nicht um ungezogene Hunde, die nicht gelernt haben, sich in einen Haushalt einzufügen – es handelt sich um Hunde, deren Persönlichkeit respektiert und geschätzt und deren physische und emotionale Bedürfnisse erfüllt werden.

      Wie in der Hundewelt, so hält sich auch in der Welt der Pferde der hartnäckige Glaube, dass wir Menschen der Anführer sein müssten. In diesem Buch hinterfragt Kathy, was dieser Glaube impliziert und wie er sich auf die Beziehung zwischen Menschen und ihren tierischen Gefährten auswirkt. Sie stellt eine klar verständliche und leicht umsetzbare Alternative zu dem dominanten und dominierenden Trainingsansatz vor, dass sich Tiere alles erst verdienen müssten. Ich bin mir sicher, dass sich meine Pferde in Kathys Haushalt wohlfühlen würden. Sie passen zwar nicht auf ihre Couch, finden aber sicherlich einen Platz in ihrem Herzen.

      Alexandra Kurland

      Alexandra Kurland ist bekannt für ihre Bücher Pferdetraining mit dem Clicker; The Click That Teaches: A Step-By Step Guide in Pictures und The Click That Teaches: Riding with the Clicker sowie die DVD The Click That Teaches: DVD Lesson Series.

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       Einleitung

      „Mögest du in interessanten Zeiten leben“ – ein Sprichwort, das unter dem Namen chinesischer Fluch Bekanntheit erlangte. Ich schätze mich glücklich, in den letzten dreißig Jahren von interessanten Aufgaben gelebt zu haben. Im Auftrag des Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten trainierte ich Große Tümmler, tief im offenen Ozean befindliche Minen aufzuspüren und zu entschärfen. Als Forschungsassistentin am Meeressäugerlabor im Kewalo Basin half ich mit, Delfine Zeichensprache zu lehren, und im Zoo meiner jetzigen Heimatstadt Tacoma, Washington, kümmerte ich mich um seltene Schweinswale, sanfte Belugas und ein gewaltiges zwei Tonnen schweres Walross namens E.T. Ich schloss mich eine Woche lang der Besatzung eines großen Motorseglers an, um vor der Küste Hawaiis Delfine für unser Training zu finden. Ich reiste sogar kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September für einen Hundesitterauftrag nach Paris. In meinem allerersten Job arbeitete ich jedoch als Hooker. Sozusagen. Mehr dazu im nächsten Kapitel.

      Mittlerweile bin ich fast fünfzig Jahre alt. Wenn ich die Augen zusammenkneife, kann ich schon den Meilenstein eines halben Jahrhunderts am Horizont erkennen, der mich für immer aus der Altersgruppe „junger Erwachsener“ ausschließt. Neben zahlreichen Lachfältchen um die Augen und Gedächtnislücken, die mit alarmierender Häufigkeit die Namen von Bekannten und gängige Worte verschlucken, wird mein Haupt zusehends grauer. Vorläufig darf das Salz in meinen pfefferfarbenen Locken bleiben – in erster Linie, weil ich es mir verdient habe (und, weniger dramatisch, weil das Resultat meines letzten Färbeversuchs grauenhaft aussah).

      Grautöne

      Mir fällt auf, dass ich mich auch mit Grautönen in anderen Bereichen meines Lebens wohlzufühlen beginne. Anstatt an festen Überzeugungen zu allem und jedem festzuhalten, habe ich begonnen, meine philosophischen Zelte auch auf dünnem Eis aufzuschlagen. Dies hat mir ganz neue Sichtweisen eröffnet. So bringe ich – die ich in der Regel stolz auf meine liberale Einstellung bin – der amerikanischen Schusswaffenvereinigung (NRA) zumindest in einer Hinsicht Verständnis entgegen: Vor einigen Jahren ärgerte ich mich darüber, dass meine Heimatstadt Freilaufflächen für Hunde verboten hatte, und erkannte, dass Waffen für die NRA denselben Stellenwert haben wie Hunde für mich: Für meinen eigenen Seelenfrieden brauche ich sie in meinem Leben – obwohl ich weiß, dass manche von ihnen gefährlich sind und, vor allem in den Händen ungebildeter Besitzer, unschuldige Menschen verletzen können. (Ganz gehe ich nicht mit der NRA d’accord; meiner Meinung nach darf am Bann von Sturmfeuergewehren nicht gerüttelt werden.) Mein Schwarz-Weiß-Denken im Sinne von „Waffen sind böse!“ hat sich zu einem Standpunkt in Grautönen entwickelt. Sich auf dem dünnen Eis zu bewegen, vorsichtig aufzutreten, um nicht auszurutschen, und mich weit, aber nicht zu weit vorzuwagen, ist weit weniger komfortabel, als am sicheren Ufer zu sitzen.

      Auch in vielerlei anderer Hinsicht halte ich heute weniger an unumstößlichen Überzeugungen fest als früher. Die Veränderung war durchaus nervenaufreibend. Mir geht es wie der Schriftstellerin Anne Lamott, die zugibt: „Alles, was ich loslasse, trägt die Kratzspuren meiner Krallen.“ Und doch ist die draufgängerische und gelegentlich arrogante Kathy, die mit fünfundzwanzig Jahren so gut wie alles wusste, heute bereit, zuzugeben, was sie alles nicht weiß. Doppelt so alt und halb so klug – mit fünfzig Jahren Lebenserfahrung im Rückspiegel vielleicht aber auch ein wenig weiser als damals.

      Das Älterwerden hat sich auch auf mein Hundetraining und meine Beziehung zu meinen Tieren ausgewirkt. Schon immer hat man mich mit einer Philosophie assoziiert, die Zwang und physischen Druck vermeidet. (Zwang ist keine Option, wenn Ihr Trainingspartner zehnmal schwerer ist als Sie und tausendmal besser schwimmen kann!) Es gibt jedoch auch innerhalb der positiven Trainingsphilosophie eine Strömung, mit der ich mich nie so recht wohl fühlte: die Überzeugung, dass man im Leben nichts umsonst bekomme. Daraus folgt, dass auch Hunde sich all ihre Privilegien und Belohnungen verdienen müssten, indem sie erst ein bestimmtes Kommando oder Signal (zum Beispiel „Sitz!“) ausführen. Bei genauerer Betrachtung stellte ich fest, dass meine Zweifel am „Ohne Fleiß kein Preis“-Prinzip nicht nur von dessen trainingstechnischen Vor- und Nachteilen, sondern auch von meiner eigenen Spiritualität und Beziehungsphilosophie herrührten.

      Mir ist voll und ganz bewusst, wie ungewöhnlich es ist, in einem Hundetrainingsbuch über Spiritualität zu schreiben. Obwohl ich vermute, dass sich auch andere Tiertrainer und Tierärzte mit meinen Themen auseinandersetzen, ist … oder einfach so! kein Buch über den Schnittpunkt von Glauben und Training. Vielmehr handelt es sich um eine Kritik des


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