Wyatt Earp Box 15 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Box 15 – Western - William Mark D.


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      »Aber könnte sich Mister Prestly denn nicht einmal ein neues Hemd gekauft haben?«

      »Nein, ziemlich ausgeschlossen. Das letzte hat er erst vor fünf Jahren gekauft, als ich krank wurde. Und außerdem hingen zwei fremde Hemden da und Strümpfe. Und er hat mehr Mist aus dem kleinen Stall geholt als sonst, und die Frau hat beim Butcher mehr Fleisch gekauft, und der Bäcker hat ihr gestern zwei Brote einpacken müssen und Zigarren raucht Prestly gar nicht, aber Mrs. Prestly hat Zigarren gekauft, und sich bei Jenussin nach dem Zug nach Albuquerque erkundigt.«

      »Sehr einleuchtend«, meinte Holliday. »Wahrscheinlich hat oder haben die Besucher der Prestlys diesen Zug schon genommen?«

      »Nein. Ihre Hemden hingen gestern abend noch da.«

      »Aber sie können in der Nacht weitergeritten sein.«

      »Nein, die Frau hat heute morgen Whisky geholt…«

      Holliday tat, als wolle er aufsteigen.

      »Tja, dann wollen wir mal hinüber zu Prestly reiten, um zu sehen, ob unser Freund Jackson dabei ist.«

      »Nein!« Die Frau ergriff ihn am Arm. »Warten Sie, Sie dürfen nichts von mir sagen!«

      »Warum nicht. Er kennt Sie…«

      »Wie meinen Sie das?« fragte sie scharf, mit hochgeworfenem Kopf.

      »Ich meine, er wird doch keinen Grund zum Ärger haben, wenn wir unseren Freund Jackson bei ihm begrüßen, schließlich hatten wir uns hier am Ausgang der Ansiedlung verabredet. Ich traf vorhin eine Frau, die meinte, als wir auf Sie, Mrs. Sanders, zu sprechen kamen, Sie wären eine gute Frau…«

      Die alte Sanders nickte wohlgefällig.

      »… nur hätten Sie ziemlich viel Ärger im Dorf verursacht…«

      Schlagartig veränderten sich Gesichtsausdruck und Haltung der Alten.

      »Wer hat das gesagt? Sicher die Cryanson. Na, warte, der werde ich es geben, der fetten Wachtel! Ich kratze ihr morgen beim Krämer die Augen aus. Es ist eine dicke kleine, nicht wahr, mit öligem Haar und rot angestrichenen Backen! Das tut sie, seit sie es an der Lunge hat und immer bleicher und bleicher wird…«

      Wenn sie sich noch eine Viertelstunde bei der Alten aufgehalten hätten, würde ihnen die Ortschaft mit allem, was sich hier ereignete, so vertraut gewesen sein, als hätten sie schon ein halbes Jahrzehnt hier gelebt.

      »Well, Madam, dann werde ich einmal hinübergehen und nachsehen, ob Jackson vielleicht drüben Unterschlupf gesucht hat. Denkbar wäre es immerhin, denn er konnte schließlich nicht auf der Straße auf uns warten.«

      Die Alte hob mahnend den Zeigefinger, während sie eine der Zigaretten des Spielers zerknüllte und zusammen mit dem zerfetzten Papier als Priem hinter einen Backenzahn schob.

      »Vorsicht, Mister! Prestly ist ein ziemlich merkwürdiger Vogel. Er meint ja, ich hätte es nicht bemerkt, aber er hat verdammt eigenartige Angewohnheiten…«

      »Wie meinen Sie das?«

      Sie wiegte nachdenklich den Kopf und tat, als wolle sie sich ihre Geheimnisse nicht abringen lassen.

      »Man ist ja keine Schwätzerin…«

      »Beileibe nicht!« meinte der Spieler mit entrüsteter Miene. »Wer das behauptet, verdiente Ohrfeigen!«

      »Eben. Und man kümmert sich ja auch nicht um andere Leute, sonst wüßte man ja viel, viel mehr. Was geht es mich schließlich an, was die Prestlys tun. Sie haben kein Geld, sich mitten in der Woche ein Huhn zu leisten, und doch haben sie gestern abend Huhn gegessen…«

      »Und Prestly hat so seine Eigenarten?«

      »Weiß Gott, weiß Gott. Wozu geht ein Mann abends mit dem Gewehr herum?«

      »Ach, vielleicht hat er Platzangst.«

      »Was…, nein, er rennt mit dem Gewehr herum.«

      »Glaube ich nicht, Sie werden sich getäuscht haben. Wozu sollte…«

      »Ich mich getäuscht haben? Für wen halten Sie mich, Mister. Was ich sehe, sehe ich.«

      Die beiden verabschiedeten sich.

      Holliday hatte ihr noch ein paar Zigaretten dagelassen, was sie mit einem grienenden Lächeln wortlos quittiert hatte.

      Ganz sicher hockte sie jetzt hinter einer Bretterstelle, die breit genug war, ihren Körper zu verdecken, und linste durch ein Astloch, um zu beobachten, was weiter geschah.

      »Ein furchtbares Weib«, meinte der Spieler.

      »Die Neugier und der Tratsch in Person«, stimmte der Marshal zu. »Übrigens keine schlechte Idee, das Dorfklatschmaul herauszusuchen und auszuquetschen. Sie haben ja die Rosinen regelrecht herausgelockt.«

      »Es wird sich in spätestens fünf Minuten herausstellen, ob es sich gelohnt hat oder ob es wieder eine Niete war.«

      Das nächste Anwesen, das letzte Haus des Ortes, lag näher an der Straße. Als die beiden auf den Hof zuritten und Wyatt einen Blick hinüber zum Nachbaranwesen warf, mußte er sich wundern, daß die neugierige Alte über eine solche Distanz soviel erhaschen konnte.

      »Was hartnäckige Weiberneugier doch alles zustande bringen kann«, meinte der Spieler, der den Blick Wyatts beobachtet hatte. »Die Frau kennt das Leben der Prestlys höchstwahrscheinlich besser als die Prestlys selbst.«

      Ein vierschrötiger, muffig dreinblickender Mann mit verkniffenem Gesicht kam aus dem Haus.

      »Was wollen Sie?« krächzte er.

      Wyatt Earp war draußen vorm Tor hinter der Fenz stehengeblieben.

      Holliday ritt dem Mann entgegen und stieg vom Pferd.

      »Sie werden entschuldigen, Mister, mein Name ist Henry, John Henry aus Boston.«

      Er lüftete seinen Hut mit einer steifen, städtischen Gebärde und lä­chelte dünn.

      »Ich bin vom Gouverneur beauftragt worden, den Distrikt hier zu bearbeiten. Es soll festgestellt werden, ob hier in der Stadt ein Sheriff Bureau gelegt werden muß oder…«

      »Stadt?« knurrte der Mann. »Wo ist denn hier eine Stadt! Der Gouverneur muß Sand im Hirn haben, wenn er in dieses Nest einen Sheriff setzen will. Das ist doch reine Geldverschwendung.«

      »Ach, wissen Sie, es ist ja nicht unser Geld, das Ihre und nicht das meine. Ich habe die Gelder auftragsgemäß in Santa Fé in Empfang genommen…«

      »Die Gelder?« entfuhr es dem Mann.

      »Nun ja«, tat Holliday leichthin und so, als habe er den Einwurf nicht bemerkt, »die Gelder zur Errichtung eines standesgemäßen Hauses für den Sheriff. So etwas wird sofort erledigt, wenn es einmal festgelegt worden ist. Die haben ja das Geld da oben, Sie wissen schon – wir Kleinen krautern für ein paar Dollars jahrelang herum, und wenn sie so einen Bau für einen Sternträger und ein Jail anlegen wollen, dann ist Geld reichlich da…«

      Jacob Prestly stand mit offenem Mund da. Er war dem gerissenen Georgier glatt auf den Leim gegangen. Aber es war kein Wunder, zu gewandt, zu sicher spielte der Gambler seine Rolle, und zog man sein tadelloses Aussehen hinzu, so war die Tatsache, daß ihm der Mann auf den Leim ging, gar nicht einmal so verwunderlich.

      Prestly legte den Kopf auf die Seite und fragte so offensichtlich lauernd, daß Holliday ihm am liebsten eine Ohrfeige gegeben hätte.

      »Was wollten Sie denn bei der Sanders, he?«

      »Ach, nichts.«

      »Haben Sie auch ihr das alles erzählt?«

      »Guter Mann, seh ich so aus?«

      »Und wo waren Sie sonst noch?«

      »Noch nirgends. Ich merkte gleich, daß die alte, einfache Frau von diesen Dingen nichts versteht, und fragte sie nach Nebensächlichkeiten. Sie meinte, Sie seien


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