Zero Bone Loss: Knochenerhaltende Behandlungskonzepte. Tomas Linkevičius
gesetzt werden ist belegt, da kleine Mengen von Speichel oder Blut in das Implantat gelangen und später nicht mehr durch die üblichen Reinigungsverfahren entfernt werden können. Oft wird nach der Implantation, beim Eindrehen der Abdeckschraube bei gedeckt heilenden Implantaten, beim Aufsetzen der Einheilkappe nach der Freilegung oder bei nicht gedeckt heilenden Implantaten eine Reinigung der Implantatinnenseite oder die Verwendung von Chlorhexidingel empfohlen (Abb. 2-9).
Abb. 2-9 Sofern eine Implantat-Abutment-Verbindung (d. h. der Mikrospalt) kontaminiert ist und sich auf Knochenniveau befindet, kommt es zum Knochenverlust, da Bakterien aus dem Implantatinneren in den Knochen eindringen. Zu den dafür verantwortlichen Faktoren gehören die Größe des Mikrospalts und die Stabilität der Verbindung.
Größe des Mikrospalts
Ein wichtiger Faktor ist die Größe des Mikrospalts. Laboruntersuchungen haben gezeigt, dass der Mikrospalt bei verschiedenen Implantatsystemen und prothetischen Abutments unterschiedlich groß ist. Kano et al.13 beschrieben abhängig von der Art des Abutments eine horizontale Fehlpassung der Implantat-Abutment-Verbindung von 75 bis 103 µm, während die vertikale Fehlpassung mit 0 bis 11 µm deutlich geringer war. Dibart et al.14 ermittelten an Locking-Taper-Implantatsystemen einen Mikrospalt von nur 0,5 µm, der als bakterienfreie Verbindung gilt, weil der Durchmesser von Mikroorganismen größer als 0,5 µm ist. Welche Bedeutung die Größe des Mikrospalts hat, wurde in In-vitro-Studien gezeigt, die eine mikrobiologische Kontamination des gesamten Implantatsystems durch eine Leckage an der Implantat-Abutment-Verbindung nachgewiesen haben15,16. Somit kann der Mikrospalt als Austrittspforte von Bakterien betrachtet werden.
Stabilität
Die Stabilität der Implantat-Abutment-Verbindung ist ein weiterer Faktor, der die bakterielle Kontamination beeinflusst, da die Bakterien bei Bewegungen entweichen und den Knochen schädigen können. Auch die Bewegung selbst kann verheerende Folgen für den krestalen Knochen haben. Es gibt verschiedene Verbindungsformen, wie externe, flache und Innenverbindungen, wobei eine konische Verbindung am stabilsten zu sein scheint17 und auch grundsätzlich empfohlen wird. Besonders wichtig ist die Stabilität der Verbindung bei subkrestal gesetzten Implantaten (Abb. 2-10 und 2-11).
Abb. 2-10 Die verschiedenen Formen der Implantat-Abutment-Verbindung sind unterschiedlich stabil. Man geht allgemein davon aus, dass eine konische Verbindung am stabilsten ist, wobei die Insertionstiefe ebenfalls eine Rolle spielt. (a) Außenverbindung. (b) Konische Verbindung mit 5 bis 6 Grad. (c) Konische Verbindung mit 8 bis 20 Grad. (d) Innenverbindung.
Abb. 2-11 Querschnitt der verschiedenen Implantat-Abutment-Verbindungen. (a) Implantat mit einer Innenverbindung und einer kleinen konischen Verbindung mit 45 Grad (Fa. BioHorizons). (b) Implantat mit einer konischen Verbindung mit 15 Grad (Bone-Level-Implantat, Fa. Straumann). Wichtig ist, dass das Abutment nur an der konischen Verbindung Kontakt mit dem Implantat hat und Belastungen weitergeben kann (mit frdl. Genehmigung von Dr. Uğur Ergin, Istanbul, Türkei).
Hermann et al. führten eine Studie durch, um den Zusammenhang zwischen der Implantat-Abutment-Verbindung und der Ätiologie des frühen marginalen Knochenverlusts zu untersuchen18. Bei diesem Tiermodell wurden bei fünf Hunden 60 Implantate gesetzt. Die zweiteiligen Implantate wiesen Mikrospalte mit Größen von etwa 10 µm, 50 µm und 100 µm auf. Eine Implantatgruppe wurde mittels Laser verschweißt, um Bewegungen zwischen dem Implantatkörper und dem Abutment zu verhindern. In einer anderen Implantatgruppe waren die Mikrospalte genauso groß, aber die Abutments waren nur mit prothetischen Schrauben befestigt. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass der krestale Knochenverlust an allen nicht verschweißten Implantaten signifikant stärker war als an Implantaten mit laserverschweißten Abutments. Daraus wurde gefolgert, dass die Mikrobewegungen zwischen dem Implantat und dem prothetischen Abutment den Knochenverlust mehr beeinflussen als die Größe des Mikrospalts.
In einem anschließenden Experiment bestätigten King et al.19 die Schlussfolgerungen der vorherigen Studie, wonach die Stabilität der Implantat-Abutment-Verbindung ein wichtiger Faktor bei der Prävention des marginalen Knochenverlusts ist. Eine instabile Implantat-Abutment-Verbindung führt vermutlich auf zwei Wegen zum Knochenverlust. Erstens entsteht durch das Einwirken von okklusalen Kräften auf eine instabile Implantat-Abutment-Verbindung ein Pumpeneffekt, aufgrund dessen ständig Bakterien aus dem Implantatinneren durch den Mikrospalt in die periimplantären Gewebe gelangen20. Dies trägt zur Bildung eines entzündlichen Zellinfiltrats bei, das die Grundlage für den Knochenverlust bildet. Eine zweite Theorie geht davon aus, dass die Mikrobewegungen des Abutments zur Resorption des benachbarten krestalen Knochens führen.
Somit erzeugen die Bakterien im Implantat zusammen mit den Mikrobewegungen eine mikrobielle Leckage an der Implantat-Abutment-Verbindung. In zahlreichen histologischen und Tierstudien ist beschrieben, dass diese Leckage für das entzündliche Zellinfiltrat in die Weichgewebe verantwortlich ist, die an den Mikrospalt angrenzen11,21,22. Ericsson et al.21 schlugen dafür den Begriff des vom Abutment infiltrierten Bindegewebes vor, wobei es sich um eine Wirtsreaktion auf die bakterielle Kontamination durch Komponenten aus dem Inneren des Abutments handeln soll.
Vermutlich ist das Infiltrat ein Wirtsmechanismus zum Schutz des periimplantären Knochens. In einer Serie von Tierstudien bestätigten Hermann et al.23,24, dass das Platzieren der Implantat-Abutment-Verbindung auf Knochenniveau oder weiter apikal zu einem signifikanten marginalen Knochenverlust führt (Abb. 2-12). Die Pathogenese des Knochenverlusts durch den Mikrospalt wurde von Broggini et al. beschrieben25. Das Muster der periimplantären Akkumulation von Neutrophilen legt nahe, dass ein chemotaktischer Reiz in oder nahe dem Mikrospalt von zweiteiligen Implantaten die Rekrutierung entzündlicher Zellen initiiert und aufrechterhält. Diese Zellen fördern die Bildung von Osteoklasten, was zum alveolären Knochenverlust führen kann. Diese Hypothese wurde später durch ein Experiment bestätigt, in dem weiter apikal gesetzte Implantate mehr Neutrophile und eine stärkere Entzündung akkumulierten, sodass es zu einem stärkeren Knochenverlust kommen konnte26. Allgemein wurde daraus gefolgert, dass ein Knochenverlust um bis zu 2 mm entstehen kann, um einen ausreichenden Abstand zur Infektionsquelle herzustellen.
Abb. 2-12 Nicht korrekt platziertes Implantat ohne Platform-Switching. (a) Der Mikrospalt liegt auf Knochenniveau. (b) In dieser Situation entsteht durch Mikrobewegungen und bakterielle Kontamination ein entzündliches Infiltrat, das zum Knochenverlust führt.