Chefarzt Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman. Helen Perkins

Chefarzt Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman - Helen Perkins


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auf die beiden Männer von der Berufsfeuerwehr, die im Laufschritt die Treppe hinaufgestürmt kamen. »Was macht ihr denn hier? Habt ihr auch einen Einsatz?«

      »Klar, Jens, denselben wie ihr«, erwiderte Markus Never, den die beiden Männer vom Rettungswagen gut kannten. »Hat die Leitstelle nichts gesagt? Euer Patient liegt im Bad und kann seine Wohnungstür nicht aufmachen.« Er deutete auf das Werkzeug in seinen Händen. »Wir sollen die Türöffnung übernehmen.« Und schon sprinteten sie weiter, gleich zwei Stufen auf einmal nehmend.

      »O Mann«, stöhnte Fred Steinbach. »Wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre, hätte ich die beiden sicher nicht an mir vorüberziehen lassen.«

      Jens schmunzelte nur.

      Als sie oben ankamen, hatten ihre Kollegen von der Feuerwehr gerade die Wohnungstür geöffnet. Ihnen schallte schon ein lautes Rufen entgegen: »Hier! Ich bin hier im Bad!«

      Dr. Steinbach und sein Rettungsassistent eilten zu dem hochbetagten Mann. Ihre Untersuchung zeigte, dass der Sturz nicht folgenlos geblieben war.

      »Tut mir leid, Herr Waber, so wie’s ausschaut, ist der Oberschenkel gebrochen«, erklärte der Arzt dem verletzten Herrn, der mit schmerzverzerrtem Gesicht vor ihm auf den Fliesen lag.

      »Das hab ich mir schon g’dacht«, jammerte Alois Waber. »Die Schmerzen sind wirklich arg. Ich konnt’ ja gar net mehr aufsteh’n. Zum Glück konnt ich den Notruf wähl’n. Mein Telefon hab ich ja immer bei mir.«

      »Ja, das war wirklich ein Glück, Herr Waber. Und nun bringen wir Sie erst mal in die Klinik, damit Ihnen geholfen werden kann.«

      »Wie denn? Ich kann ja net geh’n! Und die vielen Treppen schaff ich schon gar net!«

      »Dann müssen wir Sie eben tragen«, sagte Jens schmunzelnd. »Keine Sorge, irgendwie bekommen wir Sie schon in den Krankenwagen.«

      »Das glaub’ ich net. Das können S’ niemals schaff’n! Wollen S’ mich denn die ganzen Treppen runtertrag’n? Ich bin net grad ein Fliegengewicht!« Das war Alois Waber tatsächlich nicht. Der weißhaarige Mann wog sicher mehr als zwei Zentner. Doch bisher hatten die Retter noch jeden ins Krankenhaus gebracht, bei dem das nötig gewesen war.

      »Na, dann ist es ja gut, dass wir noch geblieben sind.« Oberbrandmeister Markus Never hatte die Eingangstür so weit repariert, dass sie wieder verschlossen werden konnte. Er stand im Flur und sah ins Badezimmer hinein. »Mein Kollege und ich helfen beim Tragen, Herr Waber. Dann dürfte es kein Problem werden, Sie heil hinunter zu bekommen.«

      »Sehr gut!«, Dr. Steinbach wirkte sichtlich erleichtert. Zu zweit, nur mit seinem Rettungsassistenten, hätte er das niemals schaffen können. Sie hätten spätestens jetzt die Feuerwehr um Beistand bitten müssen. Gut, dass sie schon hier war und sie dadurch wertvolle Zeit gespart hatte.

      »Herr Waber, ich spritze Ihnen ein Schmerzmittel, damit der Transport für Sie nicht allzu schlimm wird. Dann legen wir Sie auf eine Vakuummatratze, die den gebrochenen Knochen gut stabilisiert und mit der wir Sie transportieren können. Einverstanden?«

      Alois Waber nickte nur. So recht konnte er es ja noch nicht glauben, dass das zu schaffen war. Umso erstaunter war er, als er sich nur wenig später auf einer Trage im Rettungswagen wiederfand.

      Dr. Christina Rohde war mit ihrer Geduld fast am Ende. Der Gedanke, dass heute Donnerstag war und ihre Vertretungszeit sich dem Ende näherte, half ihr, nicht die Nerven zu verlieren, wenn Erik Berger ihr ständig über den Weg lief.

      Schwester Anna hatte mit ihrer Prophezeiung recht behalten: Der Leiter der Notaufnahme war jeden Tag vor Ort, ungeachtet seines Urlaubs. Zähneknirschend erduldete Christina dies. Immerhin hielt er sich seit dem letzten Zusammenstoß mit Einmischungen und offener Kritik zurück. Doch sie wusste, dass er ihre Arbeit kontrollierte und in den Patientenaufzeichnungen nach Fehlern suchte. Auch jetzt thronte er wie selbstverständlich an­ seinem Schreibtisch, während Christina sich mit dem kleinen Tisch in der Ecke abfinden musste.

      Beide wechselten kein Wort miteinander, sondern starrten schweigend auf die Monitore ihrer Computer. Die erdrückende Atmosphäre war für Christina nur schwer zu ­ertragen. Sie war ein fröhlicher Mensch, der gern mit anderen plauderte und scherzte. Das war in Bergers Anwesenheit unmöglich. Bei ihm hatte sie immer das Gefühl, als würden schwarze Gewitterwolken aufziehen und sich jeden Moment über ihr entladen. Sie atmete auf, als Schwester Inga hereinschaute. Endlich ein freundliches Gesicht!

      »Der Rettungswagen bringt einen älteren Herrn mit Verdacht auf Oberschenkelhalsfraktur.«

      Christina folgte der Schwester. Auf dem Flur kamen ihnen schon Dr. Steinbach und Jens Wiener mit der Trage entgegen. Der Rettungsarzt informierte seine Kollegin über alle Einzelheiten und bot dann an: »Falls er zum Röntgen soll, kommen wir noch mit und helfen beim Umlagern.«

      »Oh, das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Herr Steinbach. Vielen Dank für das Angebot. Wir nehmen es sehr gern an.«

      Der Rettungsarzt winkte gelassen ab. »Kein Problem. Wir müssen ja ohnehin auf unsere Vakuummatratze warten.« Fred mochte die hübsche, nette Ärztin, der er schon einige Male in der Notaufnahme begegnet war. Nur eine kleine, harmlose Schwäche, denn Fred war seit mehr als dreißig Jahren glücklich verheiratet. Aber Frau Rohde war ein aparter Anblick und eine willkommene Abwechslung zu Erik Berger, der auf nette Umgangsformen und gutes Benehmen leider überhaupt keinen Wert legte.

      Christina begrüßte den Patienten und erklärte ihm dann, was ihn erwarten würde: »Herr Waber, wir bringen Sie zuerst zum Röntgen, damit wir wissen, was mit Ihnen los ist. Sollte Ihr Oberschenkel wirklich gebrochen sein, werden wir Sie operieren müssen.«

      Gemeinsam schoben sie den Patienten in die Radiologie, als hinter ihnen jemand laut zu rufen begann: »Warten Sie! Ich komme mit!«

      Christina drehte sich ungläubig um. Und tatsächlich – Dr. Erik Berger folgte ihnen im Laufschritt! Am liebsten hätte sie ihn an seinen Schreibtisch zurückgeschickt – oder besser noch nach Hause –, aber sie sah ein, dass sie jede hilfreiche, starke Hand gebrauchen konnten. Bergers sportliche Figur versprach, dass es für alle in der Runde einfacher wäre, wenn er mitmachen würde. Doch kaum waren sie in der Radiologie angekommen, wünschte sie sich sehnlichst, er würde wieder verschwinden.

      »Röntgen?«, schimpfte Berger. »Soll das ein Witz sein?«

      »Wie bitte?«, fragte Christina verstimmt nach.

      »Warum lassen Sie kein CT machen?«

      »Weil das nicht nötig ist, Herr Berger.«

      »Ach ja? Wie können Sie da so sicher sein? Vielleicht ist ja bei dem Sturz mehr kaputtgegangen, als Sie vermuten oder in einer Röntgenaufnahme zu erkennen ist!«

      »Was soll das, Herr Berger? Ich bin die behandelnde Ärztin und entscheide, was zu tun ist! Hören Sie auf, sich ständig einzumischen.«

      »Ich soll also untätig zusehen, wenn Sie hier wieder mal Blödsinn verzapfen?«

      Christina reichte es. Wütend funkelte sie Berger an. »Blödsinn? Es ist also Blödsinn, wenn ich meinem Patienten die höhere Strahlenbelastung einer unnötigen Computertomografie ersparen will?«

      »Über die Strahlenbelastung machen Sie sich mal lieber Gedanken, wenn sich herausstellt, dass die Röntgenaufnahme nicht ausgereicht hat und Ihr Patient anschließend doch noch in die Röhre muss. Dann hat er neben den Strahlen vom CT auch noch die von der überflüssigen Röntgenaufnahme abbekommen.«

      Wahrscheinlich wäre die Auseinandersetzung der beiden Ärzte, die sich wie Kampfhähne gegenüberstanden, noch eine Weile weitergegangen, hätte Dr. Steinbach nicht einen Schlussstrich gezogen. Er räusperte sich laut und lenkte damit die Aufmerksamkeit aller auf sich. Missbilligend schüttelte er den Kopf und warf dann einen bezeichnenden Blick auf den Patienten, der die Debatte erschrocken verfolgt hatte. Erst da wurde sich Christina bewusst, wie ihr unprofessionelles Verhalten auf Alois Waber wirken musste. Wie hatte sie sich nur auf diesen sinnlosen Streit einlassen können? Die Sache war ihr furchtbar peinlich. Selbst Berger blickte betreten drein.

      »Es


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