Helden für einen Sommer. Jürgen Thiem

Helden für einen Sommer - Jürgen Thiem


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      Jürgen Thiem, Jahrgang 1959, ist von Kindesbeinen an Schalke-Fan. Fast alle wichtigen Spiele in den vergangenen 40 Jahren hat er im Stadion miterlebt. Nach einem Publizistikstudium begann er seine sportjournalistische Laufbahn bei Zeitung und Hörfunk. Anfang der Neunziger wechselte er zum DSF. Seit 1998 arbeitet er für den SWR. Der zweimalige Fernsehpreisträger des Verbandes Deutscher Sportjournalisten lebt in der Nähe von Mainz.

      Jürgen Thiem

       Helden

       für einen Sommer

      Die Geschichte

      der besten Schalker Mannschaft

      aller Zeiten

      VERLAG DIE WERKSTATT

      Fotos: firo sportphoto: 251 (1); Fotoagentur Horst Müller: 19, 22, 34, 49, 71, 96, 140, 152/53, 175, 182/83, 185, 203, 235, 250 (3), 251 (3), 252 (3), 253 (3); Imago Sportfoto: 57, 147, 217; picture alliance / dpa: 85, 122, 199; privat: 253 (1); Privatarchiv Lütkebohmert: 27, 28, 113, 157, 239, 248, 252 (1); Jürgen Thiem: 250 (3), 251 (2), 252 (2), 253 (1)

      Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

      Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

      Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

      Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

      Copyright © 2012 Verlag Die Werkstatt GmbH

      Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen

       www.werkstatt-verlag.de

      Alle Rechte vorbehalten

      Satz und Gestaltung: Verlag Die Werkstatt

      Druck und Bindung: Westermann Druck Zwickau

      ISBN 978-3-89533-884-7

       Inhalt

       Vorwort

       Die Diagnose

       Oskar, der Baumeister

       Aufbau West

       Ein Dorf im Münsterland

       Ungewohnte Höhenluft

       Wiedersehen mit Europa

       Jugend forsch

       Drohendes Ungemach

       17. April 1971

       Der gute Mann aus Sisak

       Die beste Hinrunde aller Zeiten

       Ein besonders heiliger Abend

       Schattenspiele

       Das Jahrhundertspiel

       Happy End in Hannover

       Die Schatzinsel

       Schwarzer Sonntag

       Wundersame Rettung

       Die Rückkehr der Sünder

       Merkel, Meineid und noch mehr Malessen

       Buß- und Bettage

       Noch einmal dicht dran

       Der langsame Abstieg

       Die Strafe Gottes

       Die Helden

       Dank

       Vorwort

      10. Oktober 1970. Ein warmer, sonniger Herbsttag in Ostwestfalen. Volksfeststimmung auf der Bielefelder Alm. Wie immer, wenn Schalke kommt. Es ist Stan Libudas 27. Geburtstag. Und ich werde ihm, meinem Idol, dessen Kicker-Starschnitt die Raufaserwand über meinem Bett ziert, erstmals nahe sein. Näher, als ich jemals zu hoffen gewagt habe.

      Seit Wochen fiebere ich diesem Tag entgegen. Mein Vater hat die Karten besorgt. Bei Arminia sitzen wir in der ersten Reihe, direkt hinter der Trainerbank. Es ist mein erstes Bundesligaspiel im Stadion. Ich weiß kaum, wohin mit meiner Nervosität. Bisher habe ich mit meiner Mannschaft immer nur am Radio mitgefiebert. Wenn ich Glück hatte, haben Ernst Huberty und Kollegen mir anschließend in der Sportschau noch mal die wichtigsten Szenen vor Augen geführt. Königsblau in Schwarz und Weiß.

      Gewonnen habe ich diesmal schon vorm Anpfiff: den Schalke-Wimpel, den mein Vater mir am Fanartikelstand vorm Stadion gekauft hat. Den kann mir keiner mehr nehmen. Oder doch? Als wir endlich unsere Plätze auf den Holzbänken gefunden haben, ist mein Platz bereits besetzt. Ein Knappen-Fan hat sich darauf breitgemacht. Eine Karte hat er nicht. Dafür wirkt er ziemlich betrunken. Und verjagen lässt er sich auch nicht mehr.

      Mein Vater wird immer lauter. Die Menschen um uns herum beginnen dem öffentlichen Disput mit Interesse zu folgen, als sich plötzlich Arminias Vorstandsmann Pieper zu uns umdreht und vorschlägt, ich könne mich doch mit auf die Arminen-Bank setzen. Auf der Ecke sei doch noch Platz für mich. Ich sei ja schließlich nur eine halbe Portion.

      Zögernd, mit pochendem Herzen, ducke ich mich hindurch unter dem angerosteten Handlauf – das Einzige, was mich noch von der großen weiten Fußballwelt trennt, von Bandenwerbung noch keine Spur. Schüchtern hocke ich mich auf die linke Ecke der hölzernen Trainerbank. Herr Pieper neben mir, daneben Arminias verletzter Torjäger Ernst „Johnny“ Kuster, wiederum daneben Trainer Egon Piechaczek. Nervosität allerorten. Ich passe – trotz allem – gut ins Bild.

      Geredet wird nicht viel während der nächsten 90 Minuten. Jedenfalls nicht mit mir. Was mir ganz recht ist. Schließlich versuche ich meinen Schalke-Wimpel, zwischen beide Hände und die Knie geklemmt, so gut es geht zu verstecken. In dieser verkrampften Haltung verberge ich auch meine Begeisterung vor


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