1492 - das geheime Manuskript. Peter Gissy

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behutsam hochhoben, und ich erinnere mich daran, meinen Tränen freien Lauf gelassen zu haben. Estat so weh, so sehr weh.

      »So, mein Junge«, sagte eine Stimme nah an meinem Ohr.

      »Ganz ruhig. Wir bringen dich nach Hause. Es ist jetzt überstanden.«

      Ich hörte meinen Freund López sagen: »Pedro! Erzähl uns, wer es war!«

      »Das nützt nichts«, murmelte jemand, »die Banditen sind bestimmt schon über alle Berge. Lass ihn sich ausruhen. Siehst du nicht, wie schwer er verletzt ist?«

      Es dauerte einige Wochen, bis ich einigermaßen wiederhergestellt war. Während der ganzen Zeit wurde ich von Albträumen heimgesucht. Ich wachte oft schweißgebadet und angsterfüllt auf.

      Die Mönche beteten für mich und stellten Kerzen für den heiligen Franziskus auf. Bruder Juan Perez saß oft an meiner Seite, streichelte meine nasse Stirn oder hielt beruhigend meine Hand.

      »Mein armer Junge«, murmelte er. »Mein armer Junge.«

      Das Dröhnen in meinem Kopf ließ nicht nach.

      Der sinnlose Überfall überraschte niemanden. Die Wege wurden von umherziehenden Räuberbanden und Kriegsinvaliden heimgesucht, die ihr Unwesen trieben, wohin sie auch kamen.

      Erst nach mehreren Tagen vermisste ich das Buch, das ich von Don Emilio bekommen hatte. Es war ein Buch voller Karten, in das ich Anmerkungen an den Rand geschrieben hatte. Das kleine Buch konnte eigentlich niemanden interessieren. Warum hatten die Räuber es mitgenommen? Es war ein Rätsel.

      »Sie haben es irgendwo weggeworfen, wo wir es nicht finden können«, sagte López.

      Ich nickte bedrückt und machte mir Sorgen, was Don Emilio wohl sagen würde. Aber der gelehrte Jude machte nur eine beschwichtigende Handbewegung, als ich von dem Buch erzählte. »Kümmere dich nicht darum, Pedro. Das Wichtigste ist, dass du gesund wirst.«

      Ein paar Mal besuchte er mich im Kloster. Dann saßen er und der Prior an meinem Krankenbett und sprachen mit gedämpften Stimmen miteinander. Einmal hörte ich, dass sie Kolumbus erwähnten. Es waren keine guten Neuigkeiten: Kolumbus befand sich immer noch am spanischen Hof und wartete auf eine Entscheidung von Königin Isabella und König Ferdinand.

      Ich feuchtete meine Lippen an. »Wie steht es?«, fragte ich den Mönch.

      Der schüttelte den Kopf.

      »Du meinst, ob Kolumbus reisen darf? Es sieht nicht gut aus, mein Junge. Kolumbus’ Bruder Bartholomäus soll auf dem Weg nach England sein, um den englischen König für eine Reise westwärts nach Indien zu gewinnen. Weißt du, dass Kolumbus früher auch schon bei König Johann von Portugal vorgesprochen hat?«

      Das wusste ich nicht. »Ist Kolumbus in Portugal gewesen?«.

      »Er hat während seiner Ausbildung zum Kartografen dort gewohnt. Dort hatte er zum ersten Mal die Idee gehabt, westwärts über das Weltmeer zu segeln. Er wäre vielleicht nie nach Spanien gekommen, wenn Diegos Mama nicht gestorben wäre. Aber jetzt ruh dich aus, mein Junge, du wirst sehen, dass bald bessere Neuigkeiten kommen.« Juan Pérez klopfte mir auf die Schulter.

      Don Emilio sah ernst aus. Er sagte: »Erst wenn die Soldaten den Krieg gegen die Mauren gewonnen haben, werden Isabella und Ferdinand Zeit für Kolumbus finden.«

      »Ich werde darum beten, dass der Krieg zu Ende geht, Bruder.«

      »Und dafür, dass die Mauren nicht die spanische Armee besiegen, Pedro.«

      Im Jahr 1490 kam der Frühling früher als jemals zuvor und er war trockener als gewöhnlich.

      Die Brunnen versiegten fast, da wir gezwungen waren, die Weinreben und Orangenbäume so stark zu gießen. Obwohl ich immer noch unter den schmerzhaften Nachwirkungen des Überfalls litt, arbeitete ich mit.

      Jeden Morgen suchten wir den Horizont nach Regenwolken ab, doch die Sonne schien stets an einem klarblauen Himmel. Wir hatten viel zu tun im Kloster und ich dachte nicht mehr an Christoph Kolumbus.

      Dann passierte eines Nachmittags etwas, das mit einem Schlag alles veränderte.

      Bruder Dios kam gerade mit einem Sack auf dem Rücken aus dem Stall. Er stellte den Sack ab und winkte mich zu sich. Ich zog die Kapuze über den Kopf und eilte hinüber. Die Mönchskutte war nicht nur warm, sondern bot auch einen Schutz vor der unbarmherzigen Sonne. Dios spähte mit halb geschlossenen Augen in Richtung des Horizonts. Ich folgte seinem Blick. In der Ferne glaubte ich, Staubwolken aufwirbeln zu sehen.

      »Sieht so aus, als bekämen wir Besuch, Pedro!«

      Diego kam trotz der Hitze zu mir gelaufen, und da ahnte ich instinktiv: Kolumbus!

      »Ist das Papa?«, fragte Diego und fasste meine Hand. Ich antwortete nicht sofort, sondern beobachtete den schwarzen Fleck in der Ferne, der langsam größer wurde. Dann erkannte ich die Gestalt auf dem Pferderücken.

      »Ja, mein Freund, das ist dein Papa.«

      »Hallo!«, hörten wir ihn rufen.

      Hinter mir kam Bruder Orio hinkend näher.

      »Aha, der Träumer kommt doch wieder«, sagte er.

      Etwas später stand Kolumbus mitten unter uns. Der große Abenteurer war nicht wiederzuerkennen. Sein Gesicht, das früher solche Entschlossenheit ausgestrahlt hatte, war voller Falten und wirkte erschöpft. Seine Kleider und Stiefel waren staubig und voller Sand, sodass sie raschelten, wenn er sich bewegte. Wir sahen alle, dass er sehr müde war. Diego und ich liefen auf ihn zu und nahmen ihm den Kleidersack ab, der ihm fast aus der Hand glitt. Er strahlte, als er seinen Sohn wiedererkannte, und umarmte Diego gerührt. »Papa«, sagte Diego und sah verlegen aus.

      Es gab mir einen Stich ins Herz. Ich dachte an meinen eigenen Vater und dass ich eines Tages seine Arme um mich spüren würde und dass es dann genauso wäre.

      Kolumbus drehte sich zu mir um. »Es wird keine Reise geben, Pedro. Der König und die Königin haben Nein gesagt.« Seine Stimme war heiser und gebrochen.

      Ich fühlte, wie etwas in meiner Brust zerbrach.

      Ist der Traum vorbei?, fragte ich mich.

      Einen Monat lang hing die Enttäuschung wie ein schweres Joch über uns.

      Einen Monat lang.

      Dann verwandelte sich alles in Freude, als wir völlig unerwartet eine Nachricht vom spanischen König und der Königin bekamen. Sie hatten ihre Meinung geändert. Kolumbus wollte alle umarmen.

      Und sagte zu mir den Satz, nach dem ich mich mehr als nach allem anderen gesehnt hatte: »Die Reise ist also bewilligt. Du kommst doch mit, Pedro?«

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