ZOMBIE INC.. Chris Dougherty

ZOMBIE INC. - Chris Dougherty


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doch das konnte ein Hinweis auf alles sein. Die Einzigen, die außerhalb der Firmenmauern nicht ängstlich wurden, waren Wrangler, Cleaner und, selbstverständlich, Zombies.

       Was einem einen Eindruck vom Geisteszustand der Wrangler und Cleaner vermittelte.

       «Sobald du alles auf dem Klemmbrett hast», fuhr Carl fort, «überträgst du es aufs Tablet.»

       «Warum tippt man es nicht von vorneherein ins Tablet?»

       Carl seufzte, aber es war eine vernünftige Frage für eine junge Person. Die meisten von ihnen hatten wahrscheinlich niemals Kugelschreiber, Bleistifte oder Papier benutzt. «Es ist Teil des Services, Teil der … wie zum Henker heißt das, die, ähm, der …? Der Zauber! Genau wie die Kakis und die Oxfords. Wir sind aufs Altmodische aus. Wir sind auf Beruhigung aus.»

       «Ich wäre von einem Klemmbrett nicht beruhigt», sagte Dill.

       «Nein, ich nehme an, das wärst du nicht», erwiderte Carl, «aber du bist nicht um die fünfzig. Du besitzt kein Haus oder …» Er runzelte die Stirn. «Besitzt du ein Haus?»

       Sie sah ihn an, als sei er verrückt; ihr erster echter Gesichtsausdruck, wenn man die Angst von zuvor außer Acht ließ.

       «Nein, siehst du?», fuhr Carl fort. «Das meine ich. Unser Gebiet umfasst beinahe ausschließlich Häuser, Hauseigentümer, Geldsäcke, die sich die großen Systeme leisten können. Verstehst du, was ich meine? Die wollen ein gottverdammtes Klemmbrett sehen, und ein bisschen hopphopp. Es lässt sie sich gut fühlen. Sicherer.»

       Dill nickte und richtete ihren Blick wieder auf das Klemmbrett. Sie war lernbereit. Gut, denn sie hatte einen langen Weg …

       Das Brüllen eines Benzinmotors ließ sie zusammenzucken. Carl konnte den Wranglertruck von hier aus nicht sehen, aber er erkannte ihn nichtsdestotrotz am Geräusch. Die Wrangler hatten tatsächlich um das Recht auf die alten Benzinfahrzeuge gekämpft und gewonnen. So durchgeknallt waren sie. Es schien, als ob sie Zombies anlocken wollten. Verrückt.

       «Okay, sie sind da», sagte Carl. «Fahr langsam rüber.»

       Dill drückte oben auf das Lenkrad. Das Auto summte und rollte vorwärts, langsam an Schwung gewinnend. Sie bog um die Ecke und der Lastwagen der Wrangler kam in Sicht. Ihre Augen weiteten sich.

       «Was zum …?»

       Carl lachte. Er hatte ihr Gesicht beobachtet, gespannt, was passieren würde, sobald sie die Wrangler sah. «Mal was anderes, hm?»

       Sie schaute ihn an und richtete dann ihren fassungslosen Blick auf das Fahrzeug zurück, das wenige Meter die Straße hinunter quer parkte. Es war ein großer Pick-up, mattschwarz, mit dem Zombie Inc. Logo in Rot auf jedem Türblech. Die Reifen waren gut einen Meter zwanzig hoch, mit schwerem Profil und Spikes, und die Fahrerkabine thronte weit darüber. Ein Kuhfänger, ebenfalls mattschwarz, bedeckte die Front und ein Gestell aus Bullenhörnern mit Zombieköpfen auf den beiden Spitzen saß darüber wie etwas aus einem Wildwest-Albtraum. Auf einem roten Aufsatz über der Ladefläche stand das Wort ›Wrangler‹ in einer schwungvollen Schrift, die so gestaltet war, dass sie an ein Seil erinnerte.

       Der Motor heulte auf, ließ den Truck erzittern, und dann erstarb das Geräusch. In der plötzlichen Stille holte Dill Luft, um zu sprechen, doch dann öffneten sich die Türen des Fahrzeugs. Zwei Wrangler stürzten heraus.

       Die Männer waren wie Biker früherer Zeiten gekleidet, mit schweren Bluejeans, Lederchaps und Lederwesten über nackter Haut. Ihre Unterarme waren mit schwarzem Leder umwickelt und sie trugen beschlagene Halsbänder; die Sonne blitzte und funkelte von den Metallspitzen. Motorradstiefel mit Stahlkappen und Ketten und mattschwarze, mit roten Totenköpfen geschmückte Durags komplettierten den Look.

       Die Männer rannten brüllend auf Carl und Dill zu.

       «Sie … die, äh …», stotterte Dill. Die Wrangler sahen wie Banditen aus, wie Piraten, Randalierer, Raufbolde. «Kommen sie her, um uns zu töten?»

       Carl zuckte mit den Schultern. «Tja, das weiß man einfach nie», sagte er, und dann ließ er seine Tür aufschnappen und deutete auf die Beine im Kanalgitter, um die wilde Aufmerksamkeit der Wrangler umzuleiten.

       Sobald sie die Beine sahen, steigerten sich ihre Rufe sowohl in Lautstärke als auch in Häufigkeit. Ein oder zwei «yee-haws» platzten aus ihnen heraus wie unkontrollierbare Rülpser.

       «Bin gleich wieder da», sagte Carl und wollte die Tür schließen.

       «Warten Sie!», rief Dill mit panikgeschärfter Stimme. «Was ist mit mir?»

       «Dir passiert schon nichts. Du hast deine Armbrust, richtig? Behalte sie griffbereit.»

       «Ja, aber was ist mit, Sie wissen schon, Berufserfahrung?»

       «Siehst du die beiden?», fragte Carl und warf einen Daumen über seine Schulter zurück. Die Wrangler hatten den verirrten Zombie bei den Knöcheln gepackt und zogen lachend an ihm, schleiften ihn aus dem Kanal. «Scheiße, Dill, du wirst reichlich Berufserfahrung bekommen, okay? Beobachte erst mal nur, ja?»

       Dill nickte und setzte sich zurück. Sie überprüfte den Rück- und die großen Seitenspiegel.Sei dir immer deiner Umgebung bewusst. Wachsamkeit war die erste Regel, wenn man außerhalb der Einfriedungsmauer war. Das war nirgendwo ausdrücklich in den Trainingsmaterialien niedergeschrieben, aber die Geschichten von durch bloße Unaufmerksamkeit verlorener Leben waren so beängstigend, wie sie zahlreich waren. Selbst wenn mindestens die Hälfte davon eher büroüberlieferte abschreckende Beispiele statt Tatsachenberichte waren.

       Die Wrangler nickten Carl zu und setzten ihr Gezerre fort. Als der Zombie plötzlich freikam, stolperte einer der Wrangler nach hinten und landete hart auf seinem Hintern. Der noch stehende Wrangler trompetete ein Lachen heraus, während der hingefallene Wrangler fluchte.

       «Ha! Du Filznase! Pass auf, wo du deine eig'nen blöden Latschen am sein hass, Depp!»

       «Fick dich, Floyd! Meine Latschen waan nich' dat Problem. Dat da waas!»

       «Floyd, der alte Kerl is nich' in die Nähe von die aufgeblas'nen Boots wat du Füße nenns' gekomm'n. Jetz' tuste ma' aufsteh'n und dann lass ma' um den Kerl am kümmern fang'n.» Der stehende Wrangler drehte sich um, um einen zähflüssigen Schwall Tabak auf die Straße zu spucken. Dann grinste er breit. «Du Filznase.»

       Der hingefallene Wrangler fluchte wieder, ehe er den Fuß des Zombies mit einer präzisen, effizienten Bewegung verdrehte, die den Knöchel durchbrach. Der stehende Wrangler hockte sich hin und bearbeitete das andere Bein des Zombies in ähnlicher Manier, brach ihm den anderen Knöchel und ließ das Wadenbein mit einem Knirschen zersplittern. Dann traten die Männer zurück.

       Der Zombie drückte sich hoch, grunzte und kam auf die Knie. Sein Kopf baumelte beinahe bis zum Boden. Die Wrangler kreuzten ihre Arme vor ihren kräftigen Brustkörben und legten beobachtend die Köpfe schief. Sie waren still, wachsam. Jegliche Vortäuschung von Idiotie und Wildheit schien komplett verschwunden.

       «Ich schätz ma', dat den Halsband nur halb gezündet hat.»

       «Jau, ich auch. Vielleicht sind die Ladung'n leer?»

       «Sollnse nich', nich' bei den neuen Models. Siehste dat blaue Schildken da? Dat Halsband is grad ma'n Monat alt.»

       «Heilige Scheiße, da hasse Rech', Floyd. Müssenwer uns wohl dat Mistdingen von den Kerl krallen. Dat Halsband nach ZI bringen, damit se rausfinden könn', warum den Explosionen den nich' explodiert ham.»

       «Na, dat wollnwer tun, also lass ma' am Tun fang'n. Lass den Hohlkopp eintrei'm.»

       Die Wrangler wandten sich an Carl. «Kannse nen Auge auf dat da werf'n, solangwer dat Ausrüstung am hol'n sind, ja, Abby? Bravet Mädchen.»

       Als Carl ihnen den Mittelfinger zeigte, brachen sie in Gelächter aus. Während sie zu ihrem Truck zurücktrabten, schlugen sie einander auf die Schultern.

       Wrangler waren rätselhaft. Sie alle nannten einander „Floyd“ und jeden anderen nannten sie – aus unbekannten Gründen – «Abby». Sie waren ein sich nahestehender, verschlossener Haufen, und Carl bemitleidete den für sie zuständigen Betreuer der Personalverwaltung. Jahrelang


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